19.12.2024, 09:13 Uhr
Die US-Notenbank senkt die Zinsen wie erwartet. Für 2025 rechnet sie nur noch mit halb so vielen Schritten wie bisher. Unter anderem verwirren die unterschiedlichen Aussichten zum Arbeitsmarkt.
Mit Blick auf die kommenden Monate hält das Strategieteam von DJE mehr Vorsicht für angebracht. «Zwar sollten die Zinsen nicht weiter steigen, aber das Zinsniveau dürfte länger hoch bleiben als der Markt erwartet», heisst es im jüngsten Ausblick.
Viele Börsen haben sich in den ersten vier Monaten des Jahres 2023 gut entwickelt. «Die nächsten Monate könnten nun herausfordernder werden», glaubt man bei DJE. Der Saisonrhythmus von Mai bis Oktober sei oft nicht einfach, und die monetäre Situation derzeit unverändert als schwierig einzustufen. Zwar sei nicht mehr mit Zinsanhebungen zu rechnen. «Aber mit Blick auf das zweite Halbjahr erscheinen uns die Erwartungen des Marktes, es könne Zinssenkungen geben, zu optimistisch. Dafür ist die Kerninflation noch immer zu hoch und dürfte auch nur langsam zurückgehen», schreibt das Strategieteam von DJE. Zudem sei die Kreditvergabe der Banken rückläufig, was die wirtschaftliche Entwicklung bremsen werde. «Regional sehen wir Chancen in Asien, vor allem in China und Japan. Ausserdem halten wir das Chance-Risiko-Verhältnis von Anleihen mit ansprechender Verzinsung weiterhin für attraktiv», so das Fazit.
US-Notenbankpräsident Jerome Powell glaubt weiter an ein «soft landing» der US-Wirtschaft und nicht an eine Rezession. «Wir sind nicht so optimistisch und halten es aktuell für unwahrscheinlich, dass eine Rezession in den USA komplett vermieden werden kann», heisst es bei DJE. Ein Risikofaktor bleibe gewerbliche Immobilienkredite, vor allem für die US-Regionalbanken. Probleme im Bankensektor und eine nachlassende Inflationsdynamik dürften dazu führen, dass nun das Ende des US-Zinserhöhungszyklus naht. «Diese Entwicklung begünstigt den Technologiesektor. Dieser ist unserer Einschätzung nach absolut und gegenüber der eigenen Historie nicht zu hoch bewertet, wohl aber hoch bewertet im Vergleich zu anderen Sektoren.»
Auch in Deutschland steigen laut DJE die Konjunkturrisiken. Gefahr drohe nicht zuletzt vom Immobilienmarkt: Einige Immobilienfirmen könnten in Schwierigkeiten geraten und damit dann auch Druck auf den Bankensektor ausüben. Die Kreditvergabe der Banken werde sich verschlechtern, sowohl in den USA als auch in Europa. Mittelfristig dürfte dies zu schwächeren Frühindikatoren und zu nachlassenden Gewinnen in einigen Sektoren führen. Ein anderer Sektor dagegen sei in Deutschland und Europa strukturell interessant: Versorger. Die Strompreise sind in Deutschland bei weitem nicht wieder so stark zurückgekommen wie beispielsweise die Gaspreise.
«Mit Blick auf 2024 erscheinen uns viele aktuelle Wachstumsprognosen zu optimistisch: In den aktuellen Prognosen sind die Verzögerungen, mit der die restriktivere Geldpolitik wirksam wird, noch nicht eingepreist», schreibt das Strategieteam.
Chancen sehe man derzeit in China: «Dort entwickelt sich vor allem der Service-/Reise-Sektor sehr gut. Im Immobilienmarkt stabilisiert sich die Situation, und die Preise steigen in vielen Städten/Regionen bereits wieder. Es dürfte jedoch noch etwas dauern, bis sich die Belebung des chinesischen Immobilienmarkts auch positiv auf die Rohstoffnachfrage auswirken wird. Darüber hinaus entwickeln sich chinesischen Banken aktuell relativ gut.»
Die US-Gesamt-Inflation sollte in den kommenden Monaten weiter rückläufig sein. Auch in der Eurozone dürfte die Gesamtinflation energiepreisgetrieben fallen. Dagegen dürfte die Kerninflation (ohne Energie und Nahrung) langsamer zurückgehen. «Aufgrund der insgesamt weiter hohen Kerninflation erscheinen schnelle Zinssenkungen unrealistisch. Weitere Zinserhöhungen sind in den USA aber ebenfalls unwahrscheinlich.»
Generell sehe der Markt die Zinsentwicklung wesentlich optimistischer als die Mitglieder des US-Offen-Markt-Ausschusses (FOMC) der Zentralbank. «Die Zinsen könnten länger hoch bleiben als heute vom Markt erwartet», glaubt DJE.
«Bei Anleihen bleiben wir vorerst weiter bei einer tendenziell eher kurzen Duration. Bei den 10jährigen US-Staatsanleihen scheint viel eingepreist (deutlich unter FED-Funds), dagegen erscheint das Zinsniveau deutscher 10-jähriger mit 2,25% relativ unattraktiv. Anleihen mit einer Laufzeit von zwei bis vier Jahren sind unserer Meinung nach interessanter», folgern die Experten.
Die aktuelle Markttechnik wirke weiterhin unterstützend für die Börsen, heisst es weiter. Es herrsche kein zu grosser Optimismus an den Märkten, und es gebe hohe Short-Positionen auf den breiten US-Aktienindex S&P 500. «Das ist positiv, da die Stimmung bei möglichen schlechten Nachrichten weniger stark in Enttäuschung umschlagen dürfte. In diesem Zusammenhang ist der stark ausgeprägte Pessimismus bei Anlegerumfragen der AAI (Association of American Individual Investors) in den USA ein antizyklisch positives Kaufsignal. Im Gegensatz zum Vormonat tritt der Saisonrhythmus nun allerdings in eine schwierigere Periode ein. Es fehlt an Marktbreite: In diesem Jahr wurden beziehungsweise werden die Aufwärtsbewegungen der Börsen in den USA und Europa von nur wenigen grossen Titeln getragen. Zudem ist die Volatilität niedrig», schreiben die Strategen von DJE.