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Gute Daten aus China sind "bad news" für die Eurozone

Selbst wenn es paradox klingt: Die guten Zahlen aus China sind schlechte Nachrichten. Diese Ansicht vertritt Dr. Harald Preissler, Chefökonom von Bantleon in seinem neusten Kommentar.

19.04.2011

Redaktion: kab

Nicht der Wahlausgang in Finnland ist das entscheidende Thema für die Finanzmärkte, auch nicht der fehlende Nachschub an Elektronikkomponenten aus Japan. Richtungsweisend sind vielmehr die guten Wirtschaftsdaten aus China.

Gemäss den Zahlen des Statistische Bundesamtes Deutschland, lag die chinesische Wirtschaftsleistung in den ersten drei Monaten dieses Jahres preisbereinigt um 9,7 Prozent über dem Niveau des Vorjahres – im 4. Quartal 2010 hatte die Expansionsrate 9,8 Prozent betragen. Von einer Abschwächung kann man auf diesem hohen Niveau kaum sprechen. Mehr noch, das nominelle Wirtschaftswachstum, also reales Wachstum plus Inflation, hat sich von 17 auf 18 Prozent beschleunigt. Das ist derzeit Weltrekord. Warum das schlechte Nachrichten sind? Sie zeigen, dass die bisherigen Bemühungen der chinesische Zentralbank, über eine geldpolitisch induzierte Wachstumsabkühlung die Inflation zu dämpfen, nicht im Geringsten fruchten. Viermal hat die Peoples Bank of China in den vergangenen Monaten die Leitzinsen angehoben – in Trippelschritten von je 25 Basispunkten. Hinzu kommen etliche Erhöhungen der Mindestreservesätze auf mittlerweile 20,5 Prozent.

All das konnte jedoch nicht verhindern, dass sich das nominelle Wirtschaftswachstum weiter beschleunigt hat, was die Steigerungsrate der Lebenshaltungskosten auf den neuen 30-monatigen Höchststand von 5,4 Prozent trieb. Besonders übel aufstossen dürften den staatlichen Planern die nach wie vor überdurchschnittlichen Preisanstiege bei Mieten – 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr und zugleich ein langjähriger Höchststand – sowie bei Nahrungsmitteln (11,7 Prozent). Die gefühlte Inflation der Verbraucher ist deshalb deutlich höher als die offiziell ausgewiesene.

Dass die geldpolitischen Massnahmen bislang nicht gewirkt haben, ist nicht überraschend. Denn die Leitzinserhöhungen von 5,3 auf 6,3 Prozent sind angesichts des enormen Wachstumstempos, das sich im Mittel der vergangenen Jahre nominell zwischen 15 und 18 Prozent eingependelt hat, eine Farce. Die Kapitalkosten sind in China viel zu niedrig, Fehlallokationen im grossen Stil die Folge. Vor allem dann, wenn es zu positiven Rückkopplungen kommt: Wenn etwa chinesische Firmen in Erwartung steigender Rohstoffpreise Lagerbestände in Industriemetallen aufbauen, um diese als Sicherheit für Kredite zu verwenden. Mit diesen Tricks werden die strengen administrativen Kontrollen des Bankensystems ausgehebelt. Das weckt Erinnerungen an die Subprime-Krise in den USA. Die Planungsbehörden werden sich deshalb in Zukunft noch viel stärker darauf konzentrieren, das ausufernde Wachstum zu bändigen. Denn solange die Expansion im Reich der Mitte die Rohstoffpreise in die Höhe treibt, solange wird es bei den politisch sensiblen Verbraucherpreisen keine Entspannung geben.

Die Weltwirtschaft muss sich somit darauf einstellen, dass ihr Motor künftig weniger Leistung bringt als bisher. Für die exportabhängigen Kernländer der Eurozone sind das durchaus schlechte Nachrichten, denn die gesamte Wachstumsphantasie ist an die Erwartung stetig steigender Ausfuhren in die Schwellenländer gekoppelt. Den Investoren schwant offenkundig bereits, dass die Zeiten unruhiger werden – das zeigen die jüngsten Stimmungseintrübungen im Rahmen der Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und Sentix, der führenden deutschen Sentimentdatenbank für Investoren.

Nach Meinung von Harald Preissler ist es deshalb an der Zeit, im Rahmen der Asset Allocation die Abhängigkeit von positiven Wirtschaftsdaten zu verringern.

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