Entwarnung: Keine Marktkorrektur in Sicht

Bild: Pixabay
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Noch sieht Rothschild Private Wealth keine roten Warnlichter, die eine Marktkorrektur andeuten würden. Im Marktausblick des Vermögensverwalters thematisiert CIO Kevin Gardiner die Erholung in den USA.

15.06.2018, 15:23 Uhr

Redaktion: ans

Das National Bureau of Economic Research (NBER) "offizieller Hüter" des Konjunkturzyklus in den USA, datiert den Beginn der aktuellen Erholung auf Juni 2009 zurück. Die längste jemals verzeichnete Expansion betrug genau zehn Jahre und endete im März 2001. Noch ein Jahr also, und die gegenwärtige Erholung bricht den Rekord. Ironischerweise könnte sich die Erholungsphase, in der die Redewendung "langfristige Stagnation" wiederbelebt wurde, als die längste erweisen. Als sie einsetzte, wurde sie zunächst mit Skepsis begrüsst. Am tiefsten Punkt der Grossen Rezession gingen alle davon aus, dass eine Erholung anfällig sein und von den Verschuldungsniveaus sowie dem Deflationsrisiko überschattet werden würde. Kevin Gardiner, Global Investment Stratege bei Rothschild Wealth Management beschreibt dies als die grössten bisher dagewesenen Wall of Worry: "Fundamental gesehen lag mit der Wirtschaft in den USA und weltweit jedoch nur wenig im Argen. Die globale Finanzkrise war der Höhepunkt zahlreicher Peinlichkeiten für die liberalisierten Kapitalmärkte und deren Aufsichtsbehörden und nicht das Symptom einer nicht funktionierenden Wirtschaft."

Kaum Anzeichen einer Überhitzung zu erkennen
Die finanzielle Farce verursachte viel Schaden. "Nach der Korrektur der Exzesse und der Aufholjagd bis zu dem Punkt, an dem wir uns hätten befinden sollen, standen die Chancen, dass dieser Zyklus recht lange währen würde, jedoch recht gut", hält der Stratege fest. Das Wachstum war alles andere als spektakulär, aber auch eben nicht so schwach, wie von vielen befürchtet. Der unlängst recht verhaltene Start in das Jahr 2018 erwies sich als Ausreisser.

Die Privatausgaben in den USA sind um jährlich fast 3 % gestiegen und unterscheiden sich kaum von der vorherigen Erholung. Für das von vielen postulierte Investitionsdefizit sind keinerlei Anzeichen zu erkennen. Die Ertragserholung ist die stärkste jemals verzeichnete. Die Arbeitslosigkeit ist die niedrigste seit 1969. Auch die Zahl der Unterbeschäftigten ist deutlich zurückgegangen, und die Angaben zu Produktion und Produktivität wurden unter Umständen zu niedrig angesetzt. "Es gibt nur wenige Hinweise auf eine Überhitzung. Die Inflation bleibt gedämpft, was indes weniger bemerkenswert ist als wir zunächst annahmen, denn Inflation und Wachstum müssen nicht immer miteinander einhergehen", so Gardiner.

US-Arbeitslosigkeit so niedrig wie zu der Zeit, als England Fussballweltmeister war



Doppeldefizit unter Kontrolle
Rein intuitiv betrachtet sollten Wachstum und Inflation miteinander verbunden sein, wenn das Wachstum grösstenteils der Nachfrage geschuldet ist. Wenn jedoch das Angebot den Ton angibt, ob nun wegen technologischer Neuerungen, neuer Anbieter oder neuer Arbeitsweisen, dann sei die Vorstellung von "zu viel Geld, das zu wenigen Gütern hinterherjagt" weniger überzeugend, meint der Experte. Unterdessen geben sektorspezifische Ungleichgewichte noch keinerlei Anlass zur Sorge. Das Doppeldefizit bleibt unter Kontrolle: Das Leistungsbilanz- und das Haushaltsdefizit der USA liegen in etwa bei 2 % bzw. 3 % des BIP, und die Lücke zwischen den beiden deutet auf eines der am besten gehüteten Geheimnisse in diesem Zyklus hin, nämlich in Plus im Privatsektor.

Weiterhin konstruktives Anlageklima
Ein Zyklus, der in das zehnte Jahr des Aufschwungs eintritt, ohne dass die Verbraucher und Unternehmen in den USA sich überschulden, dafür aber die breitere Wirtschaft mit Liquidität versorgen, ist nahezu sensationell. Das kann sich indes ändern. Gardiner ist sich sicher, dass ferner das Haushaltsdefizit deutlich steigen wird, sobald sich die Steuersenkungen und Ausgabenerhöhungen bemerkbar machen. Handelszölle werden das US-Leistungsbilanzdefizit nicht vor einer deutlichen Ausweitung schützen. "Wir könnten es durchaus noch mit einem stärkeren Nachfrageüberhang zu tun bekommen als uns lieb ist", ergänzt der Experte. "Letzten Monat deuteten wir an, dass die Ursache für das eventuelle Ende dieses Zyklus wahrscheinlich altmodischer Art sein wird: eine steigende Inflation und ein zunehmendes Zinsrisiko. Allerdings sind wir an diesem Punkt eindeutig noch nicht angelangt."

Da die nächste US-Rezession und/oder Finanzkrise noch nicht in Sicht ist, erachtet Rothschild Private Wealth das Anlageklima unverändert als konstruktiv. "Wir raten zu einer laufenden Portfolio-Absicherung anstatt einer deutlich defensiveren Ausrichtung," so der Experte.

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