Jeremy Grantham kritisiert FED-Politik

29.10.2010, 14:24 Uhr

Im neusten Quartalsbericht geisselt Jeremy Grantham, Gründer und Chefstratege

des US-Vermögensverwalters GMO, die Politik des Quantitative Easings des FED als

extrem bedrohlich. Ausserdem sieht er die Strategie der US-Notenbankchefs als Ursache für Spekulationsblasen und weist auf die Fehlallokationen aufgrund der tiefen Zinsen hin. Einen Währungskrieg schliesst Grantham nicht aus.




Jeremy Grantham,
Gründer und Chefstratege des US-Vermögensverwalters GMO

"Die Aktienmärkte durch künstlich tiefe Zinsen zu stimulieren

und dann unkontrolliert in eine Blase schlittern zu lassen, ist gefährlich. Es

ist möglicherweise das gefährlichste, was einer Volkswirtschaft in

Friedenszeiten passieren kann, abgesehen von galoppierender Inflation und von

Immobilienblasen", so Jeremy Grantham in seinen neusten Quarterly Letter.

Grantham macht die früheren und heutigen US-Notenbankchefs Alan Greenspan und

Ben Bernanke dafür verantwortlich, mit künstlich tief gehaltenen Zinsen mehrere

Spekulationsblasen ausgelöst zu haben, die zur Technologie-, zur Immobilien- und

zur Bankenkrise führten. Als speziell verheerend bezeichnet Grantham

Immobilienblasen, da sie einen direkten Effekt auf die Wirtschaft haben. So

wurden während des Baubooms in den USA jedes Jahr eine Million Häuser zu viel

gebaut. Dies überdeckte ein strukturelles Problem im Arbeitsmarkt, da dadurch

rund 2 % der Beschäftigten mit niedrigen Qualifikationen während Jahren

absorbiert wurden. Im heutigen globalen Wirtschaftsumfeld gibt es für diese

Personen in den USA keinen Arbeitsmarkt und sie müssen komplett neue

Arbeitsplätze suchen. Zudem haben der Bauboom und die dadurch ausgelösten stark

steigenden Immobilienpreise zu einer Vermögensillusion der Hausbesitzer und als

Folge zu zusätzlichem Konsum auf Pump geführt. Jetzt behindern die

unverkäuflichen Häuser auch noch die notwendige Mobilität der Arbeitskräfte.

Tiefe Zinsen sorgen für Fehlallokationen

Zu tiefe Zinsen haben Fehlallokationen von Mitteln zur Folge und führen zu

unrealistischen Renditevorstellungen. Es findet eine Einkommensumverteilung von

den Gläubigern, vielfach den Rentnern, die auf Kapitaleinkommen angewiesen sind,

zu den Schuldnern, also Regierungen und Unternehmen, insbesondere Banken statt.

Während der Schaden für die Kapitalgeber gross ist, ist der Nutzen in Form

erhöhter Investitionstätigkeit nicht ersichtlich. Grantham: "Es ist

wahrscheinlich, dass die künstlich tief gehaltenen Zinsen netto keinen Vorteil

bringen."

Die Politik der tiefen Zinsen verursachte in den vergangenen Jahren eine

massive Zunahme der Verschuldung. Langzeitdaten weisen aber nach, dass es keinen

Zusammenhang zwischen einer höheren Verschuldung und einem höheren

Wirtschaftswachstum gibt. Weitere Zinssenkungen, um die Verschuldung noch mehr

zu erhöhen, sind folglich wirkungslos. Grantham bezeichnet daher die Politik des

Quantitative Easings als ein "noch verzweifelteres Manöver" als die typische

Tiefzinspolitik. Dieses Instrument wurde derart selten eingesetzt, dass als

einziges sicheres Resultat Inflation erwartet werden könne. Die Märkte haben

entsprechend mit einem fallenden Dollarkurs und steigenden Rohstoffnotierungen

reagiert. Im schlimmsten Fall könnte der anhaltende Fall des Dollars sogar zu

einem Währungskrieg mit den Handelspartnern führen.

Grantham empfiehlt, in diesem Umfeld am ehesten auf US-Qualitätsaktien zu

setzen, Anlagen in Emerging Markets leicht überzugewichten, und einen Anteil

Cash zu halten, um bei den zu erwartenden Korrekturen an den Bond- und

Aktienmärkten einsteigen zu können.

Den vollständigen Quarterly Letter finden Sie hier als PDF-Download. (cl)

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