Regulierungspause und faire Wettbewerbsbedingungen

Regulierung bleibt ein bestimmendes Thema der Fondsbranche. Der deutsche Fondsverband BVI zählte allein in den vergangenen sechs Jahren insgesamt 98 Regulierungsvorhaben. Da die zunehmende Regulierungsdichte auch zu uneinheitlichen Regeln führt, empfiehlt der BVI eine Regulierungspause und fordert angeglichene Rahmenbedingungen für unterschiedliche Finanzprodukte, um fairen Wettbewerb zu ermöglichen.

11.02.2015, 13:25 Uhr

Redaktion: ist

Richtig in Fahrt kam die Regulierung ein Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008. Seitdem häuften sich die Vorschriften. Insgesamt bewertet der Fondsverband die Regulierung der letzten Jahre für sich überwiegend positiv. So sind laut Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI, die Regulierer ihrem Ziel, den Verbraucherschutz zu erhöhen und die Systemrisiken zu verringern, ein gutes Stück näher gekommen. „Bei den offenen Fonds war die Regulierung eine Evolution, bei den geschlossenen eine Revolution“, resümierte Richter.

Kritisch wertete er jedoch die zunehmende Regulierungsdichte, denn verstärkt häuften sich uneinheitliche und überlappende Regeln. „Widersprüche, Inkonsistenzen und Doppelregulierungen schaffen Rechtsunsicherheit, erzeugen einen erheblichen bürokratischen Aufwand und erhöhen die Kosten auch für die Anleger“, kritisierte Richter. Der BVI habe daher zwei zentrale Forderungen an Gesetzgeber und Regulator. „Erstens brauchen wir eine Regulierungspause. Die Regeln der letzten Jahre müssen auf ihre Wirkung geprüft werden. Zweitens müssen die Rahmenbedingungen für unterschiedliche Finanzprodukte so weit wie möglich angeglichen werden, um fairen Wettbewerb zu ermöglichen und Fehllenkungen zu vermeiden“, so Richter.

Unbeabsichtigte Lenkungswirkung bei der Beratung
Die Forderung nach faireren Wettbewerbsbedingungen begründet der BVI unter anderem damit, dass die Regulierung in der Praxis eine unbeabsichtigte Lenkungswirkung entfaltet. Bestes Beispiel dafür seien die Vertriebsregeln für Finanz- und Versicherungsprodukte. Berater in Finanzprodukten, die unter die Finanzmarktrichtlinie MiFID II fallen, dürfen sich zum Beispiel künftig nur dann als unabhängig bezeichnen, wenn sie von den Produktanbietern keine Provisionen annehmen und dem Kunden eine breite Produktpalette anbieten. Das soll für Versicherungsvermittler jedoch nicht gelten. Bei Fonds müssen Provisionen ausserdem dazu bestimmt sein, die Beratungsqualität zu verbessern. Bei Versicherungen soll es genügen, wenn die Provisionen dem Kunden nicht schaden. Dieses Regulierungsgefälle benachteiligt laut BVI jedoch Fonds gegenüber Versicherungen.

Ein weiteres Beispiel für eine unbeabsichtigte Lenkungswirkung ist das Beratungsprotokoll, das nach dem Wertpapierhandelsgesetz für die Anlageberatung in Wertpapieren vorgeschrieben ist. Im Gegensatz zur Beratung zu Fonds, Derivaten und Aktien muss bei Bausparverträgen und Einlagen kein Protokoll ausgefüllt werden. Bei Lebensversicherungen kann der Kunde auf das Protokoll verzichten. „In der Praxis ist die Wertpapierberatung extrem aufwändig; der Berater kann diesen Aufwand vermeiden, indem er Produkte ohne Protokollpflicht empfiehlt. Damit besteht eine Lenkungswirkung weg von Wertpapieren. Das ist gerade vor dem Hintergrund der anhaltend niedrigen Zinsen fatal“, so Richter weiter.

Insgesamt bewertete Richter das Jahr 2014 in regulatorischer Hinsicht positiv. Besonders zufrieden ist der BVI mit zwei grossen europäischen Gesetzeswerken, bei denen es zu erheblichen Verbesserungen gekommen ist. Im Rahmen der MiFID II erreichte der BVI eine Entschärfung der ESMA-Vorschläge zur Provisionsberatung. „Der zweite Entwurf ist ein klarer Fortschritt. Die Provisionsberatung bei Wertpapieren steht zumindest nicht mehr in Frage. Völlige Entwarnung können wir allerdings noch nicht geben, der Teufel steckt im Detail“, kommentierte Richter die ESMA-Vorschläge.

Im Rahmen der Verordnung „Packaged Retail and Insurancebased Investment Products“, kurz PRIIPs, gelang ein einheitlicher Informationsstandard für alle Anlageprodukte. Künftig sollen Verbraucher in der EU bei Investmentfonds, kapitalbildenden Lebensversicherungen und Zertifikaten ein einheitliches Produktinformationsblatt erhalten, um so Chancen, Risiken und Kosten von Fonds, Zertifikaten und Lebensversicherungen miteinander zu vergleichen.

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