07.11.2024, 09:46 Uhr
Nach den Abflüssen im Vorjahr hat die Bank Vontobel in den ersten neun Monaten 2,6 Milliarden Franken Neugeld bekommen. Das Plus resultiert dabei aus dem Geschäft mit Privaten.
In den letzten Monaten setzten US-Aktien ihren Höhenflug fort, während Titel aus den Schwellenländern stark unter Druck standen. Roger Merz, Head of mtx Portfolio Management, und Thomas Schaffner, Senior Portfolio Manager von Vontobel AM nehmen diese Kursdynamik unter die Lupe.
Die Performance von US-Aktien und den Aktien aus anderen Regionen vor allem den Schwellenländern driftet seit April 2018 extrem auseinander. Laut einer neuen Studie von J.P. Morgan wird dies erkennbar, wenn man sich die Entwicklung der Kursdynamik anschaut. Bei den US-Aktien sieht sie positiv aus, doch in Europa und den Schwellenländern zeigt sich ein negatives Bild, das sich über alle relevanten Zeithorizonte erstreckt (1, 3, 6 und 12 Monate). Das ist eine ungewöhnliche Situation, die für die beiden Experten zwei Fragen aufwirft: Wie ist das passiert und, wichtiger noch, wie lange kann das dauern?
Grafik 1: Deutlicher Abstand
Ein Blick zurück bringt Licht ins Dunkeln
Merz und Schaffner sind sich einig, dass angespornt durch steigende Unternehmensgewinne, Aktienrückkäufe und die US-Unternehmenssteuerreform, sich die US-Aktien überdurchschnittlich gut entwickelt haben. Zudem haben die Anleger in grossem Umfang US-Dollar gekauft. Gemäss dem BofAML bewege sich der Höhenflug des US-Dollar im 97. Perzentil seiner 29-jährigen Datengeschichte. Die EM-Aktien litten dagegen aufgrund der Angst vor eskalierenden Handelsspannungen, beschleunigtem Schuldenabbau in der chinesischen Wirtschaft und hohen Wertverlusten von EM-Währungen wie der türkischen Lira unter einem wahllosen Abverkauf.
Zusätzlich weisen die Experten darauf hin, dass seit April die EPS-Prognosen in den Schwellenländern gemäss Daten von Factset um 6 Prozent nach unten korrigiert wurden. Wenn man sich die fast abgeschlossene Gewinnsaison bei den asiatischen Unternehmen anschaut, könne man feststellen, dass der ausgewiesene Gewinn für das zweite Quartal 2018 etwa 5 Prozent über den Konsensschätzungen lag. Das könnte nach Merz und Schaffner zu dem Schluss führen, dass beim drastischen Ausverkauf von Schwellenländeraktien im Wesentlichen der erwartete Rückgang der Unternehmensgewinne (Grafik 2) in Abzug gebracht wird. Für dieses Argument spreche auch, dass die Anzahl der Unternehmen, die hinter den Konsensschätzungen zurückbleiben, im Vergleich zur vorhergehenden Berichtsperiode steigt. Interessant dabei sei, dass unter den Unternehmen, die die Erwartungen der Analysten nicht erfüllen, mehr Technologiefirmen sind als Industrie- und Exportunternehmen.
Grafik 2: Ausverkauf in EM scheint angesichts weiterhin solider Gewinne übertrieben
Quo vadis?
Die Märkte gebieten weiterhin Vorsicht, doch die Auswirkungen des selbsterfüllenden Pessimismus sind in den Augen von Merz und Schaffner bedeutsam und eine nähere Betrachtung wert. Die Experten sehen, dass die Unternehmensleitungen ihre Prognosen für die nächsten Quartale gesenkt haben, wie sie es in solchen Situationen immer tun. Zudem führe zunehmende Unsicherheit zum Rückgang der Investitionen, was sich auf die zukünftigen Gewinne auswirken kann. Dasselbe gelte für den Rückgang der Konsumausgaben infolge von negativen Nachrichten.
Die momentane Marktsituation sei derzeit durch Dynamik und eine negative Stimmung geprägt. Einer oder mehrere der folgenden Katalysatoren könnten jedoch das bestehende Marktmuster verändern: Schwäche des US-Dollar oder zumindest geringere Investitionen in US-Dollar-Anlagen, eine Stabilisierung des chinesischen Yuan und die Wirkung der geplanten steuer- und geldpolitischen Massnahmen in China, das Abklingen der Spannungen im Welthandel oder sogar das Ergebnis der Zwischenwahlen in den USA.
Erholung in Sicht
Diese gesamtwirtschaftlichen Gründe seien nachvollziehbar, und die Korrektur habe zu attraktiven Bewertungen geführt, so die Experten. Auf Basis des Shiller-KGV ist der Abschlag auf Schwellenländer-Aktien im Vergleich zu den Titeln aus Industrieländern in den letzten zwei Monaten auf mehr als 36 Prozent gestiegen. Damit ist beinahe der langjährige Tiefpunkt von 40 Prozent von Anfang 2016 erreicht (Grafik 3). Solche niedrigen Bewertungen könnten ein erstes Anzeichen einer Erholung sein. Jedenfalls lehre uns das die Geschichte die schnelle Erholung der EM-Aktien Anfang 2016 ist ein Beispiel dafür, sind sich Merz und Schaffner einig. Ausserdem sei nicht zu vergessen, dass die langfristigen Wachstumsperspektiven in den Schwellenländern im Vergleich zu den entwickelten Märkten sehr attraktiv bleiben.
Grafik 3: Abschlag EM-Titel versus DM-Aktien ist in den letzten zwei Monaten gewachsen