In Rohstoffe investieren? Ja, aber intelligent

Bis zum Jahr 2050 dürfte die Weltbevölkerung UNO-Schätzungen zufolge auf rund neun Milliarden von gegenwärtig sieben Milliarden zunehmen. Mit der steigenden Nachfrage nach Energie und Nahrungsmitteln hält die Produktion in manchen Bereichen aber nicht mit. Lösungen zur Beseitigung der Versorgungsprobleme können spezialisierte Firmen liefern. Für Anleger eröffnen sich Chancen, über fokussierten Anlagefonds von solchen Trends zu profitieren. Lesen Sie den Marktkommentar von Sreejith Banerji, Portfolio Manager bei Vontobel.

07.10.2013, 14:55 Uhr

Der Nachthimmel über dem US-Bundesstaat North Dakota ist in den vergangenen Jahren deutlich heller geworden: Das Abfackeln von überschüssigem Erdgas im Ölfördergebiet Bakken sendet so viel Licht ins Weltall, dass man meint, in den Weiten der amerikanischen Prärie eine neue Grossstadt auszumachen. Dieses Bild kann stellvertretend für die Umwälzungen stehen, die der US-Energiesektor gegenwärtig durchmacht. In der Tat haben neue Fördertechniken in den USA einen Boom beim Abbau von Öl und Gas aus Schiefergestein ausgelöst. Möglicherweise wird der grösste Ölverbraucher der Welt in einigen Jahren von Erdölimporten unabhängig ein bis vor kurzem noch unvorstellbares Szenario.


Ein Beispiel für einen spezialisierten Öl- und Gasindustrie-Zweig, der von der zunehmenden Schieferölproduktion in Nordamerika profitiert, sind Technologieanbieter im Bereich "künstlicher Auftrieb" (auf Englisch: artificial lift). Diese Technologie wird bei der Ölförderung verwendet, um den Druckabfall bei Bohrungen einem Phänomen, das früher oder später bei jedem Bohrloch auftritt auszugleichen und das "schwarze Gold" weiterhin sprudeln zu lassen. Bei Schieferbohrungen sinkt der Druck in der Regel früher als bei konventionellen Fördermethoden. Folglich ist die Nachfrage nach Spezialpumpen, wie sie beispielsweise Lufkin Industries herstellt, hoch. Vor Kurzem hat der US-Industriegigant General Electric die Übernahme von Lufkin bekanntgegeben.

Zu den Energieträger aus sogenannten unkonventionellen Quellen gehört auch Öl und Gas aus der Tiefsee, Erdgaskondensate (ölige Flüssigkeiten, die im Zusammenhang mit der Erdgasproduktion entstehen), Flüssigerdgas und Biokraftstoffe der nächsten Generation. Das Potenzial der Tiefsee-Exploration ist weltweit nach wie vor gross, da sich die Mehrheit der bedeutenden Öl- und Gasfunde in der Tiefsee befindet. Der Markt für Tiefseebohrinseln und -schiffe ist weiterhin eng. Darüber hinaus stützt diese Tatsache die guten Aussichten für eine stetige Flottenerweiterung, was wiederum diversen Ausrüstungs- und Technologieanbietern zugute kommt.

Auch Agrarsektor, Spezialwerkstoffe im Fokus
Energie ist jedoch nur einer von vielen Sektoren, auf die es sich im Rahmen von Rohstoffanlagen zu blicken lohnt. Anleger sollten generell Unternehmen im Auge behalten, die von der weltweiten Ressourcenknappheit und der steigenden Nachfrage profitieren dies können beispielsweise Hersteller von Düngermitteln sein oder Unternehmen mit spezifischem "Know-how", die bei der Reduzierung von Rohstoffabhängigkeit helfen. So hat die dänische Biotechnologiefirma Novozymes aufgezeigt, wie Enzyme Rohöl in der Herstellung von Waschmitteln ersetzen können. Ausserdem hat das Unternehmen die erste kommerziell nutzbare Enzym-Lösung zur Herstellung von Biokraftstoff aus landwirtschaftlichen Abfällen gefunden.

Im Gegensatz zu vielen Verwaltern von "traditionellen" Rohstoff-Aktienfonds richten wir unser Augenmerk auch auf Hersteller von Spezialwerkstoffen. Ein Beispiel sind Produzenten von Karbonfaserstoffen für die Luftfahrtbranche. Unternehmen wie Hexcel in Amerika oder Toray Industries in Japan sind bei der Produktion solcher Fasern führend. Interessant sind auch Hersteller von synthetischem Hochleistungskautschuk wie die deutsche Firma Lanxess. Diese beliefert die Automobilindustrie mit Autoreifen, die dank ihrer Beschaffenheit eine bessere Haftung auf nasser Fahrbahn aufweisen und den Kraftstoffverbrauch reduzieren.

Fazit: Auf Spezialisierung setzen
Die Nachfrage nach Energie, Agrarrohrstoffen und Spezialmaterialien steigt kontinuierlich an, während das Angebot nicht im selben Ausmass zunimmt. Die Preise beispielsweise für Öl und Gas dürften daher in den kommenden Jahren auf hohem Niveau verharren. Hersteller von innovativen Produkten, die Versorgungsengpässe beseitigen helfen, dürften von dieser Situation profitieren. Auch Anleger können über fokussierte Fonds diese Themen "spielen". Von börsengehandelten, breit gefassten Fonds, sogenannten ETFs, ist hingegen aus unserer Warte abzuraten. Diese Vehikel bilden vielfach Rohstoffindizes ab, in denen beispielsweise wenig attraktive Rohstoffriesen wie Rio Tinto oder Anglo American ein übermässiges Gewicht aufweisen.

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