Fiskalmassnahmen gegen die Rezession

27.11.2008, 08:51 Uhr

"Angesichts der drohenden, tiefen Rezession sind Fiskalstumuli in der Höhe von mindestens 2% des BIP nötig," meinte Robert Solow, Wirtschafts-Nobelpreisträger und emeritierter Professor der Stanford Universität, am European Colloquia von Pioneer Investments in Venedig, an dem neben Solow die Nobelpreisträger Michael Spence und George Akerlof sowie weitere hochkarätige Vertreter von Universitäten und Notenbanken Massnahmen gegen die Finanzkrise diskutierten.

"Die Entwicklung der Realwirtschaft zeigt an, dass die USA auf eine Rezession zusteuern, die länger dauern wird als die üblichen zwei Standardquartale," erläuterte Robert Solow. Als Grund sieht er vor allem die Überproduktion im US-Häusermarkt. "Normalerweise macht der Housing Sektor 4-4,5 % des BIP aus, im Boom wurde ein Überangebot von rund 3% des BIP aufgebaut. Das heisst, in den nächsten Jahren wird allein 1 bis 1,5% des BIP wegfallen, um dieses Überangebot zu absorbieren."

In den vergangenen Monaten ist zudem die Konsumnachfrage zurückgegangen und die Arbeitslosigkeit ist stark gestiegen. Momentan gehen in den USA rund 10'000 Arbeitsplätze pro Tag verloren. Solow sieht denn auch mehr Handlungsbedarf als nur ein einfaches Lockern der Geldpolitik als Massnahme gegen die Rezession. "Ein schnelles Handel mit Fiskalstimuli ist angesagt, denn aus einer langen Rezession herauszukommen ist viel schwieriger als aus einer kurzen, da die Erwartungen erodieren. Normalerweise sollte ein Fiskalpaket von 2-3% des BIP genügen, möglicherweise braucht es im jetzigen Fall bis zu 5%, allerdings verteilt auf einen längeren Zeitraum." Während die USA bereits gehandelt haben und diverse Massnahmen einleiteten, zeigte sich Solow in Fall von Europa skeptischer. "Da jeder Staat für sich entscheidet, besteht die Gefahr des Trittbrettfahrens, zudem ist bei den bisher angekündigten Massnahmen nicht erkennbar, ob es sich nicht um sowieso schon geplante Ausgaben handelt."

Wie werden sich die bereits beschlossenen Massnahmen auf die US-Zinsen auswirken? Im Fiskaljahr 2008/2009 (per Ende September) ist bereits ein Defizit von mindestens 700 Milliarden US-Dollar vorhersehbar. "Die Zinsen für US-Treasuries könnten in den nächsten 12 Monaten um bis zu 2% ansteigen", meinte Solow.

Zur Problematik einer möglichen Deflation äusserte sich Lorenzo Bini Smaghi, Executive Board Member der Europäischen Zentralbank ECB dezidiert: "Wir sehen keine Signale für eine Deflation. 2009 prognostizieren wir für den Euroraum eine Inflation von 1,6% und für 2010 von 2,0%." Im Jahresvergleich haben die Konsumentenpreise zwar stark nach unten korrigiert, dies sei aber auf die sinkenden Rohstoffpreise zurückzuführen. Hierbei handle es sich um eine Disinflation, bei dem sich das Preisniveau auf einem neuen Gleichgewicht einpendelt.

Welche Chancen bieten die Märkte in der nächsten Zeit? Trotz den sinkenden Energiepreisen sahen zahlreiche Exponenten im Bereich Greentec und alternative Energien grosse Möglichkeiten, da sich Barack Obama auf eine klare Förderung dieses Sektors verpflichtet hat. "Es ist möglich, dass der Bereich alternative Energien die Informationstechnologie als grosser Werttreiber der Weltwirtschaft ablösen wird," meinte Solow. Rob Wescott, früherer Berater der Clinton-Administration, sieht dabei wieder Chancen für Nuklearkraftwerke, neue Baustandards zur Energiedämmung und Projekte zur CO2-Neutralisierung, denn "die USA sind das Saudi-Arabien der Kohleproduktion". Wescott erwartet zum Beispiel Projekte, um C02 einzuschliessen und dauerhaft im Boden zu parkieren.

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