LGT: "Nach Extremszenarien diversifizieren"

20.12.2010, 13:44 Uhr

Eher Wirtschaftsaufschwung oder gar ein erneutes Abrutschen in die Rezession? Im Interview sagt Dr. Alex Durrer, Chefökonom der LGT Group, dass zwar die Wende zum moderat Besseren wahrscheinlicher ist, doch die Konjunktur sei noch sehr instabil. Diversifikation, insbesondere auch nach Extremszenarien, sei für Anleger daher Pflicht. Er bevorzugt grundsätzlich Aktien gegenüber Zinsanlagen und rät generell den Euro und den US-Dollar zu meiden, welche zu Schwachwährungen prädestiniert seien.

Herr Durrer, was sind die Marktaussichten für 2011?
In unserem globalen Hauptszenario fehlt es der Konjunktur nach wie vor an richtig dynamischem Drive sowie an nennenswertem Inflationsdruck. Immerhin ist eine unspektakuläre Wende zum moderat Besseren wahrscheinlicher geworden als der bis vor kurzem zu befürchtende Doppeltaucher zurück in die Rezession. In diesem Umfeld favorisieren wir grundsätzlich Aktien gegenüber festverzinslichen Anlagen – freilich ohne zu erwarten, dass "die Bäume gleich in den Himmel wachsen".

Welche Anlagen bevorzugen Sie im nächsten Jahr?
Grundsätzlich gewichten wir die so genannten risikoreicheren Anlageklassen stärker als die vermeintlich risikoärmeren. Das heisst, wir fahren mit einer Übergewichtung von Aktien-, Kredit- und High Yield-Anlagen ins neue Jahr. Mit Blick auf die Regionen zeichnen sich keine klaren Favoriten ab. Wir wetten zwar nicht gegen die mittlerweile fast überall in Mode geratene Präferenz für Emerging Markets, generell werden wir dieses Muster aber nicht verfolgen.

Freilich sind sowohl strukturelle Rahmenbedingungen als auch die konjunkturelle Entwicklung viel zu wenig stabil, als dass man jetzt schon eine Positionierung für das ganze Jahr 2011 festlegen dürfte. Demnach fühlen wir uns auch verpflichtet, diese Positionierung permanent kritisch zu hinterfragen. Navigieren statt prognostizieren lautet diesbezüglich unsere Devise.

Was sind die grössten Risiken und wie können sich Investoren am besten schützen?
Ein grosses – wenn nicht gar das grösste – Risiko wurde schon in der Antwort zuvor genannt: Vorsicht vor übertriebener Zuversicht! Wahrnehmung, Filterung und Gewichtung von Themen durch die Finanzmärkte sind keine linearen Prozesse, gehorchen keinen mechanischen Gesetzen. Daher darf die kritische Beobachtung aller marktbestimmenden Gegebenheiten nie nachlassen. Dies ist gewissermassen der Beitrag zur "aktiven Sicherheit". Zur "passiven Sicherheit" führen – auch wenn es altmodisch klingt – allein die zwei Prinzipien der Diversifikation und der Disziplin. Die Diversifikation hat dabei nicht nur traditionell nach Währungen, Gegenparteien, Anlageklassen und - stilen sowie weiteren Kriterien zu erfolgen, sondern vor allem auch nach konsequent zu Ende gedachten Extremszenarien.

Welche Währungen sind zu empfehlen und welche meiden Sie?
Neben "Gold", dessen fundamental solider Glanz schon lange sämtliche Papierwährungen überstrahlt, gehören die makroökonomisch soliden Währungen beziehungsweise sicheren Häfen Schweizer Franken, norwegische Krone und schwedische Krone zu unseren Favoriten. Innert Kürze könnte auch das britische Pfund wieder zu dieser Top Drei aufschliessen, noch zählt es aber nicht dazu. Definitiv zu meiden sind der US-Dollar und der Euro. Beide sind wie hässliche Geschwister und als solche zu fundamentalen Schwachwährungen prädestiniert. (mak)

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