Euro-Peripherie: "Kein zweites Griechenland in Sicht"

Bild: Hiero/pixelio
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Nach Ansicht von Enzo Puntillo, Anleihenexperte bei GAM, ist in den von der Schuldenkrise ebenfalls tangierten anderen Staaten der Euro-Peripherie „kein zweites Griechenland in Sicht.“ Zum einen weisen keine Peripheriestaaten ähnliche Symptome auf, zum anderen verfügt die EZB über ein grosses Arsenal an Schutzmassnahmen - selbst Italien sei kein Grund zur Besorgnis.

14.07.2015, 11:31 Uhr

Redaktion: ce

Nach dem vorläufigen Ende der Verhandlungen mit Griechenland scheinen die Krisensorgen in Europa deutlich abzunehmen. Denn nach Ansicht von Enzo Puntillo, Anleihenexperte bei GAM, ist in den von der Schuldenkrise ebenfalls tangierten anderen Staaten der Euro-Peripherie "kein zweites Griechenland in Sicht." Die zähen Verhandlungen über die griechischen Schulden hatten zuletzt in Anlegerkreisen auch die Frage aufgeworfen, wie gross die Ansteckungsgefahr besonders für die übrigen sogenannten PIIGS-Staaten der Euro-Zone ist, sprich neben Griechenland Portugal, Italien, Irland und Spanien. "Ursprünglich basierte diese Zuordnung auf sehr wenigen Punkten, nämlich dem Schuldenniveau und den Leistungsbilanzdefiziten. Dabei wurde vernachlässigt, dass die Länder wirtschaftlich sehr unterschiedlich aufgestellt sind", erklärt Puntillo.

Für ihn ist die Frage nach der Ansteckungsgefahr daher unbegründet: "Anders als in Griechenland, das mit allen Symptomen einer ausgewachsenen Schuldenkrise kämpft, ist in den übrigen Peripherie-Staaten davon kaum etwas zu spüren." Diese Länder hätten in den vergangenen Jahren sehr viel dafür getan, ihre Haushalts- und Leistungsbilanzdefizite zu senken. Griechenland hingegen habe zwar gewisse Schritte eingeleitet, sei jedoch nicht ausreichend weit gegangen, um die Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen.

"Die EZB will weiterhin alles unternehmen, um die Stabilität des Euroraums zu gewährleisten. Dazu gehört auch, das Ansteckungspotential der Griechenlandkrise zu begrenzen", so der Investmentexperte weiter. Zudem verfüge die Zentralbank unterdessen über ein grösseres Arsenal an Schutzmassnahmen, unter anderem die quantitative geldpolitische Lockerung und das Programm zum gezielten Aufkauf von Staatsanleihen (OMT). Risiken aus Kapitalmarktwetten gegen Peripherie-Anleihen seien auch nicht mehr vorhanden, denn sonst hätte es mit der fortschreitenden Krise in Griechenland bereits massenhafte Eindeckungen von Positionen gegeben.

Keine Ansteckungsgefahr für Italien
Als Italien in die Gruppe der PIIGS einsortiert wurde, hatte das Land keine deutlich gestiegenen Schulden, und sein Leistungs- und Haushaltsdefizit sei keineswegs extrem gewesen. "Die italienische und die griechische Wirtschaft unterscheiden sich weiterhin sehr deutlich, und wir sehen keine Ansteckungsgefahr für Italien", prognostiziert Puntillo.

Die italienischen Schulden seien überwiegend über den heimischen Privatsektor finanziert, während Griechenland vor allem ausländische Gläubiger hat. "Kaum eine Privatwirtschaft der Welt ist reicher als die italienische, nicht einmal Deutschland kann hier mithalten", sagt derInvestmentexperte. Italien könne es sich nicht leisten, Schulden gegenüber den eigenen Haushalten nicht zu bedienen, jeder Schritt in diese Richtung wäre politischer Selbstmord. Daneben verfüge Italien über einen sehr starken Exportmarkt unter anderem im Luxus-, Maschinenbau-, Automobil- und Pharmasegment und sei damit gegenüber Griechenland deutlich anders positioniert.

"Natürlich bleibt auch in Italien noch einiges zu tun - so muss etwa die Regierung den Arbeitsmarkt flexibilisieren, um mehr Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen, und gleichzeitig mehr Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit von Frauen schaffen. Aber die Wirtschaft hat viel zu bieten, und es besteht kein Grund für Anleger, demnächst in Italien griechische Verhältnisse zu fürchten", schlussfolgert Puntillo.

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