Studie: Weltweiter Bedeutungsschwund von Aktien

Steigender Wohlstand in den Schwellen- und veränderte Anlagestrategien in den Industrieländern führen dazu, dass Aktien als Anlageklasse an Gewicht verlieren – mit gewichtigen Konsequenzen für Investoren, Firmen und die Volkswirtschaften, wie die NZZ online schreibt.

24.01.2012, 13:19 Uhr

Autor: NZZ online / Christiane Hanna Henkel

Im Jahr 2020 werden öffentlich gehandelte Aktien nur noch 22% der globalen Anlagen von insgesamt 371,1 Bio. $ ausmachen gegenüber gegenwärtig noch 28% von 198 Bio. $. Diesen Trend hat das McKinsey Global Institute in einer jüngst publizierten Studie prognostiziert. Unter Anlagen werden dabei neben Aktien auch Obligationen und andere festverzinsliche Anlagen, liquide Mittel und Bankdepositen subsumiert. Was sind die Treiber des Bedeutungsverlusts der traditionell gewichtigen Anlageklasse der Aktien und welches die Konsequenzen?

Rahmenbedingungen in Schwellenländern entscheidend
Die Gründe für den Abstieg liegen zum einen in dem zunehmenden Wohlstand der Bürger in den Schwellenländern, die derzeit über rund 21% der weltweiten Finanzanlagen von knapp 200 Bio. $ verfügen. Ein grosser Teil davon liegt auf Bankkonten. Ob sie künftig bereit sind, ein höheres Risiko einzugehen und verstärkt in Aktien zu investieren, hängt vor allem von den Rahmenbedingungen an den dortigen Börsen und in den dortigen Unternehmenswelten ab. Zum andern verändert sich das Anlageverhalten in den Industrieländern, die derzeit noch über 79% der weltweiten Finanzanlagen verfügen. Amerikanische Investoren sind traditionell sehr auf den Aktienmarkt konzentriert; Haushalte haben 47% ihres Vermögens (ohne Immobilien) in Aktien investiert; in Europa sind es 34%. In dem Masse, wie diese Investoren altern, wächst aber ihr Vermögen langsamer, und sie bevorzugen zudem festverzinsliche Papiere, auch weil sie nach dem Wegfall des Lohns nun stärker auf kontinuierliche und berechenbare Erträge aus ihrem Vermögen angewiesen sind.

Finanzierungslücken bei Unternehmen
Diese Verlagerungen werden vor allem Unternehmen zu spüren bekommen. Vor ihnen tut sich laut der Studie eine Aktien-Finanzierungslücke von 12,3 Bio. $ auf. Diese ergibt sich aus der Differenz zwischen dem, was die Unternehmen an zusätzlichem Eigenkapital in den nächsten Jahren benötigen (37,4 Bio. $), und den zusätzlich bis 2020 in Aktien fliessenden Geldern von 25 Bio. $. Vor allem Unternehmen in den Schwellenländern werden von dieser Lücke betroffen sein. Sie haben aufgrund der hohen Wachstumsraten einen enormen Bedarf an Kapital, können diesen aber bei weitem nicht über einbehaltene Gewinne befriedigen. In Europa tut sich ebenfalls eine – wenn auch sehr viele geringere – Finanzierungslücke auf, weil die Finanzinstitute in den nächsten Jahren zur Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis auf den Aktienmarkt zurückgreifen müssen. Amerikas Konzerne hingegen können schon heute auf hohe Bestände von liquiden Mitteln von 1,3 Bio. $ verweisen und können sich zudem auch aus Gewinnen finanzieren.

Anlagestrategie stärker globalisieren
Für Investoren bedeutet diese Entwicklung dann eine Chance, wenn sie ihre Anlagestrategie stärker globalisieren. Derzeit seien die meisten Portfolios noch viel zu stark auf die eigene Region oder gar das Herkunftsland des Investors ausgerichtet, heisst es in der Studie. Für Investoren aus Schwellenländern etwa empfehle sich, in Firmen in Industrienationen zu investieren, die dank ihrer Tätigkeit in jungen, schnell wachsenden Volkswirtschaften – und ausreichendem Zugang zu Eigenkapital – ebenfalls schnell wachsen könnten.

Auf volkswirtschaftlicher Ebene aber sehen die Autoren eher negative Konsequenzen. So habe sich die Finanzierung über Aktien vor allem in Ländern mit starken Aktionärsrechten als kräftiger Wachstumsmotor für die Volkswirtschaften erwiesen; Kreditfinanzierungen könnten das nicht leisten.

Quelle: NZZ online

Hier geht es zur Studie von McKinsey in englischer Sprache.

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