27.08.2019, 09:01 Uhr
Bei der jüngsten Korrektur der Aktienmärkte handelte es sich laut Beat Thoma von Fisch Asset Management um eine technische Marktreaktion. Sie sei nicht aufgrund fundamentaler Daten ausgelöst worden.
Die hohe Inflation und die steigende Arbeitslosigkeit haben die Situation in Brasilien seit Ende Juli massiv verschlechtert, erklärt Hannes Boller, Portfoliomanager von Fisch Asset Management.
Heute hat die Ratingagentur Standard &Poors Brasilien von BBB- auf BB+ runtergestuft und gleichzeitig mit einem negativen Outlook versehen. Als Gründe für den Downgrade nennt S&P insbesondere die politische Situation sowie das strapazierte Fiskal-Budget. Weitere Faktoren sind die Korruptionsaffären, die negative Koalitions-Dynamik in der Regierung sowie die Untätigkeit in Bezug auf strukturelle Reformen. Der Rising Star der letzten Dekade konnte sich also lediglich sieben Jahre lang im Investment Grade Segment halten.
Brasilien ist nun von den drei grossen Agenturen wie folgt eingestuft:
Moodys hat das Rating gerade erst im August runtergestuft und wird vermutlich kurzfristig nicht nochmals nach unten korrigieren. Von Fitch hingegen ist seit dem Upgrade im 2011 wohl eher ein Downgrade in der nahen Zukunft zu erwarten. Das heisst, dass das Land kurzfristig vermutlich von zwei Agenturen im Investment-Grade-Segment verbleibt und ein grösserer Verkaufsdruck vorerst vermieden werden kann.
Anders sieht es in der Welt der Unternehmensanleihen aus. Staatsnahe Unternehmen werden von S&P in den nächsten Tagen runtergestuft. Dazu gehören mit grosser Wahrscheinlichkeit Petrobras, Votorantim, Braskem oder Eletrobas. Mit kleinerer Wahrscheinlichkeit könnten auch folgende Namen zurückgestuft werden: Vale, Brasil Foods, Embraer oder Odebrecht. Hannes Boller, Portfoliomanager von Fisch Asset Management, erläutert, welchen Einfluss dies auf sein Portfolio hat: In unserem Emerging Markets Corporate Defensive Fund haben wir total ca. 1% Gewichtung in Brasilien, namentlich Brasil Foods und Embraer. Die Anleihen beider Emittenten sind aktuell von S&P mit BBB eingestuft und würden bei einem 1-Notch-Downgrade nach wie vor im Investment Grade Segment bleiben. Wir haben uns in der Titelselektion bewusst für diese beiden Emittenten entschieden, weil sie fundamental robust aufgestellt sind, global operieren und deshalb weniger vom Staat abhängig sind und von der Währungsabwertung profitieren. Zudem haben sie als BBB-Anleihen einen Rating-Puffer.Wir halten lediglich einen Viertel des Benchmark-Gewichts und sind von dieser strategischen Untergewichtung überzeugt.
Situation hat sich verschlechtert
Auch bei den Finanztiteln könnte eine Welle von Downgrades erfolgen. S&P wird mit grosser Wahrscheinlichkeit folgende Banken in den High-Yield-Bereich runterstufen: Banco do Brasil, Banco Votorantim, BNDES, Bradesco, BTG Pactual, CAIXA Economica, Banco Daycoval und Banco Industrial e Comercial.
Die Situation hat sich in den letzten Monaten verschlechtert. Noch zu Jahresbeginn hat die brasilianische Regierung ein Budget-Überschuss für 2015 von +2% prognostiziert. Letzten Monat wurde dieses Ziel auf defizitäre -0.5% reduziert und auch für 2016 wird ein Defizit erwartet. Brasiliens Inflation ist mit knapp 10% so hoch wie seit 12 Jahren nicht mehr und die Arbeitslosigkeit steigt rasant an. Die Staatsverschuldung steht beinahe bei 70% des BIPs und der Real ist mit -30% global die schwächste Emerging Market Währung im laufenden Jahr. Dementsprechend reagiert auch der Markt: die Kreditversicherung von 5-jährigen Staatsanleihen kostet mit knapp 4% fast so viel wie zum Höhepunkt der Finanzkrise.
Die Frage ist nun, ob dieser Junk-Downgrade von der Regierung als Schuss vor den Bug wahrgenommen wird und daraufhin die so nötigen strukturellen Reformen angepackt werden. Möglichkeiten zur Sanierung des Staatshausaltes können von zwei Seiten geschehen, entweder über eine Reduktion der Ausgaben oder über Steuer-Erhöhungen. Die Regierung mit Dilma Rousseff an der Spitze wird von der Bevölkerung nicht unterstützt, was sich in einer historisch sehr tiefen Approval Rate von lediglich 8% spiegelt. Es kursieren Gerüchte, dass der vor wenigen Monaten neu ernannte Finanzminister Levy seinen Job bereits wieder an den Nagel hängen wird. Die Konsequenzen wären fatal.