05.07.2024, 10:08 Uhr
«Chinesische Zustellunternehmen sind grosse Profiteure des E-Commerce-Booms in China, aber ihre Aktien spiegeln den sprunghaften Anstieg der Liefermengen nicht wider. Diese Diskrepanz ist eine wichtige Lektion für...
Nach einem turbulenten Jahr hoffen die asiatischen Märkte zum chinesischen Neujahr auf eine ruhigere Zeit. Die Anlageexperten von BNY Mellon Investment Management und Ninety One sehen grosses Potenzial bei den Trends Digitalisierung, Deglobalisierung und Dekarbonisierung.
2021 ist das Jahr des Ochsen. In China gelten unter diesem Zeichen geborene Menschen als zuverlässig und vertrauenswürdig. Nach einem Jahr mit extremer Marktvolatilität dürften die Märkte auf dasselbe hoffen. "In Asien ist Optimismus für eine wirtschaftliche Erholung besonders gross", sagt Lale Akoner, Senior Market Strategist und Economist bei BNY Mellon Investment Management.
China habe die Infektionsraten erfolgreich gesenkt, die Wirtschaft stabilisiert und bereits jetzt seine Wirtschaftsleistung aus der Vor-Corona-Zeit übertroffen. Akoner geht davon aus, dass die Mehrheit der Industrie- und Schwellenländer dem Beispiel Chinas folgen und im zweiten Halbjahr 2021 das Vorkrisenniveau erreichen wird. Trotz Chinas Erfolg sehen die Experten noch sehr viel ungenutztes Potenzial im Land der aufgehenden Sonne: "Die Möglichkeiten an den Anleihen- und Aktienmärkten Chinas sind in den Portfolios der Investoren nach wie vor unterrepräsentiert. Anlegerinnen und Anleger müssen den Auswirkungen Chinas auf die globalen Märkte und den zunehmenden Chancen viel mehr Aufmerksamkeit schenken", meint Philipp Saunders, Co-Head of Multi Asset Growth bei Ninety One.
Zwei Trends, die zuletzt im Kielwasser von Covid-19 Fahrt aufgenommen haben, werden laut Akoner weiter zum Tragen kommen: Digitalisierung und Deglobalisierung: "Wir sehen eine grundlegende Veränderung der Weltordnung mit einer langwierigen Deglobalisierung und einem Anstieg der geopolitischen Spannungen. Covid-19 hat den Übergang zu dieser neuen Weltordnung lediglich beschleunigt", erklärt die Expertin.
Die Deglobalisierung verkürze Lieferketten oder verlagere sie in Länder, die geografisch nah am Unternehmen liegen und geringe Handelshürden zum Standort der Zentrale aufweisen. Mögliche Folgen seien drei Handelsblöcke: Asien mit China im Zentrum, Europa sowie Amerika rund um die USA, Kanada und Mexiko. Der grösste dieser Blöcke werde Asien sein. Lag der innerasiatische Handel 2000 noch bei rund 50% des gesamten asiatischen Handels, so machte er 2019 schon 60% aus. Covid-19 habe viele Staaten dazu veranlasst, sich auf die inneren Grenzen zurückziehen.
Eindeutige Nutzniesser werden Chinas Tech-Industrie und Handel, das verarbeitende Gewerbe in Nordostasien und die Low-Cost-Produzenten in den ASEAN-Staaten sein. Nordasiatische Länder wie Korea, Vietnam und Taiwan mit engen Verbindungen zu den widerstandsfähigeren Sektoren der chinesischen Festlandwirtschaft werden ebenfalls von diesem neuen Handelsblock profitieren.
Schlüsselziele der chinesischen Wirtschaft wie Innovation, Selbstversorgung mit Schlüsseltechnologien und Förderung des Binnenkonsums werden stark vom Tempo der Digitalisierung abhängen. "Covid-19 hat der Nutzung digitaler Technologien Schub gegeben, sowohl in Unternehmen wie in Privathaushalten", so Akoner. Bereits vor Covid-19 war China mit einem Anteil von 45% der E-Commerce-Transaktionen weltweit führend.
Doch die Digitalisierung werde nicht auf den Handel beschränkt bleiben. Die Pandemie befördere die Digitalisierung in Sektoren, die körperlichen Kontakt erfordern, wie zum Beispiel Gesundheit, Bildung und Einzelhandel. Internetaktien aus China und anderen Schwellenländern, die einen Wachstumsschub durch das Virus erfahren und typischerweise hohe Cashflows generieren, könnten in diesem Umfeld interessante Anlagemöglichkeiten bieten.
Charlie Dutton, Manager der Asia Pacific Franchise Strategy von Ninety One, sieht zudem attraktive Chancen in der Halbleiterindustrie, die die Region zunehmend dominiert: "Es gibt immer mehr Anzeichen, dass Intel seine Investitionen in die Logikchip-Fertigung reduziert. Das würde TSMC und Samsung die Marktführerschaft der Branche überlassen."
Die Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit bieten Anlegerinnen und Anleger ebenfalls attraktive Chancen, ist Wenchang Ma, Managerin der Co-Portfoliomanagerin der Ninety One All China Equity Strategy überzeugt. Die Verpflichtungen Chinas, bis 2030 den Kohlenstoffausstoss zu reduzieren und bis 2060 ganz kohlenstoffneutral zu werden, bieten ein erhebliches Wachstumspotenzial für führende Unternehmen über die Lieferketten für Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien hinaus. Die Expertin nennt dabei Unternehmen wie CATL und Xinyi Solar, die stark profitieren könnten.