05.12.2025, 11:32 Uhr
Laut Mitteilung baut Grant Alexander seine Präsenz in der Deutschschweiz aus und eröffnet ein neues Büro in Zürich. Zugleich verstärkt Daniele Ferrara das Team als Senior Consultant, um dort die Aktivitäten im...
Der Zoll-Deal der EU mit den USA steht: Gnädig für Brüssel oder doch nicht? Europa zahlt 15 Prozent auf Exporte in die USA, die Amerikaner können ihre Produkte zollfrei liefern. Die EU unterwirft sich im Handelsdeal dem US-Präsidenten, lautet der Tenor unter den Betroffenen.
Die Europäische Union und die USA haben sich im Zollstreit geeinigt. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen zufolge wird der Zoll auf die meisten Importe der EU-Länder aus den USA 15 Prozent betragen. Das soll auch für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte gelten.
Die EU werde im Gegenzug zustimmen, Energie aus den USA im Wert von 750 Mrd. Dollar zu kaufen und zusätzlich 600 Mrd. Dollar mehr in die USA zu investieren. Das verlautete US-Präsident Donald Trump. Zölle für Waren aus der EU nach Übersee sind nicht vorgesehen.
Beide Seiten sprechen von einem grossen, Trump in seiner gewohnt grossmäuligen Art gar vom «grössten Deal» der Geschichte (hat er das nicht schon zum Abkommen mit Japan gesagt?).
Doch nicht alle in Europa teilen diese Begeisterung. Unter den Betroffenen, aus Wirtschaft, Verbänden und Unternehmen, kommen skeptische Stimmen: In Deutschland beruhigte Bundeskanzler Friedrich Merz zwar, ein Handelskonflikt sei abgewendet.
Deutschlands Finanzminister Lars Klingbeil äusserte sich ein Stück weit kritischer, indem er sagte: «Grundsätzlich bleibt meine Überzeugung: Zölle schaden der Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks. Wir brauchen niedrige Zölle und offene Märkte. Wir setzen weiter auf gute Handelsbeziehungen. Dafür werden wir neben den USA auch neue weltweite Partnerschaften aufbauen.»
Industrie, Wirtschaftsverbände und Unternehmen drücken hingegen deutlich Skepsis zum Ausdruck: «Das Übereinkommen ist ein unzureichender Kompromiss und sendet ein fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks», zitiert die Nachrichtenagentur awp den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).
Entscheidend sei jetzt, dass das Übereinkommen verbindlich werde. Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks bräuchten Planungssicherheit für Lieferketten und Investitionen, so der Verband. Die EU nehme schmerzhafte Zölle in Kauf, denn auch ein Satz von 15 Prozent werde immense negative Auswirkungen haben.
«Der Zollaufschlag bedeutet für viele unserer Händler eine existenzielle Bedrohung», gibt der 'Spiegel' eine Mitteilung des Bundesverbands Grosshandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) wieder. Auch wenn jetzt zunächst Sicherheit über die Handelsbedingungen herrsche, würden sich Lieferketten verändern und Preise erhöhen. Die Einigung mit den USA werde auch in Deutschland «Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze kosten».
Nicht nur Deutschland, ist dem anzufügen. Auch die Schweiz, deren meiste Exporte in die EU gehen, wird die Folgen spüren. 10 Prozent Zölle seien noch einigermassen verkraftbar, äusserte sich letzthin ein Unternehmervertreter zum aktuell geltenden Satz. Der definitive Zoll, den die USA auf Importe aus der Schweiz erheben, ist noch nicht bekannt.
Nachdem die Vereinbarung mit der EU vorliegt, ist die Hoffnung berechtigt, dass auch die Schweiz mit 15 Prozent – darunter die Pharma, die Schlimmeres befürchtet hat – davonkommt. Aber ob indirekt über die Ausfuhren nach Europa oder direkt auf Schweizer Exporte in die USA: Ein Preisaufschlag von 15 Prozent lässt sich nicht so ohne weiteres auf die Endkunden übertragen.
Eine weitere Erschwernis ist der feste Franken insbesondere zum Dollar. Die Währungsstärke macht der Schweizer Exportwirtschaft das Leben zumindest kurzfristig zusätzlich schwer.
Bei allem Lamentieren und Entsetzen über Trumps Wirtschaftsverständnis, die Wirkung seines Zollhammers nicht nur im Ausland, sondern auch im eigenen Land, wo Konsum und Inflation unter Druck geraten, ist festzuhalten: Der Mächtige(re) hat sich durchgesetzt.
«Ein grosser Erfolg ist dieser Deal nur, wenn man ihn mit dem denkbar schlimmsten Ausgang vergleicht....Verglichen mit der Situation vor dem Zollkonflikt ist es für die europäischen Exporteure eine drastische Verschlechterung», konstatiert die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung'.
So funktioniert Realpolitik. Die Macht einzelner siegt über die wirtschaftliche und politische Vernunft. Das beweist die Geschichte immer wieder. Ein Rezept dagegen? Demokratische Strukturen und Institutionen, auch wenn sie am Beispiel der USA aktuell zu versagen scheinen. Geht es um interne Auseinandersetzungen, liegt der Schlüssel vor unserer Haustür – die direkte Demokratie.