23.12.2024, 14:23 Uhr
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Die EZB belässt die Leitzinsen wie erwartet unverändert und bestätigt die anderen Eckpunkte der lockeren Geldpolitik. Der Ausblick auf die Leitzinsen im Zusammenhang mit dem Inflationsziel lässt erwarten, dass die Geldschleusen der EZB noch für lange Zeit sehr offen bleiben werden.
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat nach zweitägigen Beratungen am Donnerstag nach dem Strategiewechsel ein insgesamt verändertes Statement präsentiert. "EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte hohe Erwartungen an das geldpolitische Treffen geschürt, und sie hat wieder einmal geliefert", sagt Ulrike Kastens, Vokswirtin Europa bei der DWS. Kastens erwartet, dass auf Basis der neuen geldpolitischen Strategie, die am 8. Juli 2021 veröffentlicht wurde, die Geldschleusen der EZB noch für lange Zeit sehr offen bleiben dürften.
Die wesentliche Änderung ist dabei der Ausblick auf die Leitzinsen. Da sich die Leitzinsen der EZB seit einiger Zeit nahe ihrer Untergrenze befinden und die mittelfristigen Inflationsaussichten nach wie vor deutlich unter dem Zielwert des EZB-Rats (symmetrisches Inflationsziel von mittelfristig 2%) liegen, hat die EZB ihre Forward Guidance zu den Zinssätzen geändert. Die EZB untermauere damit ihr Bekenntnis, einen dauerhaft akkommodierenden geldpolitischen Kurs beizubehalten, um ihr Inflationsziel zu erreichen.
Um sein symmetrisches Inflationsziel von 2% zu unterstützen und im Einklang mit seiner geldpolitischen Strategie, geht der EZB-Rat davon aus, dass die EZB-Leitzinsen (Spitzenrefinanzierungsfazilität 0,0%; Einlagefazilität 0,25% bzw. minus 0,50%) so lange auf ihrem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden, bis sich die Inflation mittelfristig nachhaltig bei 2% stabilisiert. Dies geht unter Umständen damit einher, dass die Inflation vorübergehend moderat über dem Zielwert liegt.
"Damit wurde die Hürde für Zinserhöhungen nochmals angehoben. Im Rahmen des dreijährigen Projektionszeitraums will sie nun für eine längere Phase Inflationsraten von 2% sehen, bevor sie über eine Leitzinsänderung nachdenkt. Angesichts einer Inflationsprojektion von 1,4% für 2023 bleibt es damit wohl eher beim 'low for longer'", meint Kastens.
Weiter bestätigt der EZB-Rat seine im Juni vorgenommene Beurteilung der Finanzierungsbedingungen und Inflationsaussichten und geht weiterhin davon aus, dass die Ankäufe im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) während des laufenden Quartals deutlich umfangreicher ausfallen werden als während der ersten Monate des Jahres.
Zudem bestätigt die EZB ihre anderen Massnahmen zur Unterstützung der Preisstabilität: das Anleihekaufprogramm (Asset Purchase Programme – APP), ihre Wiederanlagestrategie und ihre längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte. Im Einzelnen:
Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (APP): Die Nettoankäufe im Rahmen des Anleihenkaufprogramms werden in einem monatlichen Umfang von 20 Mrd. Euro so lange fortgesetzt, wie dies für die Verstärkung der akkommodierenden Wirkung der Leitzinsen erforderlich ist. Das APP wird beendet, kurz bevor die EZB mit der Erhöhung der Leitzinsen beginnt.
Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP): Die EZB wird die Nettoankäufe im Rahmen des PEPP, das einen Gesamtumfang von 1'850 Mrd. Euro hat, mindestens bis Ende März 2022 und in jedem Fall so lange weiterhin durchführen, bis die Phase der Corona-Krise ihrer Einschätzung nach überstanden ist.
Refinanzierungsgeschäfte: Der EZB-Rat wird weiterhin reichlich Liquidität über seine Refinanzierungsgeschäfte zur Verfügung stellen. Insbesondere stellt die dritte Serie gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (GLRG III) nach wie vor eine attraktive Finanzierungsquelle für Banken dar, wodurch deren Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte unterstützt wird.
Der EZB-Rat ist bereit, alle seine Instrumente gegebenenfalls anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation mittelfristig bei seinem Zielwert von 2% stabilisiert.
Insgesamt ist es nach Meinung der DWS-Volkswirtin Kastens ein eher dovisches Statement der EZB gewesen: "Zwar werden die Risiken für die Konjunktur als weitgehend ausgeglichen angesehen, doch gleichzeitig hat Präsidentin Lagarde vor allem auf die grosse Produktionslücke im Vergleich zum Vorkrisenniveau hingewiesen. Auch die Unsicherheiten durch die Ausbreitung der Delta-Variante können ein Risiko darstellen. Änderungen in der Zusammensetzung des (PEPP) oder der anderen Anleiheprogrammen wurden nicht diskutiert, dazu sei es nach Meinung von Lagarde noch zu früh. Diesbezüglich fährt die EZB eine Politik der ruhigen Hand. Diskussionen darüber dürften aber im September aufkommen. Alles in allem verfestigt sich aber der Eindruck: Auch ein Ausstieg aus dem PEPP wird eher langsamer und mit grosser Vorsicht verlaufen. Die EZB ist nicht in Eile."
James Athey, Investment Director bei Aberdeen Standard Investments, kommentiert: "Es überrascht nicht, dass die EZB die Leitzinsen unverändert lässt und alte Versprechen lediglich neu verpackt. Ihre Erklärung wurde bestenfalls semantisch umgestaltet, in Wahrheit prognostiziert die EZB nach wie vor eine riesige Inflationslücke über den politischen Horizont, führt jedoch keine neuen Instrumente oder politischen Änderungen an, um diese Lücke zu schliessen. Das Beste, was die EZB tun kann, ist, weiterhin Anleihen in ausreichendem Umfang zu kaufen, um Opponenten in Schacht zu halten, während sie auf Änderungen der strukturellen Realität hofft. Hoffnung jedoch ist keine gute Strategie. Die anfängliche Reaktion des Marktes ist Ausdruck der allgemeinen Verwirrung, was mit all diesen Aussagen anzufangen ist. Seitdem haben sich Anleihen und Spreads damit getröstet, dass es keine Anzeichen für die Einstellung von Asset-Käufen gibt."