Holger Fahrinkrug, Chefsvolkswirt bei Meriten (Teil von BNY Mellon)
Anleger warten gespannt auf die kommende EZB-Sitzung und inwiefern weitere Geldspritzen beschlossen werden. Lesen Sie anbei einen aktuellen Marktkommentar von Holger Fahrinkrug, Chefökonom bei Meriten (BNY Mellon).
20.01.2015, 15:09 Uhr
Redaktion: jod
Monatelang hat uns Mario Draghi weichgekocht, am kommenden Donnerstag wird es nun wohl soweit sein: Der EZB-Rat wird aller Voraussicht nach Details eines Programms zum Ankauf von StaatsÂanleihen der Mitgliedsländer der Eurozone (QE) beschliessen. Alles andere würde für Enttäuschung sorgen und die Glaubwürdigkeit des EZB-Präsidenten beschädigen. So hatte Draghi in der vergangenen Woche, einen Tag vor der Entscheidung der SNB, den Franken-Wechselkurs nicht länger fest an den Euro zu koppeln, vermutlich auch das Plazet der Bundesregierung für die kontroverse Massnahme eingeholt.
Auch wenn es aus ordnungspolitischer Sicht ein gravierender Einschnitt ist, der langfristige institutionelle Strukturen der EWU verändern könnte, erwarten wir nur geringe kurzfristige Effekte für Konjunktur, Preisentwicklung und Finanzmärkte. Besonders in Deutschland herrscht grosses Unwohlsein, wenn es um Staatsanleihekäufe der EZB geht.
Details zu geplanten Bond-Käufen Wir gehen davon aus, dass die EZB in dieser Woche Details zu einem breit angelegten Ankaufsprogramm von Staatsanleihen vorlegen wird. Wir halten die Effektivität im Bezug auf ökonomische Parameter für begrenzt, sehen allerdings ein Potenzial für eine deutliche Wachstumsbelebung in der Eurozone durch den allgemeinen Policy Mix, einschliesslich Euro-Abwertung. Inflationsrisiken sehen wir nicht; sollten sie mittel- bis langfristig auftreten, hat die EZB technische Möglichkeiten, ihnen entgegenzuwirken.
Lediglich die Politik stellt in dieser Hinsicht ein Risiko dar. Sollte QE zu verringerter Haushaltsdisziplin und einer weiteren Aufweichung der Interpretation von Stabilitätskriterien in der EWU führen, würde es der EZB zunehmend schwerfallen, Inflationsrisiken gemäss ihrer Statuten zu bekämpfen. Dies stellt alledings nur ein langfristiges Risiko dar, dem durch eine konsequente Haltung auch der Bundesregierung bei entsprechenden Prozessen auf EU-Ebene zu begegnen wäre. Kurz- bis mittelfristig spricht die extreme Unterauslastung der Produktionskapazitäten in der Eurozone gegen jeglichen Inflationsdruck.
Die Finanzmärkte haben viel von einem QE-Programm vorweggenommen, so dass wir nur begrenzte unmittelbare Auswirkungen von QE sehen. Im Detail rechnen wir damit, dass die Spreads von Staatsanleihen vor allem der früheren Krisenländern über Bundesanleihen weiter schrumpfen, während die Renditen von Bundesanleihen selbst, insbesondere am langen Ende der Kurve, wieder leicht ansteigen dürften, wenn der Markt an einen Erfolg der EZB bei der Deflationsbekämpfung glaubt.
Angesichts der weiteren Zementierung extrem niedriger Renditen von Staatsanleihen durch ein QE-Programm dürften Risiko-Anlageklassen am stärksten profitieren vorausgesetzt, der positive Impuls wird nicht durch eine Verschärfung geopolitischer Konflikte oder terroristischer Ereignisse konterkariert. Die Politik im weitesten Sinne stellt somit das grösste Risiko für eine Konjunktur- und Finanzmarktentwicklung dar, die ansonsten ein ausserordentlich positives Umfeld geniesst, mit zunehmender Unterstützung auch seitens der EZB.
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