Europäische Unternehmensanleihen: Ein Emittentenmarkt

„Die Renditen sind recht niedrig. Die Qualität der Neuemissionen geht zurück, und neue Kapitalinstrumente sorgen für neue Risiken, die nicht leicht zu verstehen sind“, meint Paul Read, Co-Head of Fixed Interest Team bei Invesco.

23.05.2014, 09:46 Uhr

Redaktion: dab

Gestützt durch die Nachfrage nach höher rentierlichen Anlagen im Niedrigzinsumfeld sind die Renditen und Spreads europäischer Unternehmensanleihen auf Allzeittiefs gefallen oder haben diese sogar unterschritten. Das reduziert das Potenzial für eine weitere Spreadverengung in der Zukunft. Zugleich hat die hohe Anlegernachfrage zur Auflegung neuartiger Fremdkapitalinstrumente und veränderten Strukturen von Anleiheemissionen geführt – oft zum Nachteil der Investoren, meint Paul Read, Co-Head of Fixed Interest Team bei Invesco Perpetual, der den europäischen Unternehmensanleihenmarkt für die neueste Ausgabe der Invesco-Publikation Risk & Reward analysiert hat. Da die einzelwertspezifischen Besonderheiten in einem schwierigeren Marktumfeld für eine grössere Streuung der Erträge sorgen dürften, spricht seiner Meinung nach alles für einen umsichtigen Investmentansatz und eine sorgfältige Fundamentalanalyse.

So habe die anhaltend hohe Nachfrage, die die Bewertungen in allen Segmenten des Anleihenmarktes gestützt hat, zu einem Umfeld geführt, das gut für Emittenten, aber nicht für Investoren ist. „Die Renditen sind recht niedrig. Die Qualität der Neuemissionen geht zurück, und neue Kapitalinstrumente sorgen für neue Risiken, die nicht leicht zu verstehen sind“, sagt Read. „Unserer Ansicht nach gibt es noch immer attraktiv bewertete Titel, doch halten wir es im derzeitigen Umfeld auch für sinnvoll, Kasse zu halten und es bei der Jagd nach Rendite nicht zu übertreiben. Die Bewertungen der einzelnen Instrumente könnten in Zukunft wesentlich differenzierter ausfallen – wenn nämlich die aktuelle Dynamik nachlässt und die Investoren den Fundamentalwert jedes Einzeltitels genau untersuchen müssen, um die attraktivsten Papiere zu finden.“

Wie Read hervorhebt, sind bei Neuemissionen neben niedrigeren Coupons einige weitere Entwicklungen zu beobachten, die Anleihen attraktiver für Emittenten und weniger attraktiv für ihre Gläubiger machen. Zum einen werde die „Call Protection“, also der Zeitraum zwischen der Emission und der ersten Möglichkeit einer vorzeitigen Rückzahlung, kürzer. Ausserdem sei ein erheblicher Anstieg des Anteils von Papieren mit B Rating (gegenüber BB) zu beobachten sowie ein wachsender Anteil von Hochzinsanleihen, die zu weniger gläubigerfreundlichen Zwecken ausgegeben werden, etwa für fremdfinanzierte Übernahmen (Leveraged Buyouts) oder zur Zahlung von Dividenden. Zugleich begeben viele Investment-Grade-Emittenten vermehrt Hybridinstrumente, bei denen der Emittent zumeist Couponzahlungen auslassen kann, ohne dass dies als Zahlungsausfall gewertet wird.

Besonderen Bedarf für eine gründliche Fundamentalanalyse sieht Read bei den Emissionen der Finanzinstitute, die hinter der jüngsten Emissionswelle stehen. Diese Instrumente werden emittiert, um eine Vielzahl von Kapitalanforderungen in unterschiedlichen Rechtsräumen mit unterschiedlichen, neuen Vorschriften zu erfüllen. Read zufolge führen diese Vielfalt der im Nachgang der Krise emittierten Bankkapitalinstrumente und die Besonderheiten der emittierenden Banken zu unterschiedlichen Risiken, die sich mit einem einfachen Standardansatz oft nicht bewerten lassen, sondern gründliche Fundamentalanalysen erfordern, um die besten Anlagechancen zu identifizieren.

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