20.12.2024, 10:54 Uhr
Aus der Krise der Credit Suisse und der von den Behörden erzwungenen Notfusion der Grossbank mit der UBS sollen Lehren gezogen werden. Dieser Ansicht ist die parlamentarische Untersuchungskommission. Sie hat ihren...
Der Willis Towers Watson Pension-Index ist im 2. Quartal um weitere 2,5% gestiegen, da die Pensionsverpflichtungen der Unternehmen in diesem Zeitraum stärker gesunken sind als ihre Vermögenswerte. Der Deckungsgrad lag per 30. Juni 2022 bei 129,7%.
Der Anstieg der Diskontierungszinsen im Laufe des Jahres 2022 hat im zweiten Quartal laut dem Swiss Pension Finance Watch von Willis Towers Watson (WTW) dazu geführt, dass die Pensionsverpflichtungen für Unternehmen nach internationalen Rechnungslegungsstandards seit Anfang des Jahres um mehr als 20% auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren gefallen sind. Die Pensionsvermögen sind ebenfalls zurückgegangen, wenn auch nur in geringerem Masse. Dadurch stieg der WTW-Pension-Index im 2. Quartal um weitere 2,5% an. Der Deckungsgrad (d. h. das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen) lag gemäss dem Index per 30. Juni 2022 bei 129,7%, gegenüber 127,2% per 31. März 2022.
Die Anleiherenditen, welche dem Diskontsatz zugrunde liegen, stiegen in diesem Quartal zum zweiten Mal in Folge stark an, was seit Jahresende zu einem weiteren Rückgang der Verbindlichkeiten um mehr als 10% führte. Die Renditen von Unternehmensanleihen stiegen im Laufe des Quartals um ca. 90 Basispunkte an, was auch dem Anstieg im ersten Quartal entspricht. Obwohl die Pensionsvermögen im Quartal um 8,5 % zurückgingen, konnten die Unternehmensbilanzen entlastet werden dank der Tatsache, dass auch ihre Pensionsverpflichtungen gesunken sind. "Die Diskontierungssätze sind in den letzten fünf bis zehn Jahren langsam, aber stetig gesunken. Die Unternehmensbilanzen wurden in vielen Fällen negativ beeinflusst, weil die Verbindlichkeiten der Unternehmen schneller wuchsen als ihre zugehörigen Vermögenswerte. Spätestens seit Beginn der ersten Hälfte dieses Jahres hat sich diese Situation drastisch gewandelt", kommentiert Adam Casey, Leiter Corporate Retirement Consulting bei WTW in Zürich.
Wenn Anleiherenditen allgemein steigen, sinkt der Wert von bereits gehaltenen Anleihen – und vice versa. Wie die WTW-Experten weiter erläutern, halten Pensionskassen in Teilen Anleihen, die eine ähnliche Duration haben wie ihre Verbindlichkeiten, wobei dieser Aktiv-Passiv-Match einen natürlichen Hedge darstelle. In einer Zeit tiefer Anleiherenditen entschieden sich viele Pensionskassen, ihre Investitionen in längerfristige Anleihen zu reduzieren und kurzfristigen Anleihen, Immobilien und alternativen Anlagen den Vorzug zu geben. Der Grund hierfür sei vermutlich gewesen, Vermögensverluste zu verringern, wenn Anleiherenditen wieder ansteigen und der Wert des Anleiheportfolios sinkt.
Aus der Sicht von Casey ist der Eindruck entstanden, dass viele Pensionskassen in der Erwartung investiert haben, dass die Anleiherenditen wieder steigen. "Ihre Entscheidung, sich von Investitionen in längerfristige Anleihen zu verabschieden, hat sich nun endlich ausgezahlt. Aber war es das wert? Oder was vielleicht noch wichtiger ist: Wie sollten sie ihre Portfolios im neuen Marktumfeld anlegen?", fragt er.
Die Resilienz der Pensionskassenportfolios gerate immer stärker unter Druck. Die globalen Märkte leiden weiterhin unter Verlusten, die insbesondere durch den Ukraine-Krieg und die sich kumulierenden Probleme für das Wirtschaftswachstum in einem Umfeld steigender Inflation verursacht werden. Gemäss dem Pictet 2005 BVG-40 Plus Index lag die durchschnittliche Rendite einer Schweizer Pensionskasse im zweiten Quartal 2022 bei -8,5%, was einer Jahresrendite von -13,3% entspricht. Jedoch hätten die meisten Schweizer Pensionskassen auf diese Entwicklung bislang eher zurückhaltend reagiert.
Nach 15 Jahren expansiver Geldpolitik, welche dazu führte, dass die realen Zinssätze unter 0% fielen, steigt die Inflationsrate seit einigen Monaten wieder an. Gleichwohl ist sie in der Schweiz dank der Stärke des Schweizer Frankens im Juni mit 3,4% deutlich tiefer als in den USA und Europa, wo sie rund 9% beträgt. Steigende Inflation wird assoziiert mit Kaufkraftverlust sowie mit Verlusten bei zahlreichen Investitionen. Daher sollten Pensionskassen bei der Überprüfung ihrer Anlagestrategien vor allem deren Krisenresistenz gegenüber der Auswirkungen der Inflation im Auge haben, raten die WTW-Experten.
Die Überprüfung dieser Anlagestrategien kann recht komplex sein, wie Alexandra Tischendorf, Leiterin Investment bei WTW in Zürich, darlegt: "Die Auswirkungen der Inflation auf Sachwerte sind nicht immer leicht vorherzusehen. Der Preis dieser Sachwerte kann je nach Höhe der Inflation steigen oder fallen. Daher ist der Inflationsschutz nur begrenzt, denn steigende Werte gehen auch mit einer deutlich höheren Volatilität einher. Die derzeitigen Turbulenzen spiegeln diese Lage wider: Höhere Zinsen in Verbindung mit Rezessionsängsten führten gleichzeitig zu Verlusten bei Anleihen und Aktien."
Tischendorf rät den Stiftungsräten der Pensionskassen, nicht den langfristigen Anlagehorizont und ihre Ziele aus den Augen zu verlieren. Sie müssten sich weiterhin auf eine langfristige, nachhaltige Ausrichtung ihrer Anlagestrategien konzentrieren. Dazu gehörten Aspekte wie die Diversifizierung von Risikoprämien, die Berücksichtigung nachhaltiger Anlageprinzipien sowie eine Verbesserung des Risikomanagements und der Governance.