26.07.2024, 12:33 Uhr
Die Mieten für Wohnungen sind im zweiten Quartal 2024 in fast allen Regionen der Schweiz weiter gestiegen. Bei den Büroflächen zeigt sich hingegen ein durchzogenes Bild.
«Bei Rohstoffen ist seit Anfang 2022 der Wurm drin: Produktion, Gewinne und Umsätze der Bergbau-Unternehmen sinken, nur die Kosten steigen. Aber der Sektor konsolidiert sich, und eine Bodenbildung ist absehbar», schreiben Stefan Breintner, Leiter Research und Fondsmanager des DJE Gold & Ressourcen, und Manuel Zeuch, Analyst für den Rohstoffsektor.
Rohstoffinvestments gehörten im bisherigen Jahresverlauf nicht zu den Favoriten an der Börse. Im Gegenteil: Unter den verschieden Subindizes des breiten europäischen Marktes (Stoxx 600) hat der Subindex Stoxx 600 Basic Resources mit einem Minus von rund 16 Prozent sogar am schlechtesten abgeschnitten. Nach der Abkehr von der Zero-Covid-Politik erholt sich in China als wichtigster Akteur am Rohstoffmarkt derzeit vor allem der Service-Sektor. Daten zur Rohstoffnachfrage aus den Sektoren Infrastruktur und Immobilien sind derzeit bestenfalls gemischt und lagen zuletzt auch unter den Erwartungen der Investoren. Letztendlich dürfte der Schlüssel für die Erholung der chinesischen Rohstoffnachfrage in einer sich verbessernden Entwicklung des Immobilienmarktes liegen.
Mit Blick auf die kommenden Monate zeigte sich das weltweit grösste Bergbau-Unternehmen BHP Billiton vor kurzem optimistisch, dass die Erholung kommen wird. Auf dem chinesischen Sekundärmarkt ziehen die Hausverkäufe bereits wieder an, und mit Zeitverzug dürfte dann auch die Neubautätigkeit zurückkommen. Nach Ansicht von BHP wird man den positiven Effekt der Stimulierungsmassnahmen – und anderem niedrigere Hypothekenzinsen - verstärkt im Jahr 2024 spüren.
Anfang 2022 war der Sektor in den meisten Anlegerportfolien übergewichtet. Das galt vor allem nach Ausbruch des Krieges zwischen Russland und der Ukraine, weil man stark steigende Preise bedingt durch eine Sanktionierung Russlands beim Export vieler Metalle beziehungsweise Energierohstoffe erwartete. Allerdings hat sich herausgestellt, dass sich der Markt durch die Sanktionen nur bedingt beeinflussen liess – diese waren weniger wirksam als erhofft. Russland hat beim mengenmässigen Rohstoffexport kaum Einbussen hinnehmen müssen. Viele (Energie-)Rohstoffe finden inzwischen ihren Weg über Drittstaaten auch in die EU. Zudem wurden für die Energiewende notwendige Schlüsselmetalle wie Kupfer, Nickel oder auch Platin/Palladium überhaupt nicht sanktioniert. «Zu diesen beiden Faktoren – einer ausbleibenden Angebotsverknappung und einer Erholung Chinas, die länger auf sich warten lässt als erwartet – kamen noch zunehmende Rezessionsängste in der westlichen Welt. Dies hat zusammengenommen dazu geführt, dass viele Anleger ihre Positionen im Rohstoffbereich verkauft haben und nun untergewichtet sind», schreiben die Autoren.
Bei fast allen börsenkotierten Metall- und Rohstoffproduzenten fielen seit einiger Zeit sowohl Produktions- und Kosten-, als auch Umsatz- und Gewinnkennziffern überwiegend enttäuschend aus. In der Vergangenheit wachstumsstarke Werte wie Anglo American konnten 2022 ihren Mengenoutput nicht mehr steigern und mussten zudem einen Kostenanstieg von meist mehr als zehn Prozent hinnehmen. Die Industrie spreche oft davon, dass sich die operativen Produktionsunterbrechungen in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt hätten. Experten rechneten aus verschiedenen Gründen nicht mit einer Entspannung auf der Kostenseite: Zum einen werde die Geologie immer schlechter. Das heisst, der Erz- beziehungsweise Metallgehalt geht in den Gesteinsschichten zurück. Damit ist das Erz schwerer aus dem Gestein zu lösen und der Verarbeitungsprozess dementsprechend kostspieliger. Zum anderen sei der Arbeitsmarkt für qualifiziertes Personal angespannt, und schliesslich seien Schlüsselressourcen wie Wasser oder Elektrizität oftmals knapp. Aus diesen Gründen dürften die Kosten der Rohstoffindustrie erhöht bleiben, auch wenn die von ölpreisabhängigen Inputfaktoren generell fallen. Derartige Stromprobleme beziehungsweise Stromrationierungen treten zum Beispiel häufig in Südafrika auf. Und Wasserprobleme sind in Schlüsselförderländern wie Chile - dort befinden sich rund 25 Prozent der weltweiten Kupfer- beziehungsweise 40 Prozent der globalen Lithiumreserven - ein grosses Thema.
Inzwischen sind alle Industriemetallpreise günstiger als zu Jahresbeginn, zurückzuführen vor allem auf die Unsicherheit hinsichtlich des Ausmasses und des Zeitpunkts der Erholung im wichtigsten Absatzmarkt China. «Blickt man aber auf die zuletzt bereits stark zurückgekommenen Analystenschätzungen, erscheint es sehr realistisch, dass wir hier nun langsam einen Boden finden. Der Gegenwind für den Sektor aus negativen Gewinnrevisionen könnte daher bald nachlassen», glauben die Experten.
Neben der anhaltenden Urbanisierung, vor allem in Schwellenändern seien die weltweiten Anstrengungen zur Dekarbonisierung der strukturelle Wachstumstreiber für viele Rohstoffe beziehungsweise Metalle. Kupfer könne dabei als das weltweite Schlüsselmetall für die Energiewende gesehen werden und zählt neben Nickel zu den für die Transformation im Energie- und Transportsektor stark benötigten Materialien. Die Nachfrageperspektiven seien vielversprechend: Die jährlichen Installationen an erneuerbaren Energieerzeugungskapazitäten könnten sich bis 2030 mehr als vervierfachen, die Anzahl pro Jahr verkaufter Elektrofahrzeuge könnte bis 2030 um das 18-fache gegenüber dem Ausgangsjahr 2020 ansteigen.
Der Ausbau erneuerbarer Energiekapazitäten geht einher mit einem notwendigen Ausbau der Stromtransportnetze. Wichtigster erster Gebrauch von raffiniertem Kupfer ist mit zirka 74 Prozent der sogenannte Giesswalzdraht: Dieser wiederum weist eine Marktsegmentierung von rund 63 Prozent Energiekabel, 21 Prozent Magnetspulen, 15 Prozent Telekommunikationskabel und 3 Prozent Spezialkabel aus. Aktuelle Prognosen führender Marktforschungsinstitute gehen davon aus, dass bis 2030 von einer erwarteten Gesamtnachfrage von mehr als 30 Millionen Tonnen (2022: ca. 24 Mio. t) rund 7 Millionen Tonnen aus den Bereichen Energietransformation (Erneuerbare, EVs, Netzausbau) kommen wird. «Diese zusätzliche Nachfrage kann aber durch ein Mehr an Minenproduktion nicht gedeckt werden, so dass man aus heutiger Sicht von einem Marktdefizit von rund 4 Millionen Tonnen bis 2030 ausgeht», heisst es weiter.
Die Kupferversorgung sei weltweit ziemlich fragmentiert. Das Minenangebot für Kupfer liege bei etwa 22 Millionen Tonnen. Das restliche Angebot kommt aus dem Recycling von Altkupfer, welches perspektivisch an Bedeutung gewinnen werde. Im Kupferrecycling gilt ein deutsches Unternehmen als weltweit führend. Dieses baut auch seine Recyclingkapazitäten unter anderem durch den Bau neuer Anlagen in den USA kräftig aus und hat damit in diesem Bereich eine sehr gute Langfristperspektive. Neue Kupferminenprojekte können dagegen nicht so schnell aus dem Boden gestampft werden: Grosse Bergbauunternehmen wie Anglo American oder Glencore verweisen darauf, dass die komplette Erschliessung neuer Minen vom Fund bis zur Produktion heute 15 bis 20 Jahre in Anspruch nimmt.
Generell ist die Grösse von neu entdeckten Vorkommen seit Anfang 1990 rückläufig. BHP Billiton prognostiziert, dass für 10 Millionen Tonnen zusätzliche Kapazität bis 2030 mindestens 250 Milliarden Dollar investiert werden müssen. Davon sei bis heute noch nicht viel zu sehen, was die Wahrscheinlichkeit eines längeren Marktdefizits erhöhe, welches wiederum für hohe Kupferpreise spreche. «Auch kurzfristig scheint der Kupferpreis nach einem Rückgang von 3 Prozent in diesem Jahr aufgrund sehr niedriger Lagerbestände an der London Metal Exchange nach unten gut unterstützt», schreiben Stefan Breintner und Manuel Zeuch.
Auch für den seewärtigen Markt von qualitativ hochwertigem Eisenerz gehe man in den nächsten Jahren von einer spürbaren Verknappung aus. Vor allem höherwertige Qualitäten (>Fe 65%) sollten stark nachgefragt werden, da diese mit deutlich weniger Energieeinsatz geschmolzen werden können und somit beim Verarbeitungsprozess viel weniger CO2 anfällt. Der CEO des global führenden Eisenerzproduzenten VALE aus Brasilien, Eduardo Bartolomeo, verwies zuletzt auf der führenden Rohstoffkonferenz der Bank of America darauf, dass die meisten Investoren und Marktbeobachter völlig unterschätzen, was auf den globalen Eisenerzmärkten passiert. VALE geht davon aus, dass sich das jährlich verfügbare Angebot bis 2030 um rund 400 Millionen Tonnen beziehungsweise um mehr als 25 Prozent der Gesamtkapazität verringern könnte. Der Grund dafür ist der fortschreitende Erzabbau in den wichtigsten Minen bei zu geringen Ersatzinvestitionen. Ausserdem erhöhen sich vor allem bei Minen in Australien die Produktionskosten, da die Löhne qualifizierter Bergbauarbeiter derzeit um zirka 25 Prozent ansteigen. Ein beliebtes Mittel in der Industrie, um Reserven und Pipelines zu ersetzen, sind derzeit auch Übernahmen und Fusionen.
Im Bereich der grossen diversifizierten Konzerne ist derzeit der Fall Glencore / Teck Resources das prominenteste Beispiel. Glencore versucht aktuell, Teck Resources zu übernehmen und so seine Positionierung in den Segmenten Kupfer (Glencores CEO spricht von einem gigantischen «Dekarbonisierungs-Portfolio») und Kohle weiter auszubauen. Ferner verspricht man sich von der Fusion hohe Synergien. Während der Ausgang dieser Übernahme noch nicht geklärt ist, bestehe wenig Zweifel, dass eine weitere grosse Übernahme im Sektor – allerdings im Goldbereich – Erfolg haben werde. Newmont Mining will die australische Newcrest übernehmen und hat hierfür bereits vom Newcrest-Vorstand Unterstützung erhalten. Dieser Deal scheintauch von politischen Interessen geprägt, denn Newcrest besitzt mit Waifi Golpu in Papua Neuguinea die grösste unerschlossene Kupfer-Gold-Lagestätte der Welt, und diese geht nun in amerikanische (und nicht in chinesische) Hand über. «In der Vergangenheit hat Newmont mit der Integration grosser Wettbewerber (Goldcorp) einen guten Job gemacht und mehr Synergien geliefert als erwartet», so das Fazit.