04.04.2024, 12:40 Uhr
Per 1. April hat J.P. Morgan Asset Management Hermann Pfeifer zum Leiter für Deutschland, Österreich, Zentral- und Osteuropa sowie Griechenland ernannt. Er wird an Christoph Bergweiler berichten, der vor einem Jahr...
Die US-Aktienexpertin Susan Bao teilt nicht die Sorge vieler Anleger, dass dem Zyklus die Luft ausgehen könnte. Im Gespräch erläutert die Portfoliomanagerin von J.P. Morgan Asset Management, dass ein guter Indikator das Trendwachstum sei, welches weiterhin aufwärts strebt.
Frau Bao, weshalb schliessen Sie sich nicht der Meinung vieler Anleger an, dass sich die Zeit der steigenden US-Aktienmärkte langsam dem Ende neigt?
Susan Bao: Die anhaltend starke US-Rally veranlasst viele Anleger, sich über Spekulationsblasen Sorgen zu machen. Ein solch negatives Sentiment der Investoren ist nicht untypisch für den aktuellen Zyklus, denn er glich einem Hindernislauf mit vielen Hürden. Die Rally verlief alles andere als reibungslos, doch der US-Aktienmarkt trotzte jedem Hindernis. Höhere Bewertungen von US-Aktien lassen nun die Frage aufkommen, die derzeit auch viele andere Anleger umtreibt: Ist es mittlerweile zu spät, in US-Aktien zu investieren? Meinens Erachtens weist die Rally nach wie vor gute Ertragsmöglichkeiten auf. In den letzten zwölf Monaten warteten viele Anleger in der Hoffnung auf günstigere Einstiegspunkte eine weitere Korrektur ab. Wenn wir aber in der letzten Zeit etwas gelernt haben, dann dass es sinnvoller ist, sich auf das Trendwachstum zu fokussieren. Und der Trend deutet weiter nach oben.
Welche Fundamentaldaten sprechen denn für weiteres Aufwärtspotenzial bei den Bewertungen?
Die absolute Bewertung des S&P 500 Index weist auf ein Forward-KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von 16,1% hin. Momentan befinden sich die Bewertungen von US-Aktien genau auf diesem Niveau. Die Bewertungen sind somit keineswegs auf extremen Niveaus. Wenn man die Bewertung als Pendel sieht, das von einer Seite zur anderen ausschlägt, so lässt sich sagen, dass wir uns gerade am Mittelpunkt befinden. Und das Pendel sollte sich weiterhin in eine positive Richtung bewegen, solange drei wesentliche Faktoren für höhere Kurse an den Märkten Bestand haben:
Erstens, ein Umfeld mit niedrigen Realzinsen. Wir haben in der Vergangenheit niedrige Inflationsraten gesehen, wodurch es zu negativen Realzinsen gekommen ist. Obgleich erwartet wird, dass die US-Notenbank die Zinsen in diesem und im nächsten Jahr schneller anheben dürfte, bleiben die Zinsen weiterhin eine Unterstützung.
Zweitens sollte das Gewinnwachstum beachtet werden. Die Gewinnrendite im S&P 500 Index liegt bei 6.2%. Im Vergleich zu anderen Anlageklassen ist dies ein relativ guter Wert, und diese Rendite dürfte noch weiter steigen. Die letzte Gewinnsaison verhalf der spätzyklischen Hausse wieder zu mehr Schubkraft. Auch künftig dürfte das Gewinnwachstum die Kurse antreiben.
Drittens stirbt eine Hausse stirbt nicht an Altersschwäche. Historisch liefert die Dauer einer Hausse keinen Hinweis auf Abverkäufe an den Märkten. Die meisten Bullenmärkte enden mit dem Beginn einer Rezession. Während also sprunghafte Zinsanstiege oder Rohstoffschocks für wesentliche Verluste an den Märkten verantwortlich sein können, ist nicht das Alter des Zyklus dafür heranzuziehen.
Reden wir über das "R"-Wort, vor dem sich die Anleger so sehr fürchten: Steht eine Rezession ins Haus?
Im Durchschnitt dauern Expansionen 47 Monate an. Je länger der aktuelle Zyklus fortschreitet, desto öfter wird ein Ende prognostiziert. Doch wie gesagt stirbt ein Bullenmarkt nicht am Alter, und in der Regel bedarf es einer Rezession, damit dieser zu Ende geht. Angesichts starker wirtschaftlicher Fundamentaldaten lassen sich derzeit keinerlei Anzeichen dafür ausmachen.
Nach unserem Dafürhalten deutet vieles auf eine Fortsetzung der aktuellen wirtschaftlichen Rally für mindestens weitere 18 bis 24 Monate hin. Unser Rezessions-Barometer hilft uns dabei, eine Rezession zu prognostizieren. Momentan steht die Mehrheit unserer Signale eindeutig auf grün. Wir befinden uns also nach wie vor auf festem Terrain und es gibt keinerlei Hinweise, die diese grosse Angst vor dem "R"-Wort stützen.
Wie lauten Ihre Erwartungen für die Unternehmensgewinne?
Wann immer wir über Informationen wie Gewinne sprechen, verfolgen wir überwiegend einen Bottom-up-Ansatz, schauen also auf die Einzeltitel. Allerdings gilt es auch, den makroökonomischen Sachverhalten Aufmerksamkeit zu schenken.
Der US-Dollar hat sich zu Beginn des Jahres abgeschwächt, was US-Unternehmen Rückenwind bescheren wird. Mehr als 40 % der Gewinne der Unternehmen im S&P 500 Index werden im Ausland erzielt. Ein schwächerer US-Dollar kommt somit den Gewinndaten zugute. Allerdings ist der US-Dollar wieder moderat angestiegen, aber im historischen Kontext nach wie vor auf einem niedrigen Niveau. Wir glauben daher, dass der US-Dollar nach wie vor als Rückenwind für US-Unternehmensgewinne dienen kann.
Der Energiesektor leistete im S&P 500 Index seit jeher einen starken Gewinnbeitrag. Mit dem Einbruch des Ölpreises im Jahr 2014 und seiner anhaltenden Schwäche bis in das Jahr 2016 wies der Energiesektor in diesem Zeitraum ein negatives Gewinnwachstum auf und schmälerte in den letzten zwei Jahren das Gewinnwachstum im S&P 500 Index. Das Jahr 2017 brachte leicht höhere Ölpreise mit sich, die sich allerdings nach wie vor deutlich unterhalb ihres 5-Jahres-Durchschnitts befanden. Selbst unter der Annahme, dass Öl auf diesem niedrigen Niveau verharrt, prognostizieren wir in den nächsten Quartalen für den Energiesektor ein positives Gewinnwachstum.
Wie ermitteln Sie diese Werte?
Unsere Beurteilungen auf Einzeltitelebene werden von einem Aktien-Researchteam mit über 20 Analysten erarbeitet. Sie sind überzeugt, dass die Gewinne der Unternehmen im S&P 500 im nächsten Jahr steigen werden. Die Vergleichsdaten zum Vorjahr werden schwieriger sein, aber die Steuerreform sollte dem aktuellen spätzyklischen Wachstumsumfeld Rückenwind verleihen. Die Auswirkungen der Handelspolitik, der Geldpolitik der US-Notenbank und der Arbeitskräfteverknappung werden die Anlegerstimmung wesentlich beeinflussen und für weiterhin erhöhte Volatilitätsniveaus sorgen, wie wir sie in den letzten Monaten beobachten konnten.
Aktuell belaufen sich die Schätzungen unserer Analysten für die Gewinne der Unternehmen im S&P 500 im Jahr 2018 auf 157,2 USD je Aktie. Diese Schätzungen erfolgen vorbehaltlich etwaiger Korrekturen. Allerdings repräsentieren sie einen Zuwachs gegenüber 2017 von 21 %, was einem Wachstum der zugrunde liegenden Gewinne von rund 15 % gleichkommt, während rund 6 % den Steuersenkungen und der Arbeitsmarktreform geschuldet sein dürften.
Trotz der Volatilität und Unsicherheit an den Märkten entsprechen die aktuellen KGVs beinahe dem langfristigen Durchschnitt und werden von den Erwartungen zum Wachstum der zugrunde liegenden Gewinne sowie dem Niedrigzinsumfeld getragen. Wir können kein wesentliches Risiko für eine baldige Rezession erkennen, behalten aber potenzielle Risiken im Auge, die sich für die US-Aktienmärkte als Gegenwind erweisen könnten. Die Verabschiedung der Steuerreform beseitigte ein Marktrisiko. Allerdings erfordern Aktieninvestments in der aktuellen Zyklusphase aktive Flexibilität, da die Auswirkungen der Steuerreform, Handelspolitik, Inflation und steigende Zinsen, zu Umschichtungen auf Sektorebene und in Anlagestilen führen könnten.
Auf welche Sektoren sollten sich US-Aktienanleger konzentrieren?
Das Wachstumspotenzial unterscheidet sich stark je nach Sektor und erfordert einen aktiven Ansatz für Investments in US-Aktien. Ein wichtiger Sektor ist die Finanzbranche, wo wir von einem starken Beitrag dank eines soliden Gewinnwachstums ausgehen. Der Finanzsektor dürfte von steigenden Zinsen profitieren, die zu höheren Nettozinsmargen führen sollten. Zudem halten wir an unserer positiven Sichtweise des Mediensektors fest, der über attraktive Ertragskraft und angemessene Bewertungen verfügt. Auch unsere negative Einstellung gegenüber Basiskonsumgütertiteln, REITs und Versorgern bleibt unverändert, da hier die Umsätze zusehends unter Druck geraten und die Bewertungen ausgereizt sind.