«KI kann fast alles»

Künstliche Intelligenz wird laut Roman Przibylla ganze Geschäftsbereiche umkrempeln. (Bild pd)
Künstliche Intelligenz wird laut Roman Przibylla ganze Geschäftsbereiche umkrempeln. (Bild pd)

Künstliche Intelligenz wird viel diskutiert und wohl auch bald reguliert. «Am Ende wird uns KI mehr Chancen, als Risiken bringen und diese gilt es zu nutzen, auch beim Investieren», sagt Roman Przibylla, Partner bei CAT Financial Products im Interview.

28.04.2023, 10:44 Uhr

Redaktion: sw

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Reden wir hier von einem Selbstläufer für Anleger oder gilt es gerade in einer Phase der Euphorie Vorsicht walten zu lassen?

Roman Przibylla: Einen Free Lunch gibt es leider für Anleger nicht. Wie bei jeder disruptiven Innovation sollte man zwischen allgemeiner Euphorie und den Fakten zum Wachstum und zu den Gewinnaussichten unterscheiden. KI ist bereits in den meisten Sektoren wie der Industrie, Software, Gesundheit und Mobilität fest verankert. Die Bandbreite an Anwendungen wird in den nächsten zwei bis fünf Jahren jedoch stark ansteigen. Und auch die Bedeutung wird stark zunehmen. Wir reden dann nicht mehr von einer rein Technologie-basierten Innovation, sondern um strategisch überlebenswichtige Projekte bei Unternehmen, die ganze Geschäftsbereiche umkrempeln werden. Was die Risiken angeht, so ist Vorsicht geboten bei klein kapitalisierten und dünn finanzierten Unternehmen, welche auf der ‘Hype’-Welle mitreiten möchten, jedoch noch kein oder nur bedingt konkurrenzfähiges Produkt anbieten.

Welche Technologien und Entwicklungen haben für Sie das grösste wirtschaftliche Potenzial?

Die Bandbreite an Anwendungen ist wie eingangs erwähnt enorm. So wird die Auswertung von Big-Data massiv beschleunigt und kann teilweise sogar in Real–Time erfolgen. Zweitens können die bisherigen Search Funktionen im Internet auf ein nächstes Level gebracht werden. Die Technologie wird viel präzisere Resultate liefern und damit auch dem Anwender Anreize geben, neue Portale oder Apps zu benutzen, welche die bisherigen Suchmaschinen von Google, Microsoft, Amazon oder Meta bisher anbieten. Drittens wird der Kundenservice massiv betroffen sein. Die Interaktion zwischen Kunden und Beratern wird immer mehr durch Chatbots bestimmt. Diese können die herkömmlichen Beratungsmethoden wie Call Center zum Beispiel weitgehend ersetzen. Auch die Telemedizin wird wahrscheinlich ein starker Profiteur sein. Viertens, werden wir im Rahmen des Reshorings Investitionen in neue Technologien sehen, die die Kosten tief halten und die Profitabilität weiter gewährleisten sollen.

Der Entwicklung sind fast keine Grenzen gesetzt?

Das vielleicht nicht ganz, aber das Potenzial ist enorm. Denken Sie zum Beispiel an eine verbesserte Auswertung von Daten in der Forschung im Gesundheitswesen, was wiederum die Entwicklung von Medikamenten, Therapien und Diagnosemöglichkeiten zu Durchbrüchen verhelfen sollte. Last but not least, wird sich unser Mobilitätsverhalten ändern, auch wenn dies aufgrund von regulatorischen Hürden noch einige Jahre dauern dürfte. Fahrzeuge werden in Zukunft immer mehr durch Computer unterstützt, wodurch die Fahrzeit in ‘nutzbare’ Zeit umgewandelt werden kann. Anbietern ermöglicht es Datenverkehr oder Entertainment anzubieten.

Welche Faktoren entscheiden über die weitere Entwicklung von Künstlicher Intelligenz?

Es herrscht ein enormer Konkurrenzkampf zwischen den grossen Kommunikationsanbietern. Es ist noch offen, wer den Durchbruch schafft. Vergleichbar ist diese Phase mit der Entwicklung des Internets, sprich der Search-Funktion in den 90er Jahren. Wo sich Google gegenüber Yahoo und AOL durchgesetzt hat. Entscheidend wird sein, in welchem Umfang in den KI-Gebieten investiert wird. Regulatorische Anpassungen sind ein Fragezeichen und können einen Prozess verlangsamen, wohl aber nicht aufhalten. Dann ist auch der technologische Fortschritt bei der Rechenleistung bestimmend und wie sich die Sprachsteuerung entwickelt. Fest steht schon jetzt, dass sich die Interaktion und Kommunikation zwischen Mensch und Maschine markant verbessern wird.

Sie haben mit Spiros Margaris den Margaris No.1 Artificial Intelligence Basket (ISIN: CH1181315248) aufgelegt. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Wir arbeiten bereits seit einiger Zeit mit Spiros zusammen. Im Juni vergangenen Jahres haben wir bereits ein Fintech-Produkt gemeinsam aufgelegt. Wir gehen mit dieser Zusammenarbeit neue Wege. Die Expertise von Spiros, der ein echter Visionär und Vordenker in den Bereichen Fintech, AI und Blockchain ist, kombinieren wir mit der langjährigen Erfahrung und dem Wissen unseres CIO Maurizio Porfiri. Diese Kombination bringt Investoren einen echten Mehrwert. Denn Anleger können nicht nur einfach und breit gestreut in ein Zukunftsthema investieren, sondern auch vom Know-how dieser beiden Experten profitieren. Dies ist ziemlich einmalig auf dem Schweizer Finanzplatz.

Im Basket hat es kein Schweizer Unternehmen, bleibt die Schweiz aussen vor in diesem Rennen?

Das ist richtig, soll aber nicht heissen, dass es keine interessanten Unternehmen gibt. Wir beobachten aktuell fünf Schweizer Unternehmen, die als mögliche Kandidaten für das Portfolio in Frage kommen. Wenn die Fundamentals und der Zeitpunkt passen, werden wir eines oder mehrere ins Portfolio nehmen. Die Schweiz verfügt zwar nicht über ein Blockbuster-Unternehmen in diesem Bereich, doch findet sich Schweizer AI-Technologie in vielen internationalen Unternehmen. Indirekt ist die Schweiz also im Portfolio präsent.

In welchen Sektoren finden sich die spannendsten Unternehmen?

Derzeit sind wir in den Sektoren Technologie/Software, Suchmaschine/Advertisement/E-Commerce sowie Gesundheitswesen am stärksten investiert. Nehmen wir das Beispiel Techologiesektor. KI hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Software- und Hardwarebranche und trägt dazu bei, IT-Systeme zu entwickeln, die den Bedürfnissen von Unternehmen und Verbrauchern besser entsprechen. KI oder grosse Sprachmodelle können Entwicklern beim Schreiben von Code für Programmanwendungen und Software helfen. Sie können Code-Fehler erkennen und auch Verbesserungen vorschlagen. Sie werden in die Softwareentwicklung einbezogen, um intuitivere Benutzeroberflächen, schnellere Problemlösungsalgorithmen und genauere Datenanalysen zu erstellen. Im Bereich der Cybersicherheit wird KI bereits in den meisten Cloud-basierten Anwendungen eingesetzt, insbesondere um Sicherheitsverletzungen zu erkennen und betrügerische Aktivitäten aufzudecken. Unternehmen, die hier eine Rolle spielen, sind Nvidia, Palo Alto Network oder auch Autodesk

Wie sieht es in der Kommunikation und im E-Commerce aus?

KI hat die sozialen Medien und den E-Commerce revolutioniert, indem sie Tools zur Automatisierung von Prozessen, zur Personalisierung von Erfahrungen und zur gezielten Werbung bereitstellt. Sie hilft dabei, Nutzerpräferenzen zu erkennen und Empfehlungen auszusprechen, Inhalte zu klassifizieren und automatische Antworten auf Kundenanfragen zu generieren. Meta Platforms und Snapchat haben verschiedene Initiativen für KI vorgestellt. Meta plant, textbasierte Erlebnisse in diversen Messengern zu erforschen. Darüber hinaus ist geplant, bildbasierte Erlebnisse durch Anzeigenformate und Instagram-Filter sowie Video- und multimodale Erlebnisse zu untersuchen. Snap hat sein eigenes neues Produkt, My AI, vorgestellt. Der Chatbot arbeitet mit der neuesten Version der GPT-Technologie von OpenAI, die speziell für Snapchat angepasst wurde. Am interessantesten ist Microsoft, das eine Reihe von KI-basierten Diensten namens Azure Cognitive Services anbietet und mit seiner Beteiligung an Chat-GPT einer der wichtigsten Player in diesem Bereich ist.

Letzte Frage: Keine Angst, dass sich die Künstliche Intelligenz im Zeitablauf selbständig macht? Welche Rolle spielen ethische und soziale Überlegungen bei Investitionen in Unternehmen, die auf künstliche Intelligenz spezialisiert sind?

Das spielt natürlich eine wichtige Rolle. Leute wie Elon Musk zum Beispiel warnen bereits vor der Selbständigkeit und gefährlichen Lernfähigkeit der Maschinen. Es ist an den Regierungen und Regulatoren dafür zu sorgen, dass auch diese Innovation ihren ‘geordneten’ Weg in die Gesellschaft findet. Es wird geographisch gesehen Unterschiede geben, wie schnell und in welchem Umfang der Fortschritt implementiert wird. Stoppen wird man es kaum können. Wichtig ist dabei aber nicht Verbote zu verhängen, sondern Aufklärung zu betreiben und ein Bewusstsein für die Risiken zu schaffen, denn am Ende wird uns AI mehr Chancen, als Risiken bringen und diese gilt es zu nutzen, auch im Depot beim Investieren.

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