23.12.2024, 14:23 Uhr
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Die drittgrösste Volkswirtschaft hat eine Rezession vermieden, ist aber Ende 2022 deutlich langsamer gewachsen als erwartet. Anders als Europa oder die USA liegt die Wirtschaftskraft in Japan noch unter dem Niveau vor der Pandemie.
Im vergangenen Jahr verlangsamte sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts auf 1,1 Prozent, wie die Regierung mitteilte. Im Vorjahr war Japan noch um 2,1 Prozent gewachsen.
Auch das Schlussquartal 2022 verlief unerwartet verhalten. Zwar wuchs das BIP nach einem Minusquartal dank eines besseren Konsums wieder, allerdings nur mit einem Plus von 0,6 Prozent. Ökonomen hatten allgemein mit einem besseren Ergebnis gerechnet. Im Gegensatz zu den USA und anderen Ländern liegt Japans Wirtschaftskraft damit immer noch unter dem Niveau vor der Coronapandemie.
Die Zahlen kommen zu einem wirtschaftspolitisch kritischen Zeitpunkt: Am Dienstag hat Japans Regierungschef Fumio Kishida den Ökonomen Kazuo Ueda offiziell zum neuen Notenbankchef ernannt. Von ihm erwarten die Märkte eine Reform der aggressiven geldpolitischen Lockerung des Amtsinhabers Haruhiko Kuroda, der im April nach zehn Jahren aus dem Amt scheiden wird. Doch Japans langsame Erholung von der Coronakrise schränkt Uedas Handlungsspielraum ein.
Kurodas Geldpolitik war an ihre Grenzen gestossen. Zu Beginn seiner Amtszeit 2013 weitete er die Käufe japanischer Staatsanleihen drastisch aus. Mit der Geldschwemme wollte er eine Inflation von zwei Prozent erreichen.
2016 senkte Kuroda dann den Leitzins auf minus 0,1 Prozent und führte zudem eine Kontrolle der weiteren Zinskurve ein. So durften zehnjährige japanische Staatsanleihen nur noch um 0,25 Prozent um den Nullpunkt schwanken. Doch seit Zentralbanken weltweit im Kampf gegen die Inflation die Zinsen anheben, fiel es der Bank von Japan schwerer, diesen Zinskorridor zu verteidigen.
Ende Dezember 2022 gab Kuroda nach und verdoppelte den Zinskorridor auf 0,5 Prozent. Seitdem wetten die Märkte auf zwei Leitzinserhöhungen in diesem Jahr. Doch der neue Notenbankchef Ueda scheint keine drastische Wende zu wollen. Kürzlich bezeichnete der theoretische Vordenker der japanischen Nullzinspolitik Japans lockere Geldpolitik angesichts der wirtschaftlichen Lage als «angemessen».
Das Problem für Japans Geldpolitiker ist, dass die Inflation von derzeit rund vier Prozent von höheren Preisen für meist importierte Rohstoffe getrieben wird und nicht wie in anderen Ländern von der Binnennachfrage. Nach Einschätzung von Stefan Angrick, Ökonom bei Moody’s Analytics, ist der nachfragebedingte Preisdruck nach wie vor «extrem gering».
Für ihn ist es daher schwer vorstellbar, «dass die Bank von Japan unter ihrem neuen Gouverneur eine Straffung der Geldpolitik überstürzt». Höhere Zinsen könnten die schwache binnenwirtschaftliche Dynamik weiter bremsen.
Angrick geht aber davon aus, dass die Zentralbank unter neuer Führung Kurodas grösste geldpolitische Neuerung, die Kontrolle der Zinskurve, zurückfahren oder ganz aufgeben wird. «Letzteres scheint uns das wahrscheinlichere Szenario zu sein», sagte Angrick gegenüber dem Handelsblatt.