Europäische Banken bleiben fundamental angeschlagen

06.08.2010, 15:56 Uhr

Die Stimmung im Bankensektor hat sich in den letzten Tagen etwas gebessert. Trotzdem bleiben Bedenken über Wachstum, Kapital und Liquidität bestehen. Dementsprechend sollte der ganze Sektor weiterhin untergewichtet werden, schreibt Raj Shant, Manager des BNY Mellon Continental Equity Fonds, in seinem aktuellen Kommentar.

„Nach wochenlangen Spekulationen wurden am Freitag letzter Woche die Ergebnisse des Stresstestes veröffentlicht; von 91 analysierten Finanzinstituten haben nur sieben den Test nicht bestanden. Die europäischen Märkte haben darauf verhalten optimistisch reagiert und auch der Euro wurde dadurch gestützt. In der Zwischenzeit wurde zudem bekannt, dass die internationalen Bankenregulatoren dem Basel III Regelwerk nicht mehr so skeptisch gegenüber stehen, was eine zusätzliche Welle von Optimismus ausgelöst hat.

Auch wenn diese Entwicklungen die Bedenken der Investoren über den europäischen Bankensektoren abschwächen und unsere negative Sicht ein wenig dämpfen konnte, haben wir den Sektor nach wie vor untergewichtet und werden diese Untergewichtung in absehbarer Zukunft auch weiter behalten.

Substanzielle Kapitalerhöhungen notwendig
Der Grund dafür findet sich in drei fundamentalen Faktoren: Wachstum, Kapital und Liquidität. Wir sind nach wie vor vorsichtig, was die langfristige Wachstumsperspektive im Kreditgeschäft betrifft, da Bilanzeinschränkungen sowie die mangelnde Nachfrage nach Darlehen unweigerlich Druck auf das Wachstum der Banken ausüben wird. Das dürfte dazu führen, dass viele Banken in den nächsten Jahren sinkende Umsätze verzeichnen. Zudem bleibt die Frage, wie risikotragfähig das Kapital der Banken ist. Es ist zwar klar, dass die meisten Institute gegenüber erneute wirtschaftliche Tiefschläge ausreichend geschützt sind, aber sind sie auch resistent gegenüber einer tiefen staatlichen Kreditkrise? Um widerstandsfähig genug zu sein und um das Vertrauen der Anleger wieder zu erlangen, sind unserer Ansicht nach grossangelegte Kapitalerhöhungen unerlässlich. Nur so könne die Unsicherheit im Bankensektor eliminiert werden.

Sicherheitsnetz des EZB muss abgebaut werden
Zudem bleibt auch das Liquiditätsproblem weiterhin bestehen. Der ganze Bankensektor ist nach wie vor abhängig von kurzfristiger Finanzierung; dies muss sich in den nächsten Jahren eindeutig verbessern. Zurzeit kann noch auf das Sicherheitsnetz der EZB zurückgegriffen werden. Aber dieser Zustand kann nicht für immer andauern. Wir glauben aber, dass jeder Abbau dieses Sicherheitspuffers die schwachkapitalisierten Banken in Bedrängnis bringen kann. Weiter wurde die von der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr (BIZ) geforderte härtere Gangart hinsichtlich einer besseren Eigenkapitalunterlegung sowie mehr Liquidität auf 2018 verschoben. Ironischerweise scheinen es die Investoren zu begrüssen, dass ihre Investments in der Zwischenzeit erhöhte Risiken bergen – zumindest die Türken scheinen dies zu tun.

Regulierung wird zum Balanceakt
Über den ganzen Finanzsektor hinweg gibt es unzählige Geschäftsmodelle, die weder nachhaltig noch praktikabel sind. Sowohl die Steuerzahler als auch die Regulatoren werden dies nicht auf ewig dulden. Die Regulatoren sehen sich aber einem Balanceakt ausgesetzt: Fordern sie von den Banken eine bessere Eigenfinanzierung, müssen diese ihre Kredittätigkeiten einschränken, was unmittelbare Auswirkungen auf die Realwirtschaft hätte. Zudem würde dies auch die Eigenkapitalrendite und somit die langfristige Profitabilität des Sektors beeinflussen.

Fokus auf Blue Chips
Diese Bedenken rechtfertigen unsere Untergewichtung des Sektors. Wir haben einige Positionen in europäischen Banken, aber wir fokussieren uns dabei auf qualitativ hochstehende Blue Chips mit stabilen Cash-flows, soliden Fundamentaldaten und nachhaltigen Renditen. In der jüngsten Vergangenheit haben wir auch einige Positionen von Banken aus europäischen Randregionen hinzugenommen, die sich durch tiefe Bewertungen, solide Fundamentaldaten und gute Wachstumsperspektiven auszeichnen." (ng)

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