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SNB-Ausschüttungen für Bund und Kantone in Gefahr

Langfristig dürften Bund und Kantone laut UBS weiterhin mit Ausschüttungen rechnen, im nächsten Frühjahr aber möglicherweise nicht. (Bild: Shutterstock.com/Michael Derrer Fuchs)
Langfristig dürften Bund und Kantone laut UBS weiterhin mit Ausschüttungen rechnen, im nächsten Frühjahr aber möglicherweise nicht. (Bild: Shutterstock.com/Michael Derrer Fuchs)

Die Nationalbank dürfte für die Periode von April bis Juni einen Verlust in der Grössenordnung von 50 Mrd. Franken ausweisen, schätzt die UBS. Für das erste Halbjahr würde dann ein Gesamtverlust von 80 bis 85 Mrd. Franken resultieren. Bei einem Jahresverlust von rund 93 Mrd. Franken müsste die SNB auf eine Ausschüttung für das Geschäftsjahr 2022 verzichten.

14.07.2022, 16:59 Uhr
Notenbanken

Redaktion: rem

Am 29. Juli publiziert die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihr Finanzergebnis für das zweite Quartal und das erste Halbjahr 2022. die UBS schätzt, dass die SNB im zweiten Quartal einen Verlust in der Grössenordnung von rund 50 Mrd. CHF (vgl. Abbildung) ausweist, womit sich der Gesamtverlust für das erste Halbjahr 2022 auf 80 bis 85 Mrd. CHF belaufen würde.

Steigende Zinsen, Rückschläge an den Aktienmärkten, fallende Goldnotierungen und ein gegenüber vielen Währungen stärkerer Franken prägten das zweite Quartal. Der Weltaktienmarktindex MSCI World verlor von April bis Juni rund 14% an Wert.

  • Bei einem Aktienportfolio von gut 240 Mrd. CHF wäre das nach Berechnungen der UBS ein Verlust von circa 35 Mrd. CHF.
  • Gold (in Schweizer Franken gemessen) verlor im zweiten Quartal rund 3% an Wert, was bei einem Goldvorrat von 60 Mrd. CHF rund 1,8 Mrd. CHF Verlust bedeuten würde.
  • Die Trendumkehr in der Geldpolitik hat in den Industriestaaten zu einem signifikanten Zinsanstieg geführt. Die Zinsen von 5-jährigen Staatsanleihen sind um 50 bis 80 Basispunkte gestiegen, was das SNB-Ergebnis mit rund 15 bis 20 Mrd. CHF belasten dürfte.
  • Der Einfluss der Währungen auf das Ergebnis fiel unterschiedlich aus. Der Franken wertete sich zwar gegenüber dem US-Dollar deutlich ab, gegenüber den meisten Währungen jedoch auf. Das dürfte in einem leichten Währungsverlust resultieren. Gestützt wird das SNB-Ergebnis von wiederkehrenden Erträgen wie Zins- und Dividendenzahlungen sowie den Negativzinsen.

Bruttoerfolg der SNB nach Komponenten

Ausschüttungen an Bund und Kantone in akuter Gefahr

Im Januar 2021 erneuerten das Eidgenössische Finanzdepartement und die SNB die Modalitäten für die Gewinnausschüttung der SNB an Bund und Kantone für die Periode 2020 bis 2025. Eine Ausschüttung erfolgt nur, wenn ein Bilanzgewinn vorliegt. Dieser setzt sich aus dem Gewinnvortrag aus dem letzten Jahr und dem ausschüttbaren Jahresergebnis zusammen. Dieses wiederum stellt das Jahresergebnis nach Zuweisung an die Rückstellung für Währungsreserven dar. Die SNB hat 2020 eine jährliche Mindestzuweisung an die Rückstellungen für Währungsreserven beschlossen, die 10% der bereits bestehenden Rückstellungen beträgt.

Der Gewinnvortrag aus dem Jahr 2021 beträgt 102,5 Mrd. CHF. Die SNB dürfte laut UBS wohl an der bisherigen Praxis der Rückstellungen festhalten, wofür sie rund 9,5 Mrd. CHF bereitstellen müsste. Stand heute seien die Ausschüttungen zumindest gefährdet. UBS erwartet zwar eine Erholung der Aktienmärkte in der zweiten Jahreshälfte, trotzdem sollte aus der Perspektive einer vorsichtigen Fiskalpolitik die SNB-Ausschüttung im nächsten Jahr nicht als gesetzt angesehen werden, so die vorsichtige Formulierung.

SNB-Gewinne reagieren sehr sensibel auf kleine Veränderungen

Dieser Punkt werde noch dadurch verstärkt, dass SNB-Gewinne sehr sensibel auf kleine Veränderungen in den Finanzmärkten reagieren: So führt bereits eine 1-Rappen-Aufwertung des Frankens gegenüber dem US-Dollar und Euro zu einem Verlust von rund 7 Mrd. CHF. Ein Anstieg der globalen 5-jährigen Zinsen um 10 Basispunkte bei einem Rückgang des globalen Aktienmarktes (MSCI World) um 1% würde ein Gewinnrückgang von 6 Mrd. CHF bedeuten. Die hohe Volatilität der letzten Monate dürfte deshalb zu massiven täglichen Bewertungsänderungen geführt haben. Aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten erwarten die UBS-Ökonomen
auch im zweiten Halbjahr eine hohe Volatilität.

UBS erwartet auf Basis ihrer eigenen langfristigen Renditeerwartungen für verschiedene Anlageklassen ein jährliches Renditepotenzial für das SNB-Portfolio von rund 1 bis 1,5%. Der Ausverkauf an den Anleihen- und Aktienmärkten hat deren Überbewertung deutlich reduziert und entsprechend den Ausblick verbessert. Die Performance dürfte aber darunter leiden, dass die deutlich tiefere Inflation in der Schweiz im Vergleich zum Rest der Welt in den nächsten Jahren zu einer klaren Aufwertung des Frankens gegenüber dem US-Dollar und dem japanischen Yen führen dürfte. Gegenüber dem Euro ist der Franken inzwischen fair bewertet, die Aufwertung des Frankens dürfte deswegen nur mässig ausfallen.

Bei einem Portfolio von fast einer Billion Franken bedeutet ein längerfristiges Potenzial von 1 bis 1,5% ein durchschnittlicher jährlicher Gewinn von 10 bis 15 Mrd. CHF, sofern die SNB nicht beschliesst, ihre Devisenreserven deutlich zu reduzieren. "Langfristig dürfen Bund und Kantone damit weiterhin mit Ausschüttungen rechnen, im nächsten Frühjahr aber möglicherweise nicht", erwarten die UBS-Experten.

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