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Grosse Erleichterung über Brexit-Deal

Die EU und Grossbritannien haben sich nach zähen Verhandlungen doch noch auf einen Brexit-Deal geeinigt. (Bild: Shutterstock.com/lazyllama)
Die EU und Grossbritannien haben sich nach zähen Verhandlungen doch noch auf einen Brexit-Deal geeinigt. (Bild: Shutterstock.com/lazyllama)

Nach der historischen Einigung auf einen Handelspakt zwischen der EU und Grossbritannien herrscht auf beiden Seiten des Ärmelkanals grosse Erleichterung. Jetzt prüfen die EU-Mitgliedstaaten den Vertrag und Brüssel trifft Vorbereitungen für eine vorläufige Anwendung des Heiligabend-Deals ab Januar.

26.12.2020, 11:31 Uhr

Redaktion: rem

Die EU und Grossbritannien hatten sich am Donnerstag nach langwierigen Verhandlungen auf einen Handelspakt geeinigt. Der Vertrag soll die Beziehungen beider Seiten von Januar 2021 an neu regeln. Wichtigster Punkt ist, Zölle zu vermeiden, unbegrenzten Handel in beide Richtungen zu erlauben und Reibungsverluste so weit wie möglich zu begrenzen. Aber auch etliche andere Punkte wie die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen oder die Teilnahme an Forschungsprogrammen werden geregelt.

Wie die Nachrichtenagentur AWP berichtet, informierte EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Freitag die Botschafter der 27 EU-Staaten über das Ergebnis der monatelangen und zähen Verhandlungen. Die EU-Mitgliedstaaten würden die 1'246 Seiten nun prüfen und "diese gewaltige Aufgabe in den kommenden Tagen fortsetzen", schrieb ein Sprecher der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am Freitag auf Twitter. Weil Deutschland derzeit turnusgemäss den Vorsitz der EU-Staaten innehat, hatte es kurzfristig eine Botschaftersitzung angesetzt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits am Donnerstag zugesagt, den Text nun zügig zu prüfen. Das Bundeskabinett werde sich am Montag telefonisch über die deutsche Position verständigen. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier ein gutes Resultat vorliegen haben", sagte sie.

Keine Zeit mehr für Ratifizierung im 2020

Da das Abkommen nur acht Tage vor Ablauf der Übergangsfrist zustande kam, bleibt für eine Ratifizierung durch das Europaparlament allerdings keine Zeit mehr. Deshalb kann der Vertrag zunächst nur vorläufig angewendet werden. Dafür braucht es jedoch noch die Zustimmung der 27 EU-Staaten. Die EU-Botschafter werden in den kommenden Tagen darüber abstimmen. Das nächste Treffen ist für Montag angesetzt. Das EU-Parlament soll das Abkommen dann nachträglich im Januar prüfen. Die EU-Botschafter hätten am Freitag einstimmig beschlossen, einen Brief an das Europaparlament zu schicken, der die Notwendigkeit dieses aussergewöhnlichen Schritts darlegt, sagte ein EU-Diplomat nach dem Treffen am Freitag.

In Grossbritannien soll sich das Parlament am 30. Dezember mit dem Vertrag befassen. Zeit für eine eingehende Prüfung bleibt dadurch kaum. Eine Rebellion seiner Brexit-Hardliner muss Johnson laut AWP nicht fürchten: Er verfügt über eine satte Mehrheit im Parlament und die oppositionelle Labour-Partei kündigte an, ebenfalls für das Vertragswerk zu stimmen. Selbst der Chef der Brexit-Partei, Nigel Farage, der bislang mit Argusaugen auf den aus seiner Sicht korrekten Vollzug des EU-Austritts geachtet hatte, gab dem Abkommen seinen Segen: Es sei zwar nicht perfekt, "aber im Grossen und Ganzen ist der Krieg vorbei".

Aus Sicht der britischen Regierung ist mit dem jetzigen Abkommen all das erreicht, was die britische Öffentlichkeit mit dem Brexit-Referendum von 2016 wollte. "Wir haben wieder Kontrolle über unser Geld, unsere Grenzen, unsere Gesetze, unseren Handel und unsere Fischgründe zurückgewonnen", erklärte die Regierung. Zugleich gewähre das Abkommen Zollfreiheit und unbegrenzte Exporte in die EU.

"Angesichts der Tatsache, dass der Brexit-Deal zwar den freien Handel von Gütern – hier hat die EU einen Überschuss –, aber nicht von Dienstleistungen – hier hat Grossbritannien einen Überschuss – erlaubt, ist er für den Inselstaat nicht so vorteilhaft. Viele Briten hatten sich mehr erhofft. Es ist jedoch eine Frage der Perspektive. Wenn man bedenkt, dass die Zollunion und der gemeinsame Markt beibehalten werden und Grossbritannien gleichzeitig seine Souveränität zurückgewinnt, so steht der Deal schon in einem viel besseren Licht da. Daher sollte der Brexit-Deal generell positiv für die Finanzmärkte sein. Fraglich ist jedoch, ob dies auch dann noch so sein wird, wenn die Analysten die Details anschauen werden", kommentiert James Athey, Investment Director bei Aberdeen Standard Investments.

"Ergebnis wahrt Interessen der EU"

Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sprach von einem guten Ergebnis, das alle Interessen der EU wahre. Nach den quälenden Verhandlungen der vergangenen Monate will man sich in Brüssel nun demonstrativ anderen Themen zuwenden. "Endlich können wir den Brexit hinter uns lassen", hatte von der Leyen bereits an Heiligabend gesagt.

Dass sich trotz des Abkommens - vor allem für die Briten - eine Menge ändern wird, machte am Freitag sogleich die französische Regierung deutlich: Sie pocht auf eine massive Überprüfung britischer Waren vom Jahreswechsel an. Bei Nahrungsmitteln oder Industrieprodukten müssten alle geltenden Normen eingehalten werden. Der französische Staat habe rund 1'300 Menschen angeworben, um diese Kontrollen zu gewährleisten. Auch der Brexit-Beauftragte des EU-Parlaments, David McAllister, erwartet nach dem britischen Austritt aus dem Binnenmarkt zum Jahreswechsel "weitreichende Folgen für die Menschen, Unternehmen und öffentliche Verwaltungen", wie er der "Welt" sagte: "Der Handel zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich wird nicht mehr so reibungslos ablaufen können, wie wenn wir gemeinsam dem Binnenmarkt und der Zollunion angehören."

Auf welche Vorzüge der EU-Mitgliedschaft Grossbritannien künftig verzichten muss, machte die EU-Kommission noch an Heiligabend deutlich: EU-Programme wie Erasmus, Zugang zum Corona-Hilfsplan, der Binnenmarkt für Spediteure, reibungsloser Handel und dass Haustiere künftig einen Pass haben müssen sind nur wenige der Beispiele.

Ohne Abkommen wären die Folgen allerdings deutlich dramatischer ausgefallen. Dann wären Zölle und aufwendigere Kontrollen notwendig geworden. Wirtschaftsvertreter auf beiden Seiten hatten für diesen Fall vor Verwerfungen und dem Verlust Zehntausender Jobs gewarnt.

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