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Der Kampf um das Weisse Haus

Weisses Haus, Washington DC (Bild: Shutterstock.com/turtix)
Weisses Haus, Washington DC (Bild: Shutterstock.com/turtix)

Dass bei Wahlen in den USA mit harten Bandagen gekämpft wird, ist bekannt. Unter den aktuellen Vorzeichen allerdings zeichnet sich für die Wahl am 3. November ein selbst für amerikanische Verhältnisse ungewöhnlich hässlicher Kampf um die Macht im Weissen Haus ab.

11.08.2020, 17:11 Uhr

Redaktion: rem

Bereits bei früheren Gelegenheiten hatte ODDO BHF auf die Möglichkeit hingewiesen, dass der derzeitige Amtsinhaber angesichts eines deutlichen Rückstands in den meisten Umfragen fragwürdige Ablenkungsmanöver versuchen könnte, um die Gunst der enttäuschten Wähler zurückzugewinnen – beispielsweise durch Eskalation des Konflikts mit China. Aktuell schlagen der drohende Entzug der Zulassung von TikTok für den Geschäftsbetrieb in den USA (was für Microsoft das Einfallstor für eine mögliche Übernahme geschaffen hat) hohe Wellen, aber auch der geplante Besuch eines US-Kabinettsmitglieds in Taiwan. Im Durchschnitt der letzten zwei Wochen lagen die Zustimmungswerte für Donald Trump laut "Real Clear Politics" bei durchschnittlich rund 43% (55% Ablehnung). Man sollte allerdings nicht vergessen, dass bis zum Wahltermin am 3. November noch fast drei Monate ins Land gehen werden und das Ergebnis offen ist.

Donald Trump: Zustimmungs- und Ablehnungswerte

Quelle: Real Clear Politics (Umfrage zur Politik des US Präsidenten).
Quelle: Real Clear Politics (Umfrage zur Politik des US Präsidenten).

Pfusch, Pech und Pannen Wählen in den USA

Viele Beobachter befürchten allerdings, dass die Wahl selbst ein Desaster werden könnte. Mehrfach in vergangenen Jahren hatte es Nachzählungen gegeben, bei der Präsidentschaftswahl 2016 hatte es Auseinandersetzungen um die Wählerlisten gegeben, und auch bei den (Vorwahlen in diesem Jahr hatte es einige bemerkenswerte Pannen gegeben Wähler in Georgia beispielsweise mussten stundenlang auf die Stimmabgabe warten, und die Ergebnisse aus Iowa sind bis heute nicht wirklich hundertprozentig. "Die USA mögen zu technologischen Spitzenleistungen fähig sein, doch die IT-Infrastruktur für die Wahl ist vielfach veraltet und manipulationsanfällig – in einer Reihe von Wahlkreisen gibt es nach wie vor 'papierlose' Wahlcomputer, die keine unabhängige Nachzählung ermöglichen", so ODDO BHF.

Nun kommt hinzu, dass aufgrund der Corona-Epidemie besondere Vorkehrungen zur Begrenzung des Infektionsrisikos zu treffen sind, was die Durchführung der Wahl zusätzlich verkompliziert. Zudem dürfte die Briefwahl deutlich an Bedeutung gewinnen. Dadurch verzögert sich die Auszählung der Stimmen, so dass die Ergebnisse der Bundesstaaten und angesichts des Wahlmännersystems das Gesamtergebnis noch lange über die Wahlnacht hinaus in der Schwebe bleiben könnten.

Donald Trump scheinen vor allem die Briefwähler ein Dorn im Auge zu sein. Eine Rolle könnte hier spielen, dass allgemeine Briefwahlmöglichkeiten die Wahlbeteiligung erhöhen bzw die Wählermobilisierung erleichtern könnten, was vermutlich den Demokraten zugute käme. Das hat Trump anscheinend zu einer Twitter-Botschaft veranlasst, die sogar unter Republikanern einen Aufschrei ausgelöst hat: "With Universal Mail In Voting (not Absentee Voting, which is good) 2020 will be the most INACCURATE FRAUDULENT Election in history. It will be a great embarrassment to the USA. Delay the Election until people can properly securely and safely vote??? @realDonaldTrump 30.7.2020)".

Donald Trump entwickelt Verschwörungstheorien

"Der Gedanke einer Verschiebung der Wahl ist ein typischer Trump-Vorschlag: provokativ aus der Hüfte geschossen. Die Wahl verschieben kann der Verfassung nach nur der Kongress, nicht der Präsident; zudem wäre eine Verschiebung ein historischer Tabubruch", so ODDO BHF.

Möglicherweise aber löse der US-Präsident bereits im Vorfeld einen heftigen Verfassungskonflikt aus, denn aktuell flirtet er auch mit dem Gedanken, Briefwahlen per Exekutivorder zu verbieten was ein klarer Eingriff in die Hoheit der Bundesstaaten wäre. Aber auch wenn Trump kaum eine verfassungskonforme Handhabe hat, in den Wahlprozess einzugreifen, ist zu befürchten, dass die Legitimität der Wahl in Frage gestellt wird und ein langes politisches und juristisches Tauziehen folgen könnte, geben die Experte weiter zu bedenken: "Bereits 40 Mal in diesem Jahr hat Trump auf Twitter wissen lassen, dass die Wahl manipuliert sein wird. Hier werden für den Fall einer Wahlniederlage Verschwörungstheorien vorbereitet."

Grosse politische Unsicherheit

Viel spricht dafür, dass die Wochen und Monate um den 3. November durch einen hohen Grad an politischer Unsicherheit geprägt sein werden. Wie die Experten von ODDO BHF weiter ausführen, sei das kein optimales Marktumfeld, müsse den Aktienmärkten aber nicht zwangsweise und generell schaden. Die Märkte hätten durchaus die Fähigkeit, durch kurzfristige Unsicherheiten hindurchzuschauen und längerfristige Ertragspotenziale unpolitisch zu bewerten. Das sei auch bei anderen Gelegenheiten zu beobachten gewesen, zuletzt im Hinblick auf die Corona-Krise. "Allerdings wäre Joe Biden als Präsident insbesondere in Verbindung mit demokratischen Mehrheiten sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat nicht unbedingt die Traumbesetzung für die Marktteilnehmer – vor allem hinsichtlich Besteuerung, Regulierung und Anti-Trust-Überlegungen", stellen die Beobachter fest.

Kurzfristig – wohl im Laufe der kommenden Woche – steht die Entscheidung Bidens über die Kandidatin (er hatte sich im Vorfeld auf eine Frau festgelegt) für das Amt des Vizepräsidenten auf der politischen Tagesordnung. Die Personalentscheidung wird vielfach als Signal im Richtungsstreit innerhalb der demokratischen Partei verstanden. Verbindet sich Biden mit den progressiven oder linken Kräften innerhalb der Partei? Oder versucht er, sich die Unterstützung der eher konservativen politischen Mitte zu sichern?

"Eine gewisse Unterstützung scheint der US-Aktienmarkt von der Währungsseite zu bekommen", so die Experten von ODDO BHF. Neben der politischen Unsicherheit schlägt sich hier die Sorge nieder, dass der wirtschaftliche Erholungsprozess durch die erneute Ausbreitung von Covid-19 in den USA gebremst werden könnte. Das wiederum könnte die US-Notenbank auf den Plan rufen. Anders als die EZB, die derzeit eher auf Halten spielt, hatte der US-Offenmarktausschuss auf seiner Sitzung Ende Juli nochmals seine Handlungsbereitschaft bekräftigt. Die Überlegungen gehen in Richtung einer Beeinflussung (Abflachung) des langen Endes der Renditekurve. Sollte die Entwicklung die beschriebene Richtung nehmen (dazu lohnt es sich vor allem, den Arbeitsmarkt zu beobachten), könnte laut ODDO BHF die Phase der Dollarschwäche, von der gewinnseitig gerade die international aktiven US-Unternehmen profitieren würden, andauern.

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