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Immobilienmarkt stützt US-Wirtschaft

Dr. Andreas Busch, Senior Analyst bei Bantleon
Dr. Andreas Busch, Senior Analyst bei Bantleon

Die USA sind zwar nicht über die Fiskalklippe gestürzt, aber jetzt müssen bis zum Jahresende nochmals 64 Milliarden US-Dollar quer über alle Budgets hinweg eingespart werden. Die wirtschaftlichen Folgen für die USA dürften jedoch begrenzt sein, meint Dr. Andreas Busch, Senior Analyst Economics des Anleihemanagers BANTLEON.

12.03.2013, 10:43 Uhr

Redaktion: fab

Die Wirtschaft scheint gewappnet zu sein, auch dieses Problem zu meistern. Zudem liefert der Immobilienmarkt immer mehr Impulse. Zugleich zwingt aber die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit – ungeachtet der gesunkenen Arbeitslosenquote fehlen derzeit immer noch etwa 11 Millionen Arbeitsplätze – die US-Notenbank Fed zu einer weiterhin expansiven Ausrichtung, weil der Arbeitsmarkt die Inflation als wichtigstes Ziel der Geldpolitik verdrängt hat.

Herr Dr. Busch, die USA sind zwar bislang nicht über die Fiskalklippe gestürzt, aber jetzt gibt es neue Ausgabenkürzungen. Mit welchen Auswirkungen auf die US-Wirtschaft ist zu rechnen?

Die Steuer- und Abgabenerhöhungen vom Jahresanfang wurden bislang recht gut verkraftet. Noch ist zwar nicht ganz klar, wie stark der private Konsum dadurch im 1. Quartal belastet wird. Einen deutlichen Einbruch – wie er zunächst zu befürchten war – wird es aber wohl nicht geben. Die nun hinzukommenden 64 Milliarden US-Dollar an staatlichen Ausgabenkürzungen, die quer über alle Budgets hinweg eingespart werden müssen, dürften ebenfalls nur wenige Bremsspuren hinterlassen. Zum einen werden die Kürzungen erst nach und nach umgesetzt – von einer neuen fiskalischen Klippe kann deshalb nicht gesprochen werden. Zum anderen konnten sich Unternehmen und Verbraucher seit geraumer Zeit auf den Tag X einstellen. Wie die robusten Einkaufsmanager- und Verbrauchervertrauensumfragen zeigen, ist die Wirtschaft offensichtlich gewappnet, auch dieses Problem zu meistern. Die zentralen Probleme der ausufernden Staatsverschuldung bleiben allerdings ungelöst. So haben die USA ihr bisheriges Ziel der Schuldenstabilisierung nicht erreicht. Statt um 4000 Milliarden US-Dollar wird der Fehlbetrag nur um 1800 Milliarden US-Dollar reduziert. Zudem werden die ausufernden Gesundheitskosten nicht in Angriff genommen. Langfristig droht der Schuldenstand der USA auf mehr als 250 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigen. Mittelfristig werden auch die USA ihren Haushalt mit deutlichen Sparmassnahmen entlasten müssen. Das bedeutet, dass die Haushaltskonsolidierung das Wirtschaftswachstum der USA längere Zeit dämpfen wird.

Schieferöl wird als neues Heilmittel für die US-Wirtschaft bezeichnet. Was ist davon zu halten?

Die internationale Energieagentur geht davon aus, dass sich die USA in den nächsten Jahrzehnten mit der verstärkten Schieferöl-Förderung vom Energieimporteur zum Energieexporteur wandeln wird. Tatsächlich dürften die dann sinkenden Energiekosten die reale Kaufkraft der Verbraucher steigern und auch die Produktion energieintensiver Produkte anregen. Das Wirtschaftswachstum sollte entsprechend einen Schub erhalten. Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei den positiven Effekten dieser Innovation hauptsächlich um Preiseffekte und weniger um Technologieeffekte handelt, die weit in die Produktionsstrukturen der Volkswirtschaft diffundieren könnten – wie beispielsweise beim IT-Boom der 90er Jahre. Entsprechend sollten sich die wachstumsfördernden Wirkungen in Grenzen halten. Zudem handelt es sich bei den neuen Fördermethoden meines Erachtens um rückwärtsgewandte Innovationen, weil einmal mehr an der Ausbeutung fossiler Energieträger festgehalten wird, die aber eines Tages erschöpft sein werden. Von den möglichen Umweltproblemen der neuen Fördertechnik mal abgesehen.

Neben diesem eher längerfristigen Ausblick – welche positiven Impulse für die US-Wirtschaft erwarten Sie in diesem Jahr?

Deutliche Wachstumsimpulse für die US-Wirtschaft dürfte der Immobilienmarkt liefern, der das Wirtschaftswachstum von 2006 bis 2010 noch kräftig um durchschnittlich 0,7 Prozentpunkte gebremst hatte. Zuversichtlich stimmt uns dabei, dass der Angebotsüberhang inzwischen deutlich reduziert wurde, während die Nachfrage nach Wohnraum wieder anzieht: Aufgrund des Bevölkerungswachstums und des Ersatzes baufällig gewordener Häuser werden pro Jahr rund 1,3 Millionen neue Wohneinheiten gebraucht. Aktuell liegt die Zahl der Baugenehmigungen aber nur bei rund 900.000 – weitere Anstiege in den kommenden Quartalen mit den entsprechenden wachstumsfördernden Impulsen sind somit vorgezeichnet.

Und wie sieht es mit der Arbeitslosigkeit aus?

Die Arbeitslosenquote in den USA ist zwar seit 2010 von gut 10 Prozent unter 8 Prozent gesunken, aber dieser Rückgang ist nur teilweise auf neue Arbeitsplätze zurückzuführen. Ein Faktor, der den Rückgang der Arbeitslosenquote begünstigt hat, ist die Erhebungsmethode auf Basis einer Telefonumfrage. Wer auf die Frage »Haben Sie Arbeit« mit »nein« antwortet und gleichzeitig angibt, nicht aktiv nach einem Job zu suchen, weil er sich zum Beispiel fortbildet, wird nicht als arbeitslos erfasst. Das bedeutet, dass die stille Reserve fast spiegelbildlich mit dem Rückgang der Arbeitslosenzahl gewachsen ist. Wenn sich der Konjunkturaufschwung aber in den kommenden Quartalen festigt, wird ein grosser Teil dieser stillen Reserve wieder nach Arbeit suchen, was dazu führt, dass die Arbeitslosenquote zumindest langsamer als bislang sinkt oder sogar stagniert.

Welche Rolle spielt in diesem Umfeld die US-Notenbank Fed?

Die US-Notenbank Fed hat angekündigt, dass die Zinsen frühestens dann angehoben werden, wenn die Arbeitslosenquote unter 6,5 Prozent gesunken ist. Weil die Arbeitslosenquote in den nächsten Jahren aber langsamer als bisher abnehmen dürfte, bleibt der Leitzins entsprechend länger niedrig als gegenwärtig von vielen Marktteilnehmern erwartet. Wegen der Fokussierung der Geldpolitik auf den Arbeitsmarkt ist die Fed regelrecht zu einer expansiven Ausrichtung verdammt. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Notenbankbilanz verdreifacht – auf inzwischen 3000 Milliarden US-Dollar. In den nächsten Monaten wird sie weiter zulegen. Derzeit kauft die Fed pro Monat Anleihen im Volumen von 85 Milliarden US-Dollar, wovon 45 Milliarden auf Staatsanleihen entfallen. Wie gross der Einfluss der Fed auf den Staatsanleihenmarkt damit inzwischen geworden ist, zeigt sich unter anderem daran, dass die Fed gegenwärtig mehr als die Hälfte aller vom Finanzministerium emittierten Staatsanleihen kauft. Bei dieser Relation wundert es nicht, dass die Finanzmärkte mit Sorge dem Tag entgegenblicken, an dem die Fed ankündigen wird, das Volumen der Käufe zurückzufahren.

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