23.12.2024, 14:23 Uhr
In eigener Sache: 2024 war nicht nur an den Börsen ein erfolgreiches Anlagejahr mit neuen Rekordständen. Auch Investrends hat mit weit über 2000 publizierten Beiträgen eine neue Höchstmarke erreicht und wird im...
Die Eigenheimpreise sind 2021 so schnell gestiegen wie noch nie. Erbschaften und Erbvorbezüge halten laut der Raiffeisen-Immobilienstudie die Preisdynamik aufrecht und die immer höheren Preise machen den Vermögenstransfer zwischen den Generationen noch mehr nötig. Die Eigenkapitalrendite von Wohneigentum steht derjenigen von Aktien in nichts nach.
Aus eigener Kraft ist Wohneigentum für breite Bevölkerungsschichten längst kaum mehr finanzierbar. Trotzdem erklimmen die Eigenheimpreise immer neue Rekordstände. Im Jahr 2021 sind die Preise für Einfamilienhäuser mit 10,3% und diejenigen für Stockwerkeigentum mit 7,2% sogar mit der grössten Jahreswachstumsrate seit der Einführung des Raiffeisen-Transaktionspreisindex für selbstgenutztes Wohneigentum im Jahr 2015 gestiegen.
Weil die Einkommen und Vermögen der potenziellen Käuferinnen und Käufer bei weitem nicht mit dieser Preisdynamik mithalten können, müsste der Käuferkreis und damit die Nachfrage nach Wohneigentum eigentlich zurückgehen, halten die Autoren der Raiffeisen-Immobilienstudie fest. Gemäss ihrer Expertenanalyse können nämlich immer weniger Haushalte ohne zusätzliche Kapitalspritze die Tragbarkeits- und die damit überproportional steigenden Eigenkapitalhürden zur Qualifikation für eine Bankhypothek überwinden.
Erbschaften und Erbvorbezüge sorgen allerdings dafür, dass die Nachfrage weiterhin sehr hoch bleibt und damit eine Spirale in Gang kommt. Die Logik dahinter: Fast 100 Mrd. Franken werden heute bereits jährlich vererbt und es wird immer mehr. Auf der einen Seite kommen viele aufgrund der Preisdynamik beim Erwerb von Wohneigentum nicht ohne Erbvorbezüge aus, auf der anderen Seite treiben genau diese Erbschaften die Preise weiter in die Höhe. Beide Effekte schaukeln sich damit gegenseitig hoch. "Ein Ende dieser ’Erb-Preis-Spirale’ ist noch längst nicht in Sicht, denn mit den Babyboomern erreicht nun eine sehr grosse und sehr wohlhabende Generation das Pensionsalter. Dank ihrer grossen Vermögen stehen ihnen reichlich überschüssige Mittel zur Verfügung, um ihren Sprösslingen beim Eigenheimkauf unter die Arme zu greifen", erklärt Martin Neff, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz.
Während die Erb-Preis-Spirale dreht, geht angesichts weltweit erhöhter Inflationsraten die Angst vor einer Lohn-Preis-Spirale um. Auch in der Schweiz sind infolge der erhöhten Inflationserwartungen die Langfristzinsen zuletzt merklich gestiegen. Damit haben sich auch die Konditionen für Festhypotheken verteuert. Zwar sind die Zinsen laut Raiffeisen damit wieder so hoch wie seit 2018 nicht mehr, aber das Zinsniveau ist im historischen Vergleich nach wie vor extrem tief. Die Inflationserwartungen liegen in der Schweiz noch immer komfortabel im Zielband der Schweizerischen Nationalbank. "Die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale dürfte damit in der Schweiz nicht in Gang kommen und auch die nun herbeigeschriene Zinswende wird sich hierzulande höchstens als ‘Mini-Zinswende’ entpuppen. Die Finanzierungskonditionen für Immobilien sind auch auf nun leicht höherem Niveau weiterhin äusserst attraktiv. Damit bleibt die Nachfrage nach Immobilien unverändert hoch", sagt Neff.
Raiffeisen Economic Research hat die Eigenkapitalrendite von Investitionen in Aktien und in ein Eigenheim verglichen: Ein zu zwei Dritteln mit Fremdkapital finanziertes, selbstgenutztes Eigenheim lieferte über die letzten 25 Jahre mit knapp 7% pro Jahr eine annähernd gleich hohe Rendite wie eine Investition in ein diversifiziertes Schweizer Aktienportfolio. Was die Rendite anbelange, stehe das als sicher und solide geltende Eigenheim einer Aktieninvestition also in nichts nach. Von hohen, unberücksichtigten Opportunitätskosten des Eigenkapitaleinsatzes beim Immobilienkauf könne somit keine Rede sein.
Schweizerinnen und Schweizer sind unangefochtene Schulden-Weltmeister. In keinem Land der Welt ist die Verschuldung der privaten Haushalte pro Kopf grösser. Diese Schulden summieren sich hierzulande vor allem am Hypothekarmarkt. Dieser liegt laut Raiffeisen mit einem Volumen von über 1,1 Bio. Franken in einer ähnlichen Gewichtsklasse wie derjenige des zehnmal grösseren Deutschlands. Der weiter dynamisch wachsende Markt schüre bei so manchem Ängste. Diese seien aber deutlich zu relativieren, denn dem Schuldenberg stehe ein mehr als fünf Mal grösseres Haushaltsvermögen gegenüber.
Wie die Experten von Raiffeisen weiter ausführen, ist der Schweizer Hypothekarmarkt noch fest in den Händen etablierter Banken. 94% aller ausstehenden Hypotheken stehen in Bankbüchern. Die Banken können auf einen äusserst treuen Kundenstamm zählen. So verlängert mit 85% die überwiegende Mehrheit der Kundinnen und Kunden ihre auslaufende Hypothek bei ihrer Hausbank. Doch neue Player drängen mit Vehemenz in den lukrativen Markt und schneiden sich immer grössere Stücke vom begehrten Kuchen ab. So haben beispielsweise Pensionkassen innerhalb der letzten fünf Jahre ihr Volumen fast verdoppelt. Allein 2020 wuchsen ihre Hypothekarvolumen um 18%.
Noch schneller gewinnen Hypothekarvermittler Marktanteile hinzu. Ihr Volumen dürfte 2020 um rund ein Drittel zugelegt haben. Etablierte Banken passen sich laut Raiffeisen an diese neuen Gegebenheiten an und bieten teils ihre Produkte ebenfalls über Vermittler an oder binden ihr Angebot in eigene oder branchenfremde Ökosysteme ein.