Abschwung auf breiter Front

10.12.2008, 15:34 Uhr

Dexia Asset Management schliesst eine längere Stagnationsphase der US-Wirtschaft trotz Massnahmenpaket der Regierung nicht aus. Auch für den Euroraum sind die Aussichten nicht viel besser. Sollten die Regierungen keine Impulsprogramme lancieren, ist Europa vom Aufschwung der anderen Länder abhängig.

Schon seit über einem Jahr befindet sich das Finanzsystem in einem Entschuldungsprozess. Nach dem Konkurs von Lehman Brothers im September ging eine regelrechte Schockwelle durch die Märkte. Die markant verstärkte Risikoaversion schlug auch auf die Devisenmärkte und die meisten Schwellenländer durch. Nachdem sich die Währungsbehörden vorerst damit befassten, ein Symptom der Krise – die Liquiditätsverknappung – zu bekämpfen, mussten sie in der Folge zu stärkeren Mitteln greifen: Versorgung der Banken mit Eigenkapital, Bereitstellen von Sicherheiten für Passivposten und Übernahme von Privatschulden. Trotzdem wurde durch das unvermittelte Einfrieren der Kreditmärkte die Realwirtschaft gelähmt. Eine Rezession wird nun Tatsache. Es bleibt die Frage, wie stark und wie lange sie sein wird.

In den USA brechen allmählich auch die letzten Stützen der Wirtschaftstätigkeit zusammen. Die deutliche Verschlechterung der Weltwirtschaftslage belastet den amerikanischen Aussenhandel. Auch bei den Infrastrukturinvestitionen, die sich bislang gut hielten, machen sich Anzeichen einer Abschwächung bemerkbar. Der Entscheid, die Government Sponsored Enterprises (GSE) unter staatliche Aufsicht zu stellen, hat nicht die erhoffte Wirkung gezeigt. Die Refinanzierungskosten der GSE und folglich die Kosten für Hypothekarkredite sanken nicht, weil das US-Schatzamt keine explizite Garantie für die Verbindlichkeiten der GSE übernommen hat. Der Wohnimmobilienmarkt hat sich deshalb noch immer nicht stabilisiert und das Konsumentenvertrauen schwindet zusehends. Infolge der schlechten Arbeitsmarktlage und der verschärften Kreditbedingungen lässt der Konsum trotz der markant tieferen Benzinpreise nach.

Für die Unternehmen wird es immer schwieriger, sich an den Märkten zu finanzieren. Auch wenn die Banken vorläufig noch eine gewisse Bereitschaft zur Kreditvergabe zeigen, dürften auch die Investitionen in Ausrüstungsgüter allmählich nachlassen.

Im vierten Quartal ist mit einem signifikanten BIP-Rückgang zu rechnen. Das Expertenteam um Barack Obama ist offenbar bereit, sich energisch für die Vermeidung einer Deflationsspirale einzusetzen. Das für die kommenden zwei Jahre verabschiedete Rettungspaket von 700 Milliarden Dollar verhindert möglicherweise eine weitere Verlangsamung der Wirtschaft im nächsten Jahr. Angesichts des jüngsten Schocks und der Finanzkrise ist aber eine längere Stagnationsphase nach dem japanischen Muster bei weitem nicht auszuschliessen.

In der Eurozone wiesen die Frühindikatoren schon vor dem Schock im September nach unten. Wie in den USA kämpften auch in Europa die Haushalte mit einer starken Inflation. Zudem litten sie unter der schlechten Lage auf dem Arbeitsmarkt.

Angesichts der weniger starken Auslastung der Produktionskapazitäten und der verschärften Kreditbedingungen zeigen sich die Unternehmen in ihren Investitionsentscheiden sehr zurückhaltend. Zwar dürfte die jüngste Abschwächung des Euro dem Aussenhandel neue Impulse verleihen, doch sie wird nicht ausreichen, um den Aktivitätsrückgang bei den EU-Handelspartnern wettzumachen. Dies trifft umso mehr zu, weil die Wirtschaftslage in den zentral- und osteuropäischen Ländern (20% der EU-Exportmärkte) sehr angespannt ist.

In Anbetracht des Konjunkturabschwungs und der nachlassenden Inflation wird die EZB ihre Leitzinsen weiter senken. Ohne einen gesamteuropäischen Massnahmenplan zur Stützung der Wirtschaft, der umfangmässig mit den in den USA geplanten Massnahmen vergleichbar wäre, wird der Aufschwung der europäischen Wirtschaft einmal mehr von der Konjunkturentwicklung in den übrigen Ländern der Welt abhängen.

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