Inflation dürfte zum Problem für den Ölpreis werden
Der Ölpreis dürfte laut Esty Dwek von FlowBank unter Druck geraten. (Bild: Shutterstock.com/manine99)
Der derzeitige Rückgang des Ölpreises fällt just mit dem 30-Jahres-Höchst der US-Inflation zusammen. Stellt die hohe Inflation allmählich ein Risiko für die künftige Ölnachfrage dar? Noch überwiegen laut Esty Dwek von FlowBank die preistreibenden Faktoren. Das könnte sich aber ändern.
24.11.2021, 10:47 Uhr
Redaktion: alm
Der Anstieg der Ölpreise in den letzten 18 Monaten wurde damit begründet, dass die Ölnachfrage das Angebot während der Erholung nach der Pandemie übersteigen würde und dass die von den Regierungen und Zentralbanken in historischem Ausmass bereitgestellte Liquidität die Preise von allen Rohstoffen in die Höhe treiben würde.
In der Tat zeigt sich, dass der Rohölpreis der Sorte WTI erstmals seit 2014 wieder die Marke von 77 US-Dollar überschritten hat und damit in eine neue Preisspanne vorgerückt ist. Das obere Ende des Preisspektrums ist das Höchst von vor sieben Jahren, als ein Barrel Rohöl 107,90 US-Dollar kostete (vgl. Grafik).
Der Rohölpreis der Sorte WTI liegt erstmals seit 2014 wieder über 76 US-Dollar. Quelle: TradingView
"Das kurzfristige Momentum ist positiv. Der Ölmarkt ist überkauft, da der Fast-Stochastic-Indikator bei einem Wert von 95 und damit weit über dem überkauften Auslösewert von 80 liegt", erklärt Esty Dwek, CIO von FlowBank. Auch das mittelfristige Momentum sei positiv, da sich das MACD-Histogramm (Moving Average Convergence Divergence) im positiven Bereich bewege und eine steigende Tendenz aufweise. Das deute auf höhere Preise hin.
Angebot kann mit Nachfrage nicht mithalten
Die Nachfrage nach Öl steigt als Folge der gelockerten Reisebeschränkungen und dem Bestreben, die Produktionsausfälle von 2020 aufzuholen. Gleichzeitig bleibt aber das Angebot niedrig. Deshalb hat die Biden-Regierung die OPEC-Staaten und Russland aufgefordert, eine Produktionssteigerung in Betracht zu ziehen. Offizielle Vertreter der OPEC, Russlands und von Gazprom – das an der Versorgung Europas beteiligt ist – lehnten diese Forderungen ab und beschlossen, am Plan zur Erhöhung der Produktion um 400’000 Barrel pro Tag festzuhalten. Auch die restlichen ölexportierenden Länder bleiben unnachgiebig.
Während Biden versucht, die OPEC und Russland zu einer Produktionssteigerung zu bewegen, liegt die Ölproduktion in seinem eigenen Land immer noch 1,7 Millionen Barrel pro Tag unter dem Höchst von 2019.
Gemäss Biden sind die OPEC und Russland für den sprunghaften Anstieg der Ölpreise verantwortlich. Die Ursachen seien aber vielfältiger, meint Dwek: "Ein weiterer Grund dafür, dass das Angebot nicht so schnell auf den Nachfrageanstieg reagierte, sind geringere Investitionen in die Erdölinfrastruktur und die Hinwendung zu grüner Energie." Zwar habe sich die Gesamtzahl der aktiven US-Ölbohranlagen seit dem Tiefst vom Juli 2020 wieder erholt, die Zahl der aktiven Anlagen sei dennoch immer noch etwa halb so hoch wie im Jahr 2019.
Vorräte sinken
Gemäss der Energy Information Administration stiegen die Rohölvorräte in den USA bis Ende des zweiten Quartals 2020 auf 533 Millionen Barrel, gegenüber 440 Millionen Barrel Ende Januar 2020. Bis September 2021 sanken sie jedoch auf 413 Millionen Barrel. Grund dafür sei unter anderem die Ölnachfrage, die gemäss dem US-Energieministerium bereits wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht hat.
Inflation könnte Nachfrage nach Öl drücken
Dwek macht aber auch Faktoren aus, die den Ölpreis künftig wieder drücken könnten – unter anderem die stark steigende Inflation, die auch den höheren Erdölpreisen geschuldet sei. Nach Angaben des US-Arbeitsministeriums stieg der Verbraucherpreisindex im Oktober im Jahresvergleich um satte 6,2%. Die Kerninflation, bei der Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt werden, stieg im Jahresvergleich um 4,8%. Bei den Grosshandelspreisen betrug der Zuwachs sogar um 8,6%.
"Das Risiko besteht darin, dass der rasche Anstieg der Ölpreise einen selbstzerstörerischen Effekt hat. Höhere Preise an der Zapfsäule bedeuten weniger Kaufkraft für die Verbraucher, und höhere Energiekosten bedeuten, dass auch die Preise für alles andere steigen, was möglicherweise zu noch weniger Ausgaben führt", so Dwek. Sie geht davon aus, dass die Verbraucher unter normalen Umständen ihre Ausgaben bereits reduziert hätten. Doch die grosszügigen Unterstützungsgelder während der Pandemie konnten einen Teil des Preisanstiegs ausgleichen.
Wann wird das Ende der lockeren Geldpolitik eingepreist?
Die lockere Geldpolitik der Zentralbanken und das Helikoptergeld der Regierungen haben zu einem schnellen wirtschaftlichen Umschwung beigetragen. Die Federal Reserve hat zwar gerade mit dem Tapering begonnen, kauft aber immer noch jeden Monat Staatsanleihen in Milliardenhöhe auf. Das von der Regierung Biden verabschiedete Infrastrukturgesetz im Wert von 1 Billion US-Dollar sieht möglicherweise weitere Ausgaben in Höhe von 2 Billionen US-Dollar vor.
"Irgendwann müssen die Märkte ein Ende dieser Art von Politik einpreisen, vielleicht als Reaktion auf eine galoppierende Inflation", meint Dwek. Auch das könnte sich unter anderem in einem niedrigeren Ölpreis äussern.
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