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«Leistungen der zweiten Säule werden unterschätzt»

Mehr Leute lassen sich ein höheres PK-Kapital auszahlen. (Bild PeopleImages.com - Yuri A/Shutterstock)
Mehr Leute lassen sich ein höheres PK-Kapital auszahlen. (Bild PeopleImages.com - Yuri A/Shutterstock)

Die durchschnittlichen BVG-Leistungen zwischen 2015 und 2022 sind gemäss einer Studie weniger stark gesunken als gemeinhin angenommen. Um das zu belegen, hat Avenir Suisse die steigenden Kapitalbezüge als «äquivalente Renten» berechnet.

26.06.2024, 10:00 Uhr
Vorsorge

Redaktion: ras

Die Medianrente der Schweizer Pensionskassen sank von 2015 bis 2022 gemäss Bundesamt für Statistik um 9%, von 1'907 auf 1'744 Franken pro Monat. Dies wird oft als Resultat der sinkenden Umwandlungssätze angesehen. Doch eine Studie von Avenir Suisse zeigt auf, dass unter anderem auch die wachsende Bedeutung der Kapitalbezüge zu den sinkenden Renten beiträgt.

Zahl der Rentenbezüger sinkt, Zahl der Kapitalbezüger steigt

So ist der Anteil der Neurentner zwischen 2015 und 2022, die sich ihr Kapital ganz oder teilweise auszahlen liessen, um 7 Prozentpunkte von 49 auf 56 Prozent gestiegen. Zudem haben die Medianbeträge der bezogenen Sparvermögen von 85’000 auf 114’000 Franken zugenommen.

Somit verfälscht die Analyse der Rentenbezüge allein – ohne Berücksichtigung der Kapitalbezüge – die Erfolgsbilanz der beruflichen Vorsorge. Um sich ein realistisches Bild zu verschaffen, hat Avenir Suisse eine «äquivalente Rente» berechnet, indem das ausbezahlte Kapital in hypothetische Jahresrenten umgerechnet wurde.

Steigende Lebenserwartung erhöht Rentenauszahlungen

Bezieht man nämlich die erfolgten Kapitalbezüge in diese «äquivalenten Renten» mit ein, reduziert sich der Rentenrückgang bei einem durchschnittlichen Umwandlungssatz um knapp die Hälfte von 9 auf rund 5 Prozent zwischen 2015 und 2022. Der durchschnittliche Umwandlungssatz ist zwischen 2015 und 2022 bei Männern im Alter von 64 beziehungsweise 65 Jahren von 6,3 auf 5,4 Prozent gesunken und bei Frauen von 6,2 auf 5,4 Prozent.

Wendet man den Mindestumwandlungssatz von 6,8% an, sinken die Leistungen sogar nur um 1%. «Wenn man berücksichtigt, dass die Renten aufgrund der steigenden Lebenserwartung im Durchschnitt 6 Monate länger ausbezahlt wurden, erweist sich der angeblich starke Leistungsabbau in der zweiten Säule weitgehend als Phantom», schreibt Avenir Suisse.

Leistungszuwachs für Frauen

Dank wachsender Erwerbsbeteiligung seien die Leistungen der Frauen zwischen 2015 und 2022 je nach Umwandlungssatz um 2 bis 6 Prozent gestiegen – und dies trotz einer höheren Lebenserwartung. Bei den Männern sind die «äquivalenten Renten» im gleichen Zeitraum zwischen 4 und 9 Prozent gefallen, allerdings auch bei ihnen unter Einbezug einer um sieben Monate höheren Lebenserwartung.

Individuelle Parameter wie Beschäftigungsgrad oder Berufswahl erweisen sich für die zweite Säule als zentral. Die Leistungen hängen jedoch auch von systemischen Faktoren ab. Die paritätischen Organe der Pensionskassen können die Mindestanforderungen des BVG übertreffen oder durch Anpassung der technischen Parameter die Generationengerechtigkeit verbessern. «Es ist wichtig, dass die Versicherten die Konsequenzen sowohl ihrer individuellen als auch der kollektiven Entscheidungen kennen», betont die Studie.

Avenir Suisse zieht folgendes Fazit: Die kapitalgedeckte Finanzierung der zweiten Säule zwingt Versicherte und Vorsorgestiftungsorgane dazu, sich mit den Folgen solcher Entscheidungen auseinanderzusetzen. Denn diese spiegeln sich unmittelbar in den erwarteten Leistungen beziehungsweise im Deckungsgrad der Pensionskassen. Diese Transparenz ist keine Schwäche des Systems – im Gegenteil: Sie hat den Vorteil, der Versuchung der Politik entgegenzuwirken, Leistungen zu versprechen, die von den kommenden Generationen finanziert werden müssen.

Trend zu höheren Kapitalbezügen

Mit den sinkenden Renten sinkt auch der Anteil der Rentenbezüger. Immer mehr Rentner beziehen immer mehr Kapital (Quelle: BFS).
Mit den sinkenden Renten sinkt auch der Anteil der Rentenbezüger. Immer mehr Rentner beziehen immer mehr Kapital (Quelle: BFS).
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