26.11.2024, 14:35 Uhr
Die Grossbank UBS will ihr derzeitiges Wertpapier-Joint-Venture in China vollständig übernehmen. Der Prozess, die Beteiligung an «UBS Securities» auf 100 Prozent zu erhöhen, sei im Gange, hiess es auf Anfrage der...
China wird vermehrt zum Vorbild für weitere Emerging Markets. Vor allem Brasilien fällt durch eine expansive Geldpolitik und starkes Wachstum auf. Marteen Jan Bakkum, Senior
Product Specialist / GEM Strategist
bei
ING Investment Management, kommentiert die zunehmende Nachahmung des chinesischen Erfolgmodells.
von Preis- und Wechselkursdifferenzen zur übrigen Welt hat sich das
Pro-Kopf-Vermögen Chinas in den vergangenen beiden Jahrzehnten verneunfacht.
Alle anderen Schwellenländervolkswirtschaften haben im Gegensatz dazu nur
bescheidene Zuwächse beim Wohlstand erzielt. Mit einer vierfachen Steigerung ist
Indien immerhin der Spitzenreiter unter den übrigen Ländern, während Russland
und die Philippinen mit einem Faktor unter 2 am schwächsten abschneiden. Und
auch Brasilien bringt es nur auf einen Faktor von knapp über
2.
Der riesige Vorsprung
Chinas gegenüber den anderen Schwellenländern ist der Hauptgrund, warum das
chinesische Wirtschaftsmodell oder zumindest Teile davon in zunehmendem Masse von
anderen Volkswirtschaften übernommen wird. So waren die Realzinsen in Indien in
den vergangenen beiden Jahren negativ und stellen damit eine völlige Umkehr der
bisherigen zurückhaltenden Geldpolitik der indischen Zentralbank dar. Doch der
Druck, Wirtschaftswachstum zu sichern und nicht zu weit hinter dem grossen
Nachbarn China zurückzubleiben, ist einfach zu stark. In den meisten anderen
Schwellenländern ist die Geldpolitik jetzt entweder lockerer als (jemals) zuvor
oder der Investmentansatz der Regierung hat sich erheblich
geändert.
Auch in Brasilien, wo das
Wirtschaftswachstum jahrzehntelang hinter anderen Schwellenländern
hinterherhinkte, ist der Groschen jetzt sozusagen gefallen. Seit die Kreditkrise
2008 die USA und Europa in Atem hielt, hat Brasilia seine Kreditvergabe über die
staatliche Förderbank BNDES stetig ausgeweitet. Das war zunächst sicherlich
keine schlechte Idee, da die Privatbanken in den Krisenmonaten von 2008 kaum in
der Lage waren, neue umfangreiche Investmentprojekte zu finanzieren. Inzwischen
sind die brasilianischen Privatbanken zwar wieder in guter Verfassung, aber die
BNDES setzt ihre expansive Politik fort. Das Kreditneugeschäft wuchs 2008 und
2009 um 40-50 Prozent. Angesichts der lebhaften Kredittätigkeit in der ersten
Jahreshälfte wird das durchschnittliche Wachstum 2010 sicherlich nicht geringer
ausfallen.
Die Finanzierung grösserer
und häufig prestigeträchtiger Infrastrukturprojekte durch eine staatliche Bank
ist in China gang und gäbe. Diese Strategie wird durch die hohe
Investitionsquote von über 45 Prozent noch untermauert; damit liegt Chinas
Wachstumstrendrate zwischen 6 und 9 Prozent. In Brasilien liegt die
Investitionsquote dagegen nur bei 19 Prozent. Die Regierung will diese Quote in
den kommenden Jahren auf 24 Prozent steigern, um eine potenzielle Wachstumsrate
von 5-6 Prozent zu erreichen. Mit seiner BNDES-Strategie könnte es der Regierung
durchaus gelingen, in den nächsten Jahren seine Wachstumsziele
umzusetzen.
Zwar wird diese Strategie
kurzfristig wohl kaum zu finanziellen Problemen führen, langfristig bestehen
aber sicherlich Risiken. Getrübte Transparenz der brasilianischen Fiskalpolitik,
ineffizientere Kapitalzuweisung, ein sich ausweitendes Leistungsbilanzdefizit
sowie allgemein zunehmende staatliche Eingriffe in der Wirtschaft sind reale
Sorgen, derer sich Investoren bewusst sein sollten." (cl)