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"Wir sind Dollar-Optimisten"

(Bild: Pixabay/Brett Hondow)
(Bild: Pixabay/Brett Hondow)

In den vergangenen Monaten ist der US-Dollar gegenüber den europäischen Währungen in die Gänge gekommen. Ist dies ein vorübergehender Anstieg oder können wir noch mehr erwarten? Christophe Bernard, Chefstratege bei Vontobel, erklärt warum Vontobel an einen langfristigen Aufwärtstrend des "Greenback" glaubt.

06.11.2014, 11:25 Uhr

Redaktion: dab

Wir sind seit einiger Zeit "Dollar-Optimisten". Als solche beobachteten wir zunehmend frustriert, wie schwach die US-Währung bis Mai dieses Jahres gegenüber europäischen Währungen wie dem Euro, dem Schweizer Franken oder dem britischen Pfund notierte. Die zuvor erfolgte Aufwertung des Greenback gegenüber dem japanischen Yen sowie Rohstoff- und Schwellenländerwährungen war da nur ein schwacher Trost. Nun schwingt das Pendel anscheinend zurück. Ist dies der Beginn eines Trends, der den "allmächtigen Dollar zum Objekt der universellen Anbetung macht", um Washington Irving, einen Schriftsteller und Diplomaten des 19. Jahrhunderts, leicht abgewandelt zu zitieren?

Geldpolitische Veränderungen bieten Unterstützung
Rückblickend betrachtet war die übertrieben restriktive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die sich in der deutlichen Kürzung ihrer Bilanz widerspiegelte, der Hauptgrund für die starke Performance des Euro bis Mitte 2014. Auch die erheblichen Kapitalflüsse amerikanischer Anleger in Anleihen der sogenannten Peripherieländer sowie Aktien der Eurozone trugen zur Stärke der europäischen Einheitswährung bei. Zu jener Zeit kam die restriktive Haltung der EZB angesichts der Bereitstellung massiver Liquidität durch die US-Notenbank (Fed) noch stärker zum Tragen.

Nun hat sich das Blatt gewendet: Die EZB signalisierte am 9. September 2014, dass sie bereit sei, ihre Bilanz deutlich auszuweiten, um die Deflationsrisiken einzudämmen und das schwache Wachstum anzukurbeln. Die US-Notenbank dagegen ist gerade dabei, ihre Geldpolitik schrittweise zu straffen. Die Richtungsänderungen der Zentralbanken haben dazu geführt, dass sich die Aussichten des US-Dollar verbessert haben. War es das nun oder besteht noch mehr Aufwärtspotenzial?

Die Rally des US-Dollar dürfte weitergehen
Unseres Erachtens stehen wir am Beginn einer mehrere Jahre andauernden strukturellen Stärke des US-Dollar, und zwar aus folgenden Gründen:

1. Der US-Dollar ist gegenwärtig fundamental nicht überbewertet. Die Kaufkraftparität deutet auf eine faire Bandbreite von 1.25 bis 1.30 US-Dollar pro Euro hin (1.28 gemäss der jüngsten Schätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD).

2. Während das Fed seine Wertpapierkäufe ("quantitative Lockerung") beendet, legt die EZB ein grosses Liquiditätsprogramm auf – von den sogenannten gezielten langfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTROs) für Banken bis zu Direktkäufen von Pfandbriefen und forderungsbesicherten Wertpapieren (asset-backed securities, ABS). Die Währungshüter in Frankfurt könnten zwar davon absehen, Staatsanleihen der Eurozone zu kaufen. Gleichwohl scheinen solche Transaktionen, wenn es die Situation erfordert, nicht ausgeschlossen. Das sich daraus ergebende Auseinanderdriften der Geldpolitik in den Vereinigten Staaten und Europa ist eindeutig positiv für den US-Dollar.

3. Vor dem Hintergrund gedämpfter Prognosen zum Wirtschaftswachstum in Europa, Japan und den meisten Schwellenländern bleiben wir zuversichtlich, dass das Bruttoinlandprodukt der USA künftig um etwa 3 Prozent wachsen wird. Ein niedrigerer Ölpreis und sinkende langfristige Zinsen verleihen der US-Wirtschaft mächtigen Auftrieb, der den negativen Effekt der Greenback-Aufwertung und des schwachen globalen Wachstums ausgleicht.

4. Die US-Notenbank Fed hat zwar bei der Bestimmung des Tempos der Leitzinserhöhungen dank der gedämpften Inflation erheblichen Spielraum. Geldmarktanlagen in US-Dollar werden aber zu gegebener Zeit positive Nominalrenditen abwerfen. Die entsprechenden Nominalrenditen in Euro, Schweizer Franken und Yen werden dagegen vermutlich noch auf Jahre hinaus bei null verharren.

5. Das Leistungsbilanzdefizit der USA – historisch gesehen der treibende strukturelle Faktor für die Schwäche des US-Dollar – bildet sich dank der anhaltenden Ausweitung der Förderung von Schieferöl- und gas im Inland zurück.

6. Vor allem dürften die USA mit ihrer Anziehungskraft für gut ausgebildete Fachkräfte, ihren führenden Technologieunternehmen und ihrer Spitzenstellung in den Ranglisten der Wettbewerbsfähigkeit stärker von einem deutlich höheren Trendwachstum profitieren als die Eurozone.

Grafik: Greenback seit Mai 2014 auf dem Weg nach oben (US-Dollar pro Euro)


Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management


Jetzt diversifizieren mit US-Dollar-Anlagen
Aus diesen Gründen bekräftigen wir unsere seit langem bestehende Empfehlung (siehe Investors' Outlook vom April 2013: "Die Wiederauferstehung des Dollar"), US-Dollar-Anlagen in europäischen Portfolios strategisch "überzugewichten". Was könnte unseren dollarfreundlichen Ausblick in Frage stellen? Die Erholung des Greenback könnte ins Stocken geraten, sollten sich die Wachstumsaussichten für die US-Wirtschaft erheblich verschlechtern. Dies wiederum würde den Spielraum der US-Notenbank, die Zinsen zu erhöhen, einschränken. Wir erwarten jedoch kein solches Szenario. Sollte es trotzdem eintreten, erachten wir das Abwärtspotenzial des US-Dollar gegenüber dem Euro als sehr begrenzt.

Günstiges Umfeld für "Risikoanlagen"
Einen Rückgang der Aktienkurse von Mitte Oktober haben wir zum Anlass genommen, unser Nettoengagement zu erhöhen. Die "Wachstumspanik" unter den Marktteilnehmern, vor allem in Bezug auf die USA, schien uns nämlich übertrieben. Wir erreichten dies durch den Verkauf von Put-Optionen auf den SMI, den S&P 500 und den EuroStoxx 50. Nachdem wir im Sommer die "Übergewichtung" der Aktienmärkte und hochverzinslicher Unternehmensanleihen reduziert hatten, waren wir der Meinung, die Korrektur sei weit genug fortgeschritten.

Ausserdem haben wir unsere Position auf lokale Schwellenländeranleihen (Anleihen, die auf die Währung des jeweiligen Landes lauten) in EUR- und CHF-Portfolios aufgestockt, da wir eine laufende Rendite von 6.5 Prozent als ein genügend dickes Sicherheitspolster gegen potenzielle Währungsabwertungen betrachten. Wir glauben, dass das derzeitige geldpolitische Umfeld nach wie vor eine fundamentale Unterstützung für Risikoanlagen bietet. Dennoch müssen die Anleger angesichts des Endes der quantitativen Lockerung der US-Notenbank und der durchwachsenen Gewinnaussichten in einigen Sektoren ihr Vorgehen genau abwägen.


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