22.11.2024, 13:09 Uhr
Die Kerninflation in Japan lag im Oktober bei 2,3 Prozent, das ist etwas weniger als noch im September. Aber minimal mehr als erwartet worden war.
Leichte Zinserhöhungen in einigen Volkswirtschaften müssen in die Investitionsaussichten einbezogen werden, empfehlen mit Blick aufs nächste Jahr die Anlagestrategen von Axa Investment Managers. Vieles sei jedoch bereits eingepreist, selbst an den Anleihenmärkten. Aktien würden mässig höhere Zinsen verkraften, solange die Erträge steigen.
Auch kurz vor dem zweiten Jahrestag des Ausbruchs der Corona-Pandemie bleibt Covid eine der Hauptsorgen am Anlagemarkt. Während einige Länder die Impfraten erhöhen, kommt es in anderen zu neuen Ausbrüchen – und seit Ende November breitet sich die Omikron-Variante aus.
Das Corona-Virus könne Nachfrage und Angebot nach wie vor aus dem Gleichgewicht bringen, was sich in einem "Risk-off"-Verhalten an den Finanzmärkten niederschlägt, stellt Axa Investment Managers (Axa IM) fest. In der Regel werfen Schocks die Frage auf, ob die Weltwirtschaft in der Lage ist, ihr Erholungstempo beizubehalten. Das wiederum löst den Kauf von vermeintlich sicheren Anlagen aus, "was zu kontraintuitiven Bewegungen bei Anleiherenditen führt, wenn das makroökonomische Narrativ von inflationärem Wachstum und höheren Zinssätzen geprägt ist."
Im kommenden Jahr wird sich dieses Marktverhalten nach Ansicht der Anlagestrategen von Axa IM wahrscheinlich fortsetzen. Während Corona zwar ein Thema bleibt, dürfte der globale Anstieg der Inflationsraten die Hauptsorge sein.
Die politischen Entscheidungsträger sind den potenziellen Auswirkungen des Virus auf die Weltwirtschaft mit aggressiven Zinssenkungen und einer Lockerung der fiskalischen Rahmenbedingungen begegnet. Dies hat das Wirtschaftswachstum zunächst gestützt und dann angekurbelt und sich in höheren Bewertungen von Unternehmensanlagen niedergeschlagen.
"Der Kampf gegen die Inflation bleibt nicht ohne Folgen", gibt Axa IM zu bedenken. Die Zentralbanken haben in den letzten Jahren versucht, die Inflation anzukurbeln, jetzt stehen sie möglicherweise vor der Aufgabe, sie zu senken. Dafür müssen die Zinssätze in mehreren Volkswirtschaften steigen, was unterschiedliche Auswirkungen auf die Renditen an den Anleihe- und Aktienmärkten sowie auf das Wirtschaftswachstum haben wird.
"Mit Blick auf 2022 müssen sich Anlegerinnen und Anleger mit einer Reihe von Fragen auseinandersetzen, etwa mit der Inflationsentwicklung, ob die Zentralbanken mehr tun müssen als bereits eingepreist ist, und wie die Portfolios angepasst werden sollten, um sich gegen ein schlechteres Ergebnis abzusichern." Dieses schlechtere Ergebnis wäre gemäss Axa IM eine noch höhere Inflation, eine aggressivere Straffung der Geldpolitik und eine anschliessende Verschlechterung der Wachstumsaussichten.
Das Axa-IM-Basisszenario stimmt mit dem überein, was auf den Anleihemärkten eingepreist ist. Bislang habe dies einen erheblichen Anstieg der langfristigen Renditen verhindert, was wiederum den Aktienmärkten gute Renditen ermöglicht hat. Mehrere grosse Zentralbanken könnten jedoch im Laufe des nächsten Jahres damit beginnen, die Leitzinsen ab ihrem Pandemie-Krisenniveau anzuheben.
"Diese Massnahmen würden von sehr niedrigen Niveaus ausgehen und wären, wenn die Markteinschätzungen richtig liegen, nur von begrenztem Ausmass. Die Ära der pandemiebedingten Krisen-Geldpolitik neigt sich jedoch dem Ende zu", konstatiert der Asset Manager des französischen Versicherungskonzerns.
Ein Schock bei Anleihen und anschliessend bei Aktien würde nur dann eintreten, wenn es den Anschein hätte, dass die politischen Entscheidungsträger ihren Ausblick auf den langfristigen Gleichgewichtszins änderten. Wenn neue Daten die Fed zur Einsicht veranlassen würde, dass ihr Leitzins nicht bei 2,5%, sondern etwas höher liegen müsse, könnten die langfristigen Anleiherenditen und besonders die realen Renditen deutlich über das in den letzten zwei Jahren am Markt beobachtete Niveau steigen.
Das würde die Wachstums- und Ertragsdynamik untergraben. Auf negative Anleiherenditen würden schnell grosse Korrekturen an den Aktienmärkten folgen.
In den 1980er Jahren war es der unerwartete Rückgang der Inflation, der die realen Renditen in die Höhe trieb. Es bestehe das Risiko, dass 2022/2023 die umgekehrte Situation eintrete, sagt Axa IM. Dies bleibe jedoch vorerst ein Risiko und keine zentrale Erwartung. Der Inflationsanstieg werde voraussichtlich temporär sein. Die Vorstellung, dass es in den USA und anderen grossen Volkswirtschaften wieder zu einer Lohn-Preis-Spirale kommt, erscheine etwas gar phantasievoll.
Die Anleihemärkte könnten eine leichte Zinsstraffung verkraften, solange die Inflation zurückzugehen scheine. Und am Aktienmarkt wären rund 100 Basispunkte keine Katastrophe für Aktionäre. "Geringfügig höhere Zinsen und eine leichte Abschwächung des Gewinnwachstums bei Aktien sind kaum der Stoff, aus dem die Bärenmärkte sind", beruhigt der Vermögensverwalter. Die anhaltende Erholung, Innovationen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und die Umstellung der Lieferketten dürften den Aktienanlegern noch einige Zeit starken Rückenwind geben.
Eine gewisse Portfolio-Absicherung bleibe jedoch sinnvoll. Inflationsgebundene Anleihen haben die tatsächliche Inflation in diesem Zyklus übertroffen und dürften es auch im kommenden Jahr tun, heisst es aus Paris. Andere festverzinsliche Anlagen würden es schwer haben, aber selbst dann könnten aktiv verwaltete Durations- und Kredit-Engagements positive Renditen erzielen.
Axa IM gibt zu bedenken, dass die Märkte für Staatsanleihen aus Industrieländern nur selten zwei Jahre in Folge negative Renditen aufweisen. Prognosen über deutlich höhere Anleiherenditen haben sich in der Vergangenheit als falsch erwiesen – sie könnten es erneut sein.
Auf der Aktienseite würden Unternehmen mit geringerem Fremdkapitalanteil, mit starker Preissetzungsmacht und innovativen Produktlinien florieren.
Der Fortschritt bei der Dekarbonisierung werde zunehmend die Kapitalallokation und die Investitionsmöglichkeiten diktieren, stimmt das französische Finanzhaus dem Konsens unter den Anlagestrategen zu. Investoren spielten eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung der Dekarbonisierung: durch ihre Vermögensallokation, die Zusammenarbeit mit Unternehmen bei Umstellungsplänen und die Unterstützung neuer Technologien und Geschäftsmodelle, die in Bezug auf ESG hoch bewertet werden.
Die Energiepreise sind gestiegen – ein Hauptgrund dafür, dass auch die Inflation zugenommen hat. Aber es gibt noch keinen globalen Ansatz für die Bepreisung von Kohlenstoff, was laut Axa IM die Energiepreise noch weiter in die Höhe treiben könnte. Wenn es so weit sei – und das werde es –, würden sich die wirtschaftlichen Verhältnisse deutlich zugunsten der erneuerbaren Energien verschieben.
"Davon werden die vorgelagerten Bereiche schnell profitieren. Für die Anleger werden sich Möglichkeiten ergeben, von dem daraus resultierenden Wachstum zu profitieren", so die Anlageexperten aus Paris.