26.11.2024, 14:35 Uhr
Die Grossbank UBS will ihr derzeitiges Wertpapier-Joint-Venture in China vollständig übernehmen. Der Prozess, die Beteiligung an «UBS Securities» auf 100 Prozent zu erhöhen, sei im Gange, hiess es auf Anfrage der...
Die derzeitige Entwicklung an den europäischen Anleihenmärkten sieht aus wie ein Tauziehen der Kräfte, ein Zerren zwischen negativeren Makro- und positiveren Mikrosignalen. Nach dem bisherigen Rückgang der Risikoprämien von Unternehmensanleihen stellt sich die Frage, ob ein weiterer Rückgang noch gerechtfertigt ist. Welche Faktoren sprechen dafür und welche dagegen?
Rosemarie I. Baumann |
Frau Baumann, welche Kräfte wirken von der Makroseite auf die Renditen von Unternehmensanleihen?
Rosemarie Baumann: Einerseits sind die volkswirtschaftlichen Nachrichten zu nennen, die eher ein eingetrübtes Bild zeigen, weil die Konjunktursorgen bestehen bleiben. Auch wenn wir nicht mit einem Rückfall der USA in die Rezession rechnen, wird sich die konjunkturelle Dynamik abschwächen. Andererseits wird die Reduzierung der Risikoprämien noch immer stark von länderspezifischen Ereignissen bestimmt. Wir gehen davon aus, dass die Eurozone von der Unsicherheit über die Konsolidierung der PIGS-Staaten noch einige Zeit belastet wird. Langfristig dürfte sich zudem der Rating-Herabstufungszyklus einiger Eurozonen-Staatsanleihen fortsetzen, was ebenfalls die Stimmung trüben könnte.
Und welche Kräfte wirken von der Mikroseite?
Baumann: Erstens gab es keine Sommerflaute bei den Unternehmensgewinnen und sie lagen im 2. Quartal klar über den Schätzungen der Analysten sowohl in den USA als auch in Europa. Darüber hinaus verbesserten sich nicht nur die Gewinne, sondern erfreulicherweise auch die Umsätze. Ein ähnlich positiver Trend zeichnet sich bereits für das 3. Quartal ab, selbst wenn dieser weniger beeindruckend ausfallen dürfte. Zweitens konnten Unternehmen ihre Bilanzen sanieren und Liquiditätspolster anlegen, sodass sie jetzt finanziell stärker sind als vor der Krise. Auch wenn sich der Aufwärtstrend der Ratings in den kommenden Monaten eher abschwächt, weil die Ratingagenturen nur ein gedämpftes Vertrauen in die globale Wirtschaftserholung setzen, erwarten wir, dass sich die Kreditqualität der europäischen Schuldner in vielen Sektoren graduell weiter verbessert. Drittens gehen wir davon aus, dass die M&A-Aktivitäten bis ins 1. Halbjahr 2011 zumindest in Europa eher kleinvolumig bleiben. Viertens sind die Risikoprämien angesichts niedriger Ausfallraten und verbesserter Ertragsperspektiven sehr attraktiv. Fünftens sollten die technischen Faktoren die Creditspreads unterstützen. Die niedrigen Renditen dürften den Anlagenotstand vieler institutioneller Anleger verstärken und die Nachfrage nach Neuemissionen oder Anleihen des Sekundärmarktes anheizen. Sechstens sind die Refinanzierungskosten der Unternehmen auf historischen Tiefstständen angelangt mit durchschnittlich 3,2 % für Non-Financials mit A-Rating sowie 3,8 % mit BBB-Rating, was ein finanzierungstechnischer Vorteil für Unternehmen ist.
Das klingt sehr positiv. Gibt es auf der Mikroseite auch Risiken?
Baumann: Tatsächlich lauern auch auf der Mikroseite einige Risiken. So könnten sich die Gewinnerwartungen der Analysten trotz bereits erfolgter Senkungen für 2011 als zu optimistisch herausstellen, wenn entgegen unserer Einschätzung die Wirtschaftsdynamik im Jahr 2011 merklich nachlassen sollte oder die Rohstoffpreise deutlich steigen. Umgekehrt dürften die M&A-Aktivitäten zunehmen und damit in der Regel auch die Verschuldung, wenn sich die Wirtschaft 2011 graduell schneller erholt als erwartet. Würde eine Übernahmewelle mit grossvolumigen Fusionen einsetzen, könnte dies die bisherige gute Qualität der Unternehmensbilanzen gefährden und die Möglichkeit sinkender Risikoprämien leicht zunichte machen.
Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesem Kräftemessen?
Baumann: Obwohl Rückschläge einzelner PIGS-Länder nicht ausgeschlossen werden können und die damit verbundenen Ängste die Anleihenmärkte temporär dominieren, glauben wir, dass das Umfeld für Unternehmensanleihen bis ins zweite Quartal 2011 günstig bleiben wird. Bedingungen wie ein niedriges Wachstums- und Inflationsumfeld gekoppelt mit niedrigen Zinsen sollten Unternehmensanleihen ausreichend unterstützen. Für 2010 rechnen wir mit Erträgen im mittleren einstelligen Bereich. Im Vergleich zu anderen Assetklassen wie EUR-Staatsanleihen und Covered Bonds, sollten Unternehmensanleihen höhere Gesamterträge abliefern und dienen damit zur Steigerung der Portfoliorendite bei gleichzeitiger Diversifikation. Das Potential für sinkende Risikoprämien ist jedoch begrenzt, weil wir nicht glauben, dass das Vor-Krisen-Niveau auf absehbare Zeit erreicht wird. Unseres Erachtens besteht mittelfristig noch Einengungspotential von durchschnittlich 20 bis 40 Basispunkten für die Risikoprämien von Non-Financials. Dabei dürfen allerdings die zunehmend negativen Einschätzungen von Euro-Peripherieländeranleihen nicht wieder die Oberhand gewinnen und das weitere Abschmelzen der Risikoprämien von Unternehmensanleihen behindern. Eine Unternehmensanleihe mit einem Renditeaufschlag von 1,8 Prozentpunkten gegenüber deutschen Staatsanleihen und einer 5-jährigen Restlaufzeit halten wir jedoch allein wegen des Mehrertrags für attraktiv. Obwohl nicht mehr alle Unternehmensanleihen billig erscheinen, sprechen grundsätzliche Überlegungen dafür, einen wesentlichen Anteil in Unternehmensanleihen zu halten. In unserer strategischen Ausrichtung bevorzugen wir bei den Non-Financials derzeit Schuldner, die aus den EU-Kernländern stammen, einen möglichst hohen Exportanteil aufweisen und einer tieferen Ratingklasse entsprechen, also ausgewählte solide BBB-Emittenten.
Was ist bei der Sektor- und Branchenauswahl zu beachten?
Baumann: Bei den Non-Financials halten wir weiterhin einen höheren Anteil ausgewählter Schuldner in zyklischen Branchen, also Grundstoffe, Industrie, Baugewerbe, Medien und zyklische Konsumgüter. Zudem heben wir die durchschnittliche Restlaufzeit in defensiven Sektoren wie Telekom, Versorger und Tabak an. Ferner investieren wir in BBB-Schuldner, die ein stabiles Gewinnwachstum haben und zu den fundamental soliden Sektoren gehören. Dazu rechnen wir Energie, Basiskonsumgüter und vereinzelt auch Telekommunikation. Bei den Financials gewichten wir derzeit Banken (Senior) unter, während wir Versicherer (Senior) neutral halten.
(kab)