27.11.2024, 14:11 Uhr
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Die Inflation und der Ukraine-Krieg setzen auch der Schweiz zu. Steigende Inputpreise, Lieferengpässe und eine sich abschwächende Nachfrage belasten die hiesige Wirtschaft. Das dritte und vierte Quartal 2022 werden daher herausfordernd. Economiesuisse schätzt, dass das Bruttoinlandprodukt in diesem Jahr um 1,8% zulegt.
Steigende Inputpreise, Lieferengpässe und eine sich abschwächende Nachfrage belasten die Schweizer Wirtschaft. Zwar profitieren viele Unternehmen von dem Nachholeffekt nach der Aufhebung der meisten Corona-Massnahmen im In- und Ausland. Doch der Ukraine-Krieg, Lieferengpässe und Transportprobleme verhindern, dass die Weltwirtschaft kräftig zulegen kann. Zudem reduzieren die steigenden Preise die Nachfrage auf den internationalen Märkten. Der Fachkräftemangel bremst das Wachstum zusätzlich, gerade in der Schweiz. Das dritte und vierte Quartal 2022 werden daher herausfordernd. Economiesuisse schätzt, dass das Bruttoinlandprodukt (BIP) in diesem Jahr um 1,8 Prozent zulegt. Die Arbeitslosenquote profitiert von der anhaltenden Nachfrage nach Arbeitskräften und wird auf durchschnittlich 2,2 Prozent zu liegen kommen. Die konjunkturellen Risiken bleiben allerdings gross.
Mehrere Faktoren wirken sich derzeit negativ auf die Weltwirtschaft aus. Wie Economiesuisse ausführt, verteuern sich erstens die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise die Produktion weltweit. Der Ukraine-Krieg hat den Preisauftrieb nochmals verstärkt. Dasselbe gilt zweitens für die Lieferengpässe. Bereits 2021 ächzte die Wirtschaft unter anhaltenden Bezugs- und Lieferschwierigkeiten. Statt einer allmählichen Normalisierung haben sich die Probleme jüngst akzentuiert, auch aufgrund der restriktiven Null-Covid-Strategie Chinas. Drittens ist die Inflation in vielen Ländern so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Besonders in den USA und in der EU belasten die Preissteigerungen auf breiter Front den Konsum, weil sich die Privathaushalte real weniger leisten können. Und schliesslich hat sich viertens die Unsicherheit über die künftige Konjunkturentwicklung aufgrund des Ukraine-Krieges nochmals verschärft.
"Dieser ökonomische Giftcocktail überträgt sich auf die Schweizer Wirtschaft", so Economiesuisse. Zwar sei die Auftragslage nach wie vor gut. Doch auch hierzulande steigen die Preise, wenn auch weniger markant als im Ausland. Die Lieferkettenproblematik treffe die stark auf die internationale Arbeitsteilung ausgerichtete Schweizer Wirtschaft hingegen besonders und verhindere, dass die an sich solide Nachfrage auch bedient werden kann. Zudem würden die Margen schwinden, weil die Inputpreise auch hierzulande stark zugenommen haben. Schliesslich verhindere der Fachkräftemangel, dass alle Opportunitäten ausgenutzt werden können. "Kurzum: Die Schweizer Wirtschaft fährt derzeit mit angezogener Handbremse. Und die Lage wird sich nicht so rasch ändern. Die Aussichten für die kommenden Monate sind entsprechend wenig berauschend. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Lieferengpässe anhalten, die Rohstoff- und Energiepreise hoch bleiben und sich die Inflation auch in der Schweiz stärker bemerkbar machen wird", prognostiziert Economiesuisse.
Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft sieht jedoch auch Lichtblicke: Demnach wäre ohne die belastenden Faktoren nach der Pandemie ein Aufholprozess zu beobachten. Gerade wertschöpfungsintensive Branchen wie die Versicherungen, die Maschinen- und Elektroindustrie oder die Pharmaindustrie befinden sich immer noch klar auf Wachstumskurs. Auch die Uhrenindustrie oder die Medizinalgüterindustrie können deutlich zulegen. Bei der Chemie- und Textilindustrie schlagen die Preissteigerungen von Inputfaktoren stärker negativ zu Buche. Die Banken können zwar teilweise vom volatilen Marktumfeld profitieren, doch das Vermögensverwaltungsgeschäft wird dadurch auch belastet.
In der Binnenwirtschaft wirken sich laut Economiesuisse die internationalen Entwicklungen vor allem auf die Bauwirtschaft aus. Hier sind die Preissteigerungen teilweise besonders eklatant und die Lieferengpässe bewirken grosse Kostenfolgen. Auch der Grosshandel und der Detailhandel werden herausgefordert, doch die Lieferengpässe führen hier vor allem dazu, dass gewisse Produkte nicht lieferbar sind und Konsumentinnen und Konsumenten auf andere Produkte ausweichen müssen. Weiterhin auf Wachstumskurs sind die Branchen Unternehmensberatung und das Gesundheitswesen. Die Normalisierung nach der Pandemie wirkt sich auch positiv auf den Transport und den Tourismus aus. Die Energieversorger profitieren von höheren Preisen. "Durch viele Branchen zieht sich aber das Problem des Fachkräftemangels. Während der Corona-Pandemie zögerten viele Arbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer, die Stelle zu wechseln. Nun führen die sehr guten Jobaussichten dazu, dass Wechsel wieder deutlich zunehmen und Stellen länger unbesetzt bleiben", stellt der Wirtschaftsdachverband fest. "Licht und Schatten wechseln sich also ab. Selbst innerhalb derselben Branche gibt es grosse Unterschiede zwischen den Unternehmen. Je nach Energieintensität, Ausgestaltung der Lieferketten, Abhängigkeit von spezifischen Vorprodukten und Kundenbeziehungen bietet die aktuelle Krise Chancen oder sorgt für grosse Nachteile."
Wie Economiesuisse weiter erläutert, hat der starke Franken, die hohe Energieeffizienz der Wirtschaft und der relativ tiefe Konsumanteil für fossile Energien die Preissteigerungen aus dem Ausland in etwas abgeschwächter Form bei den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten ankommen lassen. Doch die Inflation mache sich auch hierzulande immer stärker bemerkbar. Die Importpreise für Rohstoffe, Halbfabrikate und Endprodukte haben sich deutlich verteuert. Viele Unternehmen würden sich gezwungen sehen, ihre Preise in den kommenden Wochen nach oben anzupassen. Entsprechend würden auch viele Endkonsumpreise erhöht werden.
Die Geldpolitik der grossen Notenbanken war lange zu expansiv. Die US-Notenbank (Fed) hat erste Zinsschritte beschlossen, weitere werden folgen. Angesichts der sehr hohen Inflationsrate im Euro-Raum wird auch die Europäische Zentralbank (EZB) nicht darum herumkommen, die Zinsen zu erhöhen. "Für die Schweiz sollte dies zur Folge haben, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Negativzinsen aufheben kann. Die langfristigen Zinsen, die bereits deutlich zugelegt haben, werden daher weiter steigen", so Economiesuisse.
Die Teuerung in der Schweiz werde 2022 im Jahresdurchschnitt auf knapp drei Prozent steigen. Auch nächstes Jahr sei mit einer für Schweizer Verhältnisse hohen Inflationsrate zu rechnen.
Die Konjunkturrisiken sind nach wie vor ausgesprochen hoch. Nachdem sich die Unsicherheit über den Pandemieverlauf reduziert hat, treten nun andere Abwärtsrisiken in den Vordergrund: Über ein Drittel der Teilnehmenden an der Mai-Umfrage von Economiesuisse sehen derzeit die Inflation als das grösste Konjunkturrisiko, gefolgt von den Lieferengpässen und der Rohstoffknappheit. Nicht unerwartet fürchten sich viele Unternehmen vor einer Energieknappheit im Winter 2022/23, die drastische Auswirkungen auf den Konjunkturverlauf haben könnte. Eine Eskalation des Ukraine-Krieges mit entsprechenden Abwärtsrisiken erwarten rund acht Prozent der befragten Unternehmen. Der Fachkräftemangel wird fast von gleich vielen Umfrageteilnehmern als problematisch für die konjunkturelle Entwicklung angesehen. "Interessanterweise steht der Verlauf des Wechselkurses nicht mehr so stark im Fokus: Nur rund drei Prozent betrachten eine Aufwertung des Frankens als wesentliches Konjunkturrisiko für die Schweiz", hält der Wirtschaftsdachverband fest.
Economiesuisse weist darauf hin, dass diese Umfrageergebnisse eine Momentaufnahme sind und die grosse Unsicherheit der Unternehmen über den künftigen Konjunkturverlauf zeigen. Das Schadenspotenzial sei aber unterschiedlich. Während einzelne Risiken wie der Fachkräftemangel und Lieferengpässe die Konjunktur bremsten, könnten andere diese völlig abwürgen: Eine Energiemangellage im kommenden Winter oder eine Eskalation des Ukraine-Krieges hätte schockartige, negative Auswirkungen mit rezessiven Folgen für die Schweizer Wirtschaft. Die vorliegende Konjunkturprognose gehe nur von bremsenden, nicht aber von schockartigen Entwicklungen aus.