Kaum Bewegung am Biotech-Markt

14.06.2007, 11:00 Uhr

Im Mai tendierten die grossen Biotech-Indices seitwärts. Der BTK Index konnte 0.5% zulegen, während der NBI Index um 0.8% nachgab (in USD).

Stark beeinflusst wurde der Biotech-Sektor durch die Diskussion um die Sicherheit des biotechnologisch hergestellten Erythropoietin von Amgen/J&J, das unter den Handelsnamen Epogen/Aranesp/Procrit vertrieben wird. Hintergrund war die Veröffentlichung von Studien, nach denen dieses Medikament im Falle einer hochdosierten Verabreichung, wie bereits bekannt war, schwerwiegende Nebenwirkungen (z.B. Schlaganfall) zur Folge haben können. Zwar ereigneten sich diese Nebenwirkungen bei Verschreibungsdosen, die höher waren als auf dem Beipackzettel empfohlen, doch die ernsthaften Begleitfolgen veranlassten das Beratungsgremium der FDA sich mit diesem Medikament intensiv zu befassen. Das Panel tagte Anfang Mai und empfahl abschliessend der FDA einen restriktiveren Umgang mit diesem Anämie-Medikament und forderte weitere Studien.

Rückblick auf Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology (ASCO)

Die Onkologie zählt innerhalb der Pharmabranche zu den Subsektoren mit den höchsten Wachstumsraten. Die Markteinführung neuer Biotech-Medikamente, die auf einer gezielten Tumorbekämpfung aufbauen, haben diesem Subsektor zu einem über 20%igen Volumensanstieg im letzten Jahr verholfen. Die Fortschritte in der Onkologie umschreibt Titus Plattel, Vice President von IMS Oncology folgendermassen: „Targeted therapies have revolutionized the way cancer is being treated – opening up the possibility that many forms of the disease can be fought through long-term maintenance therapy. These therapies are helping to win individual battles against cancer, enabling us to think of it as a chronic illness, rather a life-ending one.”

Das Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology (ASCO), das dieses Jahr vom 1.-5. Juni stattfand, gibt jedes Jahr einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Forschung.

Vielversprechende Behandlungsansätze für Leberkrebs und Kopf-Hals Tumore

Die Behandlungsmöglichkeiten für Leberkrebs und den fortgeschrittenen Kopf-Hals Tumor sind bisher als unzureichend zu bezeichnen. Beide Formen gelten als sehr aggressiv, d.h. die Überlebenszeit der Patienten ist durchschnittlich auf wenige Monate beschränkt.

Das bereits zur Behandlung von Nierenkrebs zugelassene Präparat Nexavar (Bayer/Onyx) zeigte nun in einer Phase III Studie, dass die mittlere Gesamtüberlebenszeit von Leberkrebs-Patienten um 44% verlängert werden konnte – von durchschnittlich 7,9 Monate (Placebo) auf 10,7 Monate (Nexavar-Patienten). Eine Verlängerung der Gesamtlebenszeit von 7,4 Monate auf 10,1 Monate bei wiederkehrenden Kopf-Hals Tumoren erreichte Erbitux (Merck KGaA/Imclone). Sowohl Nexavar als auch Erbitux haben aufgrund dieser Ergebnisse die Chance zum „Gold-Standard“ in ihrer Indikation zu werden.

Krebsbekämpfung: Der Weg der kleinen Schritte

Der medizinsche Fortschritt entwickelt sich nur selten sprunghaft nach vorne, er ist vielmehr ein Prozess der kleinen Schritte. Dies machte die diesjährigen Konferenz einmal mehr deutlich. Es wurden sehr viele Studien zur Dosierung, zum Nebenwirkungsprofil sowie zur Wirksamkeit in Verbindung mit anderen Therapien präsentiert. Diese Daten sind für die Ärzte sehr wichtig, um den einzelnen Patienten bestmöglich betreuen zu können. Je spezifischer die Therapieansätze werden, desto grösser wird auch die Bedeutung von Diagnostika und Biomarkern, die Hinweise auf Bestehen, Verlauf und Prognose bestimmter Tumorerkrankungen geben können. Diese Thematik war ein wichtiges Thema an ASCO und man kann davon ausgehen, dass diesem Bereich zukünftig eine immer grössere Bedeutung zukommen wird.

Einfluss auf Aktienkurse eher gering

Die vorgestellten Studien wirkten sich in den meisten Fällen kaum auf die Aktienkursentwicklung aus, da die wichtigsten Ergebnisse bereits vorher von den Firmen veröffentlicht wurden. So war der Kurs von Onyx im Februar nach Bekanntwerden der Daten für die Wirksamkeit von Nexavar um über 120% angestiegen. Auch GPC Biotech hatte die wesentlichen Ph III-Ergebnisse für das Prostatakrebs-Präparat Satraplatin bereits im Winter veröffentlicht und das Produkt bei der FDA eingereicht. Dies hatte den Kurs von GPC im Dezember und Januar beflügelt.

Stärkere Kursbewegungen aufgrund von ASCO gab es bei einigen kleineren Firmen, die Ergebnisse zu Produkten in frühen klinischen Phasen veröffentlichten. So konnten ChemGenex und IDM Pharma gute Kursgewinne verzeichnen, während Telik nach enttäuschenden Daten gut 30% verlor. Für Investoren von Roche und Genentech ist wichtig anzumerken, dass Avastin zumindest in absehbarer Zeit wohl keine aggressive Konkurrenz in den Indikationen Brust- und Kolorektalkrebs zu befürchten hat. Aufgrund der Tatsache, dass die FDA normalerweise den Empfehlungen des Panels folgt, haben die Kurse von Amgen und J&J stark nachgegeben. So verlor Amgen im Mai 12%, während J&J ein knappes Prozent einbüsste.

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