05.12.2024, 10:13 Uhr
56 Prozent der Schweizer Investoren halten eine Rezession im Jahr 2025 für wenig wahrscheinlich, trotz geopolitischer und inflationsbedingter Unsicherheiten. Dies ein Fazit des «Institutional Investor Survey» von...
Nach einem guten ersten Halbjahr mit nachlassender Inflation und überwundenen Ängsten vor einer globalen Rezession glauben zwei Drittel der Strategen der Natixis Gruppe, dass die Märkte angesichts eines unsicheren zweiten Halbjahres zu optimistisch sind.
Obwohl 73 Prozent der befragten 30 Marktstrategen, Portfoliomanager, Analysten und Ökonomen der Natixis-Gruppe der Ansicht sind, dass das Risiko einer globalen Rezession nicht vorhanden (10 Prozent) oder nur gering (63 Prozent) ist, bleiben belastende Faktoren bestehen.
74 Prozent der Befragten sehen in der US-Präsidentschaftswahl ein mittleres (37 Prozent) oder hohes (37 Prozent) Risiko für Anleger im zweiten Halbjahr, da 77 Prozent der Ansicht sind, dass Wahlen für die Märkte von Bedeutung sind. 60 Prozent sind der Meinung, dass die US-Wahl den Markt eher belasten als unterstützen wird. Umgekehrt sehen 30 Prozent von ihnen in den Wahlen nur vorübergehenden «Noise» und kein nachhaltiges «Signal».
Zum ersten Mal seit Jahrzehnten ist in einem Wahljahr die Inflation wieder ein Thema. So machen sich knapp die Hälfte der befragten Experten Sorgen über die «Politisierung» der Fed bei Entscheidungen über Zinssenkungen. Obwohl die Inflation im ersten Halbjahr weiter nachgelassen hat, sehen die Strategen sie immer noch als potenzielles Risiko für Anleger. Nur 7 Prozent glauben, dass die Federal Reserve ihr Ziel bis zum Jahresende erreichen wird, und 40 Prozent befürchten, dass eine überraschende Inflation die Markterholung stoppen könnte. 77 Prozent sind besorgt, dass die Zinsen länger auf einem höheren Niveau bleiben werden. So erwarten nur gut ein Drittel der befragten Experten (37 Prozent), dass die Fed in diesem Jahr noch zweimal die Leitzinsen senken wird.
Politische Herausforderungen beschäftigen die Strategen weiterhin. 80 Prozent der Befragten befürchten, dass die geopolitische Lage im zweiten Halbjahr aufgrund des Ukraine-Krieges, des Gaza-Konflikts und der Beziehungen zwischen den USA und China Gegenwind verursachen wird. Tatsächlich glauben fast die Hälfte (47 Prozent) von ihnen, dass geopolitische Konflikte die aktuelle Marktrallye möglicherweise beenden könnten.
Auch die Staatsverschuldung bereitet den Strategen Kopfzerbrechen. 70 Prozent geben an, dass Staatsdefizite bei der Bewertung von Märkten eine Rolle spielen. Während 53 Prozent der Ansicht sind, dass die Verschuldung derzeit tragbar ist, aber langfristig eine Bedrohung für die Wirtschaft darstellt, glauben 37 Prozent, dass die Verschuldung bereits jetzt untragbar ist.
Zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten gehen davon aus, dass der US-Aktienmarkt in der zweiten Jahreshälfte das beste Renditepotenzial für Anleger bieten wird, während das nur 10 Prozent von Grossbritannien und nur 3 Prozent von Europa erwarten. Zwei Drittel sind der Meinung, dass sich «Growth» besser entwickeln wird als «Value», und mehr als 7 von 10 glauben, dass grosse Unternehmen den kleinen Unternehmen überlegen sein werden.
Obwohl sie der Meinung sind, dass die Renditen weniger konzentriert sein werden, glauben 60 Prozent, dass der IT-Sektor in der zweiten Jahreshälfte in den USA die beste Performance erzielen wird. Allerdings sind nur 10 Prozent der Ansicht, dass die Technologie in Europa die besten Renditen erzielen wird. Dort wird erwartet, dass der Finanzsektor (20 Prozent) eine gute Performance erbringen wird, gefolgt vom Gesundheitswesen (17 Prozent).
Höhere Zinssätze haben viele Privatanleger dazu veranlasst, sich den kurzfristigen Geldmarkt-instrumenten zuzuwenden, die die höchsten Zinssätze seit der Jahrtausendwende bieten und als sicherer Hafen gelten. Gleichwohl sollten die Anleger bedenken, dass die Zinsen tendenziell sinken können und sie zu niedrigeren Sätzen reinvestieren müssen. Die Hälfte der Experten rät dementsprechend dazu, die Duration von Anleiheportfolios zu verlängern; schliesslich würdenn Anleihen jetzt wieder zur Diversifikation beitragen.
Über die Auswirkungen von KI auf die Unternehmen und deren Bewertung hinaus reflektieren die Natixis-Strategen den Einfluss auf die Marktmechanismen. 73 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass KI in den nächsten zwei bis fünf Jahren die traditionellen Marktmuster verändern wird, und 77 Prozent glauben, dass sie das Ausmass des Daytrading noch beschleunigen wird. Auch die eigene Industrie des Asset Management werde sich verändern: 70 Prozent der Experten sind der Meinung, dass KI dabei helfen wird, das Risikomanagement zu verbessern.
Angesichts des komplexen Bildes für die zweite Jahreshälfte wird erwartet, dass auch alternative Investitionen eine zunehmende Rolle in Portfolios spielen werden. Fast zwei Drittel (60 Prozent) der befragten Strategen glauben, dass ein Portfolio, das zu 60 Prozent aus Aktien, zu 20 Prozent aus festverzinslichen Wertpapieren und zu 20 Prozent aus alternativen Anlagen besteht, im zweiten Halbjahr eine bessere Wertentwicklung erzielen wird als das traditionelle 60/40-Portfolio.
Strategien, die eine höhere Diversifizierung und einen besseren Risikoschutz bieten, werden etwas häufiger bevorzugt als solche, die das Potenzial haben, die Renditen zu steigern. Edelmetalle und Absolute-Return-Strategien (17 Prozent in den USA, 20 Prozent in Europa) zeigen, dass die Strategen das Potenzial dieser traditionellen Risikominderer sehen, sowohl in Bezug auf den Schutz vor Verlusten als auch, im Fall von Edelmetallen, auf eine kontinuierliche Absicherung gegen die Inflation.
Alle Natixis-Strategen sind sich einig, dass die Politik die Meinungen über nachhaltige Anlagen weiterhin spalten wird. Allerdings glaubt die Hälfte der Befragten, dass das Schicksal nachhaltiger Anlagen in den nächsten zwei bis fünf Jahren von den Anlegern bestimmt werden wird, da die Nachfrage der Verbraucher den politischen Druck überwiegen wird.
Da nachhaltige Investitionen im Mittelpunkt einer starken politischen Stimmung stehen, glauben 57 Prozent, dass die Vorschriften für diese Investitionen verschärft werden, aber es wird nicht erwartet, dass sie weltweit einheitlich sind, da nur 10 Prozent glauben, dass sich die EU und die USA in Bezug auf regulatorische Anforderungen, Definitionen und Berichtsrahmen angleichen werden. Zwei Drittel (67 Prozent) glauben jedoch, dass sich die ESG-Bewertungen für Datenanbieter angleichen werden, was bedeutet, dass es in den nächsten fünf Jahren weniger Akteure geben wird.
60 Prozent der Strategen gehen davon aus, dass Impact Investing weiter zunehmen wird, und 50 Prozent glauben, dass Vermögensverwalter eine Netto-Null-Verpflichtung eingehen müssen, um in Europa und Asien Geschäfte zu machen, obwohl nur 2 von 10 glauben, dass nachhaltiges Investieren in den nächsten fünf Jahren als Standard in alle Portfoliostrategien integriert wird.
Mabrouk Chetouane, Leiter der Global Market Strategy bei Natixis IM, kommentiert: «Die Strategen sind sich sicher, dass die US-Märkte auch in der zweiten Jahreshälfte die Richtung vorgeben werden. Investoren sollten jedoch vorsichtig optimistisch bleiben, da sie in der zweiten Jahreshälfte weiterhin mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert sein werden, die von der Politik, geopolitischen Spannungen, potenziell höheren und länger anhaltenden Zinssätzen, geringeren Verbraucherausgaben und einer höheren Staatsverschuldung ausgehen.
Die breiteren Risiken haben bei festverzinslichen Wertpapieren den Fokus stärker auf Qualität gelenkt, wobei wir Staatsanleihen und Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating gegenüber riskanteren Hochzins- und Schwellenmarktpapieren bevorzugen. Von hier aus werden alle Augen auf die USA gerichtet sein, während wir auf das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen warten, das weitreichende Auswirkungen auf Politik, Märkte und Geopolitik haben könnte.»
Der vollständige Umfragebericht ist HIER in englisch verfügbar.