17.03.2025, 12:21 Uhr
Im Interview erläutern Jean-Louis Delhay (Bild), Chief Investment Officer und Jean-Luc Menard, Head of the Convictions Team bei La Française die Vorzüge des CM-AM Convictions Euro-Fonds und welche wichtigsten...
«Fusionen und Übernahmen bei europäischen Banken haben in den letzten Monaten stark zugenommen. Diese Beschleunigung deutet auf einen Motivwechsel hin: Wechseln wir von Konsolidierung und Rettungsmassnahmen zu einer von Hybris und Extravaganz getriebenen Welle?», fragt sich Jérémie Boudinet, Head of Financials & Subordinated debt, Crédit Mutuel Asset Management.
Die Finanzkrise von 2007 bis 2009 brachte einen Umbruch in der globalen Bankenbranche. Während die grössten Institute in den USA und Grossbritannien zu eiligen Fusionen gezwungen wurden, erlebten die Banken in Kontinentaleuropa eine Welle von Verstaatlichungen und massiven Rettungsaktionen. Die Folgen der Euro- Krise deckten laut Boudinet regulatorische und bilanzielle Schwächen der europäischen Institute auf. Fast alle Banken in den sogenannten «Peripherieländern» verloren den Zugang zum Interbankenmarkt und waren auf die Liquidität der EZB und ihrer nationalen Zentralbanken angewiesen, um zu überleben.
Die Einführung der Solvabilitäts- und Liquiditätsstandards von Basel III sowie die Schaffung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) der EZB beschleunigten die Fusionen in einigen der am stärksten fragmentierten Bankensektoren. In Spanien und Italien etwa führte es bei den meisten Sparkassen zu erheblichen Umstrukturierungen. Banken mussten fusionieren, um zu überleben.
Einige Institute konnten der Liquidierung nicht entrinnen (etwa Banco Popular), andere mussten den Aktionären jahrelang Dividenden vorenthalten, um Kapitalpuffer zu bilden, die den wachsenden Anforderungen der Regulierungsbehörden entsprachen. Viele Bankkonzerne haben sich auch aus Märkten zurückgezogen, die sie nicht zum Kerngeschäft zählten, und sich wieder auf ihre Heimatmärkte konzentriert und ihren Verschuldungsgrad reduziert. Diese Form von Fusionen oder Übernahmen hat seit 2019 nicht stattgefunden.
Mit der grossen Ausnahme als die Credit Suisse 2023 aufgrund ihrer erheblichen Governance- und Liquiditätsmängelvon der UBS übernommen wurde.
Die Profitabilität der Banken wurde durch ein Niedrigzinsumfeld bis 2022, hohe Kostenstrukturen, hohe Rückstellungen für Kredit- und Prozessrisiken sowie beträchtliche Rücklagenanforderungen stark beeinträchtigt. Der Wettlauf um Grösse wurde somit zu einem entscheidenden Faktor, um Grössenvorteile und Kosteneinsparungen zu gewährleisten. Einmal mehr standen der spanische und der italienische Bankensektor an der Spitze dieses Wandels – insbesondere mit der Fusion zwischen CaixaBank und Bankia (2020-2021) und dem feindlichen Übernahmeangebot von Intesa Sanpaolo für UBI Banca (ebenfalls 2020-2021).
Die Herausforderung bestand darin, in ihren lokalen Märkten eine Vormachtstellung zu erreichen und gleichzeitig von einem fusionsfreundlicheren regulatorischen und bilanziellen Umfeld (Schaffung von Badwill und Verwendung von latenten Steuergutschriften) und weniger komplexen Bilanzen zu profitieren. Die «Too Big To Fail»-Philosophie, einst ein Leitsatz der Regulatoren, wurde mit der Zustimmung der Regulierungs- und Aufsichtsbehörden über Bord geworfen. Neben der Konsolidierung der führenden und zweitrangigen Akteure passten viele Banken ihre Bilanzen entsprechend ihren Wettbewerbsvorteilen an, indem sie bestimmte Aktivitäten (Verbraucherkredite, Kreditkarten, Autoleasing usw.) verstärkten oder zurückfuhren.
Der Wettlauf um Grösse hat laut dem Experten jedoch Grenzen, wie etwa feindliche Übernahmen für systemrelevante Institute. Die Deutsche Bank konnte die deutschen Behörden nicht von ihren Plänen zur Übernahme der Commerzbank 2019 überzeugen, da die Transaktion mit erheblichen Entlassungen hätte verbunden sein können und die Synergieziele aufgrund der sehr geringen intrinsischen Profitabilität des deutschen Privatkundengeschäfts fraglich waren.
Zwar sei das feindliche Übernahmeangebot der BBVA für die Banco Sabadell aus systemischer Sicht weniger problematisch, doch erfordern die Komplexität und der Umfang des im Mai 2024 eingeleiteten Angebots zahlreiche Genehmigungen und Lobbying-Kämpfe. Dies könnte die BBVA letztlich abschrecken, sollten die Behörden die Veräusserung von Assets zur Validierung des Deals vorschreiben wollen. Daher schien es einfacher, Konsolidierungen für Banken der zweiten Reihe in Betracht zu ziehen, wie z. B. die britische Nationwide und Coventry Building Society, die ihre Übernahmen von Virgin Money und Co Op Bank in der ersten Jahreshälfte 2024 ankündigten und in jüngster Zeit die dänische Bank Nykredit mit der Spar Nord Bank.
Die Schlussfolgerung schien klar: Eine Konsolidierung auf nationaler Ebene ist einfacher als auf internationaler Ebene, vor allem aus finanziellen Gründen. Konkret geht es etwa um die Notwendigkeit, in jedem Land erhebliche und gesonderte Solvabilitäts- und Liquiditätskoeffizienten aufrechtzuerhalten, die regulatorische Komplexität hinsichtlich des Umfangs von Bankenabwicklungen, die Unvollständigkeit der Europäischen Bankenunion beim Einlagensicherungsfonds und die weniger offensichtlichen Synergien.
Die italienische Bank UniCredit, deren Privatkundenbank in Deutschland und Österreich tätig ist, betrat die grosse M&A-Bühne mit einem Paukenschlag: Sie erwarb im September 2024 einen Aktienanteil an der Commerzbank und erregte damit den Zorn deutscher Politiker und des Managements der Bank. Der Widerstand wurde schnell eher politisch als finanziell und hob nationalistische Spannungen als zusätzliches Hindernis für transnationale Fusionen hervor.
Andrea Orcel, Vorstandsvorsitzender der UniCredit, hatte das Gefühl, dass sich sein M & A-Projekt in Deutschland durch die bevorstehenden Wahlen bestenfalls verzögern würde. Deshalb nahm er im November 2024 die italienische Bank Banco BPM ins Visier, nur zwölf Tage nachdem diese ein Übernahmeangebot für den Asset Manager Anima angekündigt hatte. «Ein Bankübernahmeprojekt zu leiten ist an sich schon ein grosses Ziel, aber zwei gleichzeitig zu verfolgen, scheint fast unrealistisch – wenn nicht sogar ein Zeichen von übertriebener Hybris des Leiters, der den Aktionären unbedingt eine neue Story bieten will, während der erwartete Rückgang der europäischen Zinssätze die Nettozinsmargen der Banken zu beeinträchtigen droht.»
Seit November 2024 hat der M&A-Wettlauf in Italien in alle Richtungen Fahrt aufgenommen: Der Crédit Agricole hat seine Beteiligung an der Banco BPM erhöht, um seine bestehenden Beteiligungen und Vertriebsvereinbarungen zu schützen. Gleichzeitig haben die Banco BPM und Anima (für die die Banco BPM ein Übernahmeangebot unterbreitet hat) gemeinsam ihre Beteiligung an der Banca Monte dei Paschi di Siena erhöht, nachdem der italienische Staat seine Mitwirkung schrittweise reduziert.
Im Januar 2025 kündigte die auf die Verwaltung notleidender Kredite spezialisierte italienische Bank Banca IFIS ein Übernahmeangebot für ihren italienischen Konkurrenten Illimity Bank an. Und die Banca Monte dei Paschi di Siena (BMPS) gab Ende des Monats bekannt, dass sie ein Übernahmeangebot für Mediobanca abzugeben beabsichtigt. Letzteres ist vielleicht am überraschendsten: BMPS war schon immer ein Ziel auf dem italienischen Markt, aber die koordinierte Aktion des italienischen Staates und der Grossaktionäre der Bank (die auch Grossaktionäre der Mediobanca sind) dürfte die Pläne geändert haben.
Neben dem vorgeschlagenen Kaufpreis, der jetzt unter dem aktuellen Kurs der Mediobanca liegt, werden von BMPS Kosteneinsparungen durch sehr optimistische Synergien genannt – angesichts der sehr schwachen Ergänzung der beiden Banken. Dies erklärt weitgehend die negative Reaktion des Aktienmarktes nach der Ankündigung. «Auch in diesem Fall könnten politische Interessen über die finanzielle Vernunft gesiegt haben. Der Vorstand der Mediobanca lehnte das Angebot umgehend ab, da er es als wertvernichtend einstufte und zwischen den Zeilen auf die gegensätzlichen Interessen der Aktionäre hinwies», schreibt der Experte.
Während feindliche Fusionen und Übernahmen vor einigen Jahren im Bankensektor noch tabu waren, sind sie heute die Norm. Absorbieren, um nicht absorbiert zu werden. Crédit Mutuel Asset Management glaubt, dass die Fusionen und Übernahmen im europäischen Bankensektor in den letzten zehn Jahren sehr gut verlaufen sind, unterstützt durch Integration und vernünftige Übernahmepreise, die durch niedrige Eigenkapital-Multiples für die meisten europäischen Banken begünstigt wurden. «Angesichts der Eile, die das Management der europäischen Institute an den Tag legt, lohnt sich jedoch die Überlegung, ob diese Disziplin bei möglichen künftigen Transaktionen beibehalten werden sollte. Es geht nicht um die Frage, ob Banken andere Banken integrieren können, sondern darum, die Übernahmepreise und die gebotenen Synergien genau zu prüfen.»
Die Umstände seien ganz anders als in der Zeit vor der Finanzkrise. Der europäische Bankensektor erlebte jedoch bereits bis 2007 eine Phase ungebremster M&A-Aktivitäten: Es wurde in Bereiche expandiert, in denen eine höhere Profitabilität erwartet wurde, und es wurden problemlos hohe Übernahmepreise gezahlt. Denn die Eigenkapitalrendite der europäischen Banken war damals zweistellig und die Eigenkapitalanforderungen waren minimal (Goodwill- Prämien wurden sogar als regulatorisches Eigenkapital angerechnet, was hohe
Übernahme-Multiples begünstigte). Der typischste Fall für die damalige M&A- Euphorie war die Banca Antonveneta, die 2005 von ABN Amro übernommen wurde (die erste ausländische Bank im Besitz einer italienischen Bank), bevor ABN Amro selbst im Oktober 2007 von der Royal Bank of Scotland, Banco Santander und Fortis aufgekauft wurde und Santander den geerbten Teil der Banco Antoveneta nur einen Monat später, im November 2007, für rund 9 MilliardenEuro an BMPS verkaufte, das später einen sehr hohen Preis dafür zahlen sollte.
Jüngste Gerüchte deuten darauf hin, dass die französische Bank BPCE an der portugiesischen Bank Novo Banco interessiert sein könnte, deren Mehrheitsaktionär einen Börsengang oder Verkauf plant. BPCE ist derzeit auf der iberischen Halbinsel im Privatkundengeschäft nicht wirklich präsent – abgesehen von Aktivitäten, die hauptsächlich mit Natixis verbunden sind. Crédit Agricole verhält sich mit den Kapitalerhöhungen bei der Banco BPM derzeit eher defensiv, könnte aber je nach Ausgang des Übernahmeangebots der UniCredit eine stärkere Beteiligung oder sogar die Rolle des weissen Ritters übernehmen. Es möge verlockend sein, Parallelen zu den unglücklichen Abenteuern französischer Banken im Ausland nach der Eurokrise zu ziehen, wie z. B. Emporiki in Griechenland für Crédit Agricole. «Wir glauben jedoch, dass die französischen Banken angesichts der aktuellen Turbulenzen in der europäischen Bankenlandschaft eher zurückhaltend agieren», schreibt Boudinet.
Obwohl M&A bei Banken im Trend liegen, könnten auch Asset Manager daran beteiligt sein. Denn eine Bank, die einen Asset Manager erwirbt, kann dies über ihre Versicherungstochter tun, was ihr eine vorteilhafte regulatorische Berücksichtigung ermöglicht (dies ist als «Dänischer Kompromiss» bekannt). Aus diesem Grund ist BNP Paribas dabei, über ihre Versicherungstochter Cardif mit AXA IM zu fusionieren. Das Gleiche gilt für die Banco BPM und ihr Übernahmeangebot für Anima. Betrachtet man auch die Gründung des Joint Ventures zwischen Generali und Natixis für ihre AM- Aktivitäten oder die Tatsache, dass die Allianz bereit ist, Allianz Global Investors ganz oder teilweise zu verkaufen, bestehe kein Zweifel daran, dass die Asset-Management- Aktivitäten im Mittelpunkt künftiger M&A-Bewegungen der europäischen Banken stehen werden.