Kreditkrise wird zum Risiko für die Realwirtschaft

03.04.2008, 12:56 Uhr

Obwohl die US-Notenbank Fed mit allen Mitteln gegen die Finanzkrise auftritt, stecken die USA bereits mit einem Bein in der Rezession. Die Aktienmärkte dürften auch im zweiten Quartal volatil bleiben, wobei eine zwischenzeitliche Bärenmarktrally durchaus möglich ist. Sicherheitsorientierte Anleger sollten trotzdem mit neuen Veranlagungen zuwarten oder in risikoarme Produkte investieren.

"Die aggressiven Massnahmen der Fed zeigen, wie hoch die US-Notenbank das Risiko einer dramatischen Konjunkturverlangsamung durch die aktuelle Kredit- und Finanzmarktkrise einschätzt. Um die Finanzmärkte zu stabilisieren, hat die Fed im März den Leitzinssatz in zwei Schritten um 100 Basispunkte weiter auf 2,25 Prozent abgesenkt und aktiv bei der Rettung der Investmentbank Bear Stearns mitgewirkt", stellt Christian Ramberger, Leiter des Portfoliomanagement Aktien der Allianz Investmentbank, fest. Nach Einschätzung Rambergers steckt die US-Wirtschaft bereits mit einem Bein in der Rezession. "Das Problem für die Realwirtschaft ist, dass die Banken kaum oder nur sehr restriktiv neue Kredite vergeben und vielmehr selbst Liquidität horten, um gegen Forderungen, Wertberichtigungen und Abschreibungen gewappnet zu sein. Der Kreditsektor ist aber der Motor für die Realwirtschaft. Ohne ausreichendes Investitionskapital steht der Motor still", analysiert er. Da die Preise für US-Immobilien noch keine Stabilisierung zeigen, wird sich der damit einhergehende Kaufkraftverlust der Amerikaner verstärkt negativ auf das Konsumverhalten auswirken, wie es die Daten zum Verbrauchervertrauen bereits andeuten. Wie tief die US-Wirtschaft in die Rezession abgleitet, hängt in erster Linie davon ab, wann sich an den Kreditmärkten eine Entspannung einstellt.

Anders als die USA kann sich die Weltwirtschaft vermutlich einer Rezession entziehen, da die Schwellenländer einen immer noch beachtlichen Wachstumsbeitrag leisten. Die Abschwächung der Weltkonjunktur ist sicher, nicht aber das Ausmass. "Die Konjunkturprognosen gehen momentan von einem Weltwirtschaftswachstum von rund vier Prozent aus, darin sind die Auswirkungen der Kreditkrise aber noch nicht voll berücksichtigt. Es wird noch weitere Revisionen nach unten geben", gibt Ramberger zu bedenken.

Volatilität an den Märkten wird bleiben
Ramberger rechnet daher mit einem weiteren volatilen Quartal an den Börsen. Als Folge der Kreditkrise steigt auch der Druck auf Hedgefonds, Buy-out- und Private Equity-Gesellschaften, die ihre Investitionen grossteils über Kredite finanzieren. Der Leverage wird weiter zurückgefahren, weil die Finanzierungskosten hoch und die Unternehmensgewinne rückläufig sind, so Ramberger. Trotzdem besteht eine Chance auf eine Bärenmarktrally. "Viel Negatives ist derzeit bereits in die Kurse eingepreist und eine extrem schlechte Anlegerstimmung wie aktuell war schon oft ein Vorbote für eine Gegenbewegung", meint Ramberger mit Blick auf vergangene Bärenmärkte. Trotzdem sollten langfristig orientierte Anleger zuwarten, bis sich die Lage an den Börsen deutlich aufgehellt hat. Im schwierigen Marktumfeld ist selektives Portfoliomanagement der Schlüssel zum Anlageerfolg. Die Anlagespezialisten der Allianz Investmentbank geben zurzeit Large Caps und Wachstumswerten gegenüber Small Caps und Growth-Titeln den Vorzug. Bei der Einzeltitelauswahl sollte besonders auf eine niedrige Verschuldung und auf ein gutes Rating geachtet werden. Zur Vorsicht wird bei europäischen Unternehmen mit einem hohen US-Dollar-Exposure geraten. "Unternehmen mit einem hohen Exportanteil in die USA sind von der Dollar-schwäche doppelt betroffen. Einerseits müssen sie Wechselkursverluste verkraften, zum anderen ist der starke Euro ein Wettbewerbsnachteil", erklärt Ramberger. Der Euro dürfte auch weiterhin stark tendieren. Wenn die Notenbanken keine weiteren Zinsmassnahmen setzen oder in den Devisenmarkt intervenieren, kann der Euro durchaus in den Bereich zwischen 1,60 und 1,70 US-Dollar vorstossen. Profiteure des schwachen US-Dollars sind auch Rohstoffe, die überwiegend in Dollar gehandelt werden. "Wir sind zwar langfristig positiv für Rohstoffe eingestellt, kurzfristig sehen wir aber die Gefahr einer deutlichen Korrektur, da die Rohstoffmärkte Anzeichen einer Überhitzung zeigen", warnt Allianz Chief Investment Officer Martin Bruckner.

Asset Allocation: Aktien leicht untergewichtet
Bei der empfohlenen Asset Allocation für ein ausgewogenes Portfolio hat die Allianz Investmentbank den Aktienanteil auf 47 Prozent untergewichtet und Anleihen mit 53 Prozent leicht übergewichtet. Im Anleihensegment sind europäische Anleihen übergewichtet, da die EZB wegen der Dollarschwäche oder einem Anhalten der Kreditkrise gezwungen sein könnte, die Leitzinsen zu senken, erklärt Bruckner. Kaufgelegenheiten bestehen wegen der starken Spreadausweitungen zu Staatsanleihen bei erstklassigen Industrieanleihen und Pfandbriefen. US-Anleihen werden hingegen neutral gesehen, da die Kurse als Reaktion auf die Zinssenkungen der Fed und die gestiegene Risikoaversion bereits deutlich gestiegen sind. Günstig erscheinen derzeit US-Hypotheken, die über eine explizite Staatsgarantie verfügen (Ginnie Mae). Japanische Anleihen sind wegen des niedrigen Zinsniveaus nur für Anleger interessant, die auf eine weitere Yen-Aufwertung setzen. Neutral gewichtet sind weiterhin Emerging Market Bonds, die bislang gegen die Finanzkrise relativ resistent waren. Favorisiert werden Anleihen aus Ländern, die vom Rohstoffboom profitieren, hohe Währungsreserven und damit Aufwertungspotenzial besitzen.

Aktien: Europa unter-, USA übergewichten
Auf der Aktienseite empfiehlt Bruckner, Europa nicht nur wegen der erwarteten Konjunkturverlangsamung unterzugewichten. Internationale Investoren haben nach einer jahrelangen Übergewichtung und Outperformance der europäischen Aktien mit der Reduktion ihrer Positionen begonnen. Im Gegenzug werden jetzt US-Aktien, die gemieden wurden, gekauft. Durch die Vorläuferrolle der USA in der Finanzkrise sind die Revisionen beim Wirtschaftswachstum bereits weiter fortgeschritten als in Europa. Der schwache Dollar und eine aktive Notenbank stützen zudem die Gewinnentwicklung der Unternehmen. Interessant sind deshalb US-Unternehmen, die einen Grossteil ihrer Gewinne ausserhalb der USA erzielen. Zu einer neutralen Gewichtung rät die Allianz Investmentbank für Japan und die Emerging Markets. Japan leidet immer noch unter der schwachen Binnenkonjunktur und neuerdings unter der Erholung des Yen. Schwellenländeraktien, die bislang übergewichtet waren, wurden wegen steigender Inflationsrisiken und einer möglichen Korrektur der Rohstoffpreise auf "neutral" zurückgenommen.

Kapital parken oder sicher anlegen
In der gegenwärtig schwierigen Marktphase sollen Anleger einen kühlen Kopf bewahren und keine überhasteten Umschichtungen in ihrem Portfolio vornehmen, sofern dieses langfristig ausgerichtet und gut diversifiziert ist. Risikoaverse Anleger sollten mit neuen Investments zuwarten oder diese sehr selektiv und dosiert vornehmen.

Alle Artikel anzeigen

Diese Website verwendet Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Website zu ermöglichen.> Datenschutzerklärung