23.12.2024, 14:23 Uhr
In eigener Sache: 2024 war nicht nur an den Börsen ein erfolgreiches Anlagejahr mit neuen Rekordständen. Auch Investrends hat mit weit über 2000 publizierten Beiträgen eine neue Höchstmarke erreicht und wird im...
Die Guthaben im obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge sollen auch im nächsten Jahr mindestens zu 1 Prozent verzinst werden. Das empfiehlt die Eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge dem Bundesrat. Die Empfehlung dürfte die Diskussionen um die Rentenreform weiter anheizen.
Die BVG-Kommission beantragt dem Bundesrat, 2020 den Zins für die Guthaben im obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge bei mindestens 1 Prozent zu belassen. Laut Mitteilung reichten die Vorschläge der Kommissionsmitglieder von 0,25 Prozent bis 1 Prozent. Seit 2018 benutzt die Kommission eine neue Formel als Basis für ihre Empfehlungen an den Bundesrat. Die alten Formeln beruhten schwergewichtig auf dem Renditedurchschnitt von längerfristigen Bundesobligationen, was bei den anhaltend tiefen Zinsen auch sinkende Formelwerte ergab. Im Vorjahr hatte die Kommission eine Mindestverzinsung von 0,75% empfohlen, doch der Bundesrat entschied sich dann für 1%. In der neuen Formel werden Aktien und Immobilien mehr gewichtet, was zu höheren Werten führt, die allerdings auch nur eine Mindestverzinsung von 0,5% ergeben.
Es seien aber weitere Rahmenbedingungen berücksichtigt worden, heisst es in der Mitteilung. Dazu gehörten die Tragbarkeit des Satzes für die Vorsorgeeinrichtungen in Bezug auf die Erträge, die sie selbst auf dem Finanzmarkt erzielen können. Auch solle der Satz das Vertrauen in die 2. Säule stärken, schreibt die BVG-Kommission. Zu berücksichtigen sei ebenso, dass nicht die ganze Rendite einer Vorsorgeeinrichtung für die Mindestverzinsung verwendet werden könne. Die Vorsorgeeinrichtungen hätten die gesetzliche Pflicht, Wertschwankungsreserven zu bilden, Rückstellungen vorzunehmen und die gesetzlichen Rentenanforderungen zu erfüllen. Zudem müssten die Verwaltungskosten der Vorsorgeeinrichtung gedeckt werden.
Der Arbeitgeberverband reagierte empört über die Empfehlung der BVG-Kommission. Diese missachte nicht nur das schwierige Umfeld der Vorsorgeeinrichtungen, sondern schlage auch die eigenen Regeln in den Wind. Zwar herrsche ein Formelstreit, der Befund sei für dieses Jahr aber eindeutig: Alle in den letzten Jahren angewendeten Formeln zeigten einen Mindestzins von 0,5 Prozent an, resumiert die Nachrichtenagentur AWP eine Stellungnahme. Diesen Satz empfiehlt der Arbeitgeberverband wie auch der Pensionskassenverband dem Bundesrat. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund meinte zur Empfehlung, dass die Senkung unter 1 Prozent "aus Sicht der Versicherten ein fatales Signal" wäre. Es gelte, mit dem Mindestzins auch ein gewisses Leistungsziel in der obligatorischen Beruflichen Vorsorge zu erfüllen.
Laut dem Gesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) muss im Obligatorium der Umwandlungssatz mindestens 6,8% betragen. Gemessen an der Lebenserwartung und den Renditeerwartungen ist dieses Minimum etwa ein Viertel zu hoch. Gemessen an den Rentenniveaus liegt faktisch die Renditegarantie für das Alterskapital von allen noch lebenden Rentnern in der beruflichen Vorsorge im Durschnitt zurzeit bei schätzungsweise 4 bis 4,5% pro Jahr.
Im vergangenen Jahr hatten die Pensionskassen das Alterskapital der Erwerbstätigen mit durchschnittlich etwa 1,5% verzinst. Dies führt zu einer Umverteilung von den Erwerbstätigen zu den Rentnern. Je stärker die Renten subventioniert sind, desto tiefer liegt die Kapitalverzinsung für die Erwerbstätigen. Eine weitere versteckte Umverteilung in der Altersvorsorge findet auch vom überobligatorischen Alterskapital zum obligatorischen statt, denn im Überobligatorium sind die Pensionskassen in der Verzinsung frei.
Die Empfehlung dürfte jene Stimmen bestärken, die eine "Entpolitisierung" von Mindestumwandlungssatz und Mindestzinssatz fordern. Diese sollen nach einer festen Formel berechnet werden. Der Nationalrat hat bereits zwei Vorstösse mit dieser Forderung angenommen. Diese sollen in der Herbstsession vom Ständerat behandelt werden. Gleichzeitig wird eine Reform der obligatorischen beruflichen Vorsorge aufgegleist. Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich auf einen Kompromiss geeinigt, der einen tieferen Mindestumwandlungssatz, Verbesserungen für Teilzeitangestellte und Arbeitnehmende mit tiefen Einkommen sowie eine Kompensation für eine Übergangsgeneration verlangt. Die Vorschläge liegen nun beim Bundesrat.