Kluft zwischen Nord- und Südeuropa wird grösser

30.07.2010, 13:25 Uhr

Europa scheint sich mit zwei Geschwindigkeiten zu entwickeln, schreibt Tom Beevers, Manager des BNY Mellon Pan European Equity Fonds in seinem aktuellen Kommentar. Entsprechend grösser werden auch die Diskrepanzen zwischen Nord- und Südeuropa. Während man in den Randländern Europas einen Rückgang des BIP erwartet und die Südeuropäer Lohneinbussen in Kauf nehmen müssen, könnte Nordeuropa weiter wachsen und von steigenden Exporten profitieren.



Tom Beevers,
Manager BNY Mellon Pan European Equity Fonds

"Europa entwickelt sich mit zwei völlig verschiedenen Geschwindigkeiten. Die OECD erwartet 2010 ein BIP-Wachstum von 1,4% in Deutschland, 2% in Schweden und 1,4% in Frankreich. Dies steht im Kontrast zum peripheren Europa, welches massiv langsamer wächst. So erwartet man beispielsweise in Spanien eine BIP-Schrumpfung von 0,3% und in Griechenland sogar um 0,7%.

Die Probleme der südeuropäischen Länder basieren auf den angekündigten Sanierungsprogrammen und werden zusätzlich durch die Bedingungen auf dem Obligationenmarkt getrieben. In Portugal beispielsweise wurden kürzlich Massnahmen verabschiedet, die über die nächsten zwei Jahre einen Einschnitt von mehr als 3% des BIPs zur Folge haben werden. Dies primär aufgrund der Abschwächung von Stimulierungsmassnahmen und Kostensenkungen bei der Zentralregierung. In Spanien werden ausserdem die Löhne der Staatsangestellten pauschal durch alle Reihen hindurch um 5% gekürzt.

Lohneinbussen in Europas Randländern

Ein weiteres Problem für Südeuropa ist die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaften. In Spanien beispielsweise haben sich die Löhne im letzten Jahrzehnt nominal um über 30% erhöht. In der gleichen Zeitspanne sind die Löhne in Deutschland nominal nur um 7% gestiegen. Nach Jahren eines steigenden Lebensstandards werden die Randländer Europas starke Lohneinbussen in Kauf nehmen müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen zu können. Das ist die richtige Lösung, wird aber über längere Zeit ein langsameres Wachstum mit sich bringen.

Exportsektor als Chance

Der positive Treiber für Europa wird in den kommenden Jahren vom Exportsektor bestimmt sein. Die EU als ganzes exportiert jährlich Waren im Wert von mehr als USD 1,6 Billionen. Das ist ein grösseres Volumen als die US-Wirtschaft oder China exportiert. Die Nachfrage wird dabei sehr stark von den Emerging Markets wie Russland, Indien oder China getrieben. Durch den tiefen Euro, der mittlerweile gegenüber dem US Dollar unter 1,30 liegt, sind die Exporte ausserdem so preisgünstig wie nie zuvor. Die Frage ist aber, wer den Nutzen davon haben wird. Den Exportzahlen nach scheint es, als profitiere Nordeuropa stärker als Südeuropa. In den Niederlanden basieren mehr als 50% des BIPs auf dem Export. Auch Deutschland, dessen Anteile des Exports am BIP 39% ausmacht, profitiert stark von der tiefen Eurowährung. Demzufolge wird sich die Diskrepanz zwischen Nord- und Südeuropa in den kommenden Jahren weiter verstärken." (ng)

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