26.11.2024, 14:35 Uhr
Die Grossbank UBS will ihr derzeitiges Wertpapier-Joint-Venture in China vollständig übernehmen. Der Prozess, die Beteiligung an «UBS Securities» auf 100 Prozent zu erhöhen, sei im Gange, hiess es auf Anfrage der...
Die deutsche Wirtschaft wächst so stark wie schon lange nicht mehr. Besonders dynamisch verläuft der Aufholprozess bei den Herstellern von Vorleistungsgütern. So haben etwa die Stahlhersteller ihre Produktion im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Ist ein Ende des Aufschwungs abzusehen? Dazu Dr. Harald Preissler, Chefökonom von Bantleon, im Interview.
Dr. Harald Preissler: Die deutschen Aktivitätsdaten haben im April ihren jüngsten Aufwärtstrend eindrucksvoll bestätigt. Dies galt zunächst für die Industrieproduktion, die im März gegenüber Februar um 4,3 % in die Höhe geschossen ist. Eigentlich wäre daraufhin eine Gegenbewegung überfällig gewesen. Stattdessen wurde der Output jedoch im April nochmals um 0,9 % gesteigert. Damit liegt der Ausstoss der Industrie zu Beginn des 2. Quartals bereits 3,7 % über dem Durchschnittsniveau des 1. Quartals. Im Ergebnis rechnen wir im 2. Quartal gegenüber dem 1. Quartal mit einem Zuwachs von knapp 4,5 %. Dies sind gute Nachrichten für das deutsche Bruttoinlandsprodukt, das im laufenden Quartal allein von der Industrie einen Wachstumsimpuls von 1,2 %-Punkten erfahren dürfte.
Welche Branchen sind die Wachstumstreiber?
Die wichtigste Triebkraft ist zurzeit das Baugewerbe, das sich mit mächtigen Schritten im März mit plus 24,4 %, im April immer noch mit plus 2,6 % aus dem Wintertief befreit: Die Bauleistung übertrifft das Durchschnittsniveau vom 1. Vierteljahr um 18,1 %. Aber auch das Ergebnis des verarbeitenden Gewerbes kann sich mit plus 3,1 % im April gegenüber dem Durchschnitt des 1. Quartals sehen lassen. Besonders dynamisch verläuft der Aufholprozess bei den Herstellern von Vorleistungsgütern. So haben etwa die Stahlhersteller ihre Produktion im Vorjahresvergleich mehr als verdoppelt.
Ist ein Ende des Aufschwungs abzusehen?
Vorerst zeichnet sich kein Ende des Höhenflugs ab, die Nachfrage nach deutschen Industriegütern ist nach wie vor robust. Ein klarer Beleg dafür ist die jüngste Auftragsstatistik. Auch hier kam es nach dem starken durch Grossaufträge begünstigten Märzergebnis von plus 5,1 % zu keinem Schwenk in die andere Richtung. Stattdessen legten die Bestellungen im April nochmals um 1 % zu. Die Ordereingänge befinden sich inzwischen 35 % über dem Tiefpunkt vom Februar 2009 und haben damit mehr als zwei Drittel des Lehman-Schocks wettgemacht. Im April gehörten mit Ausnahme der Chemie alle prominenten deutschen Industriezweige wie Maschinenbau, Fahrzeugbau und Metallerzeugung zu den Gewinnern. Weil die Auftragseingänge je nach Branche einen Vorlauf von bis zu drei Monaten gegenüber der Industrieproduktion haben, strahlen die aktuellen Daten bereits bis ins 3. Quartal positiv aus. Die Industrieproduktion dürfte deshalb auch noch am Anfang des 2. Halbjahrs kräftig expandieren.
Und wie sind die Aussichten für das zweite Halbjahr?
Beim weiteren Blick in die Zukunft ist Vorsicht angebracht. So haben nicht nur die weit vorauseilenden Frühindikatoren von Bantleon, sondern mittlerweile auch die ersten offiziellen Konjunkturbarometer nach unten gedreht. Dies gilt unter anderem für die Auftragskomponente des Einkaufsmanagerindex der Industrie. Bislang sieht es jedoch nach einem flachen Abwärtstrend aus, sodass wir zwei Schlussfolgerungen ziehen: Zum einen dürfte der Höhepunkt in der Auftragsdynamik durchschritten sein. Die Monatsveränderungen, deren Wachstumsraten zuletzt auf Jahresbasis über 10 % lagen, werden sich wohl abschwächen. Zum anderen spricht derzeit aber nichts für ein abruptes Ende des Orderbooms. Die Industrie dürfte deshalb auch im 2. Halbjahr 2010 ein Stützpfeiler der deutschen Wirtschaft bleiben und ermöglichen, dass das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes leicht über der Potentialrate von 0,4 % pro Quartal verharrt.
Wie werden sich in diesem Umfeld die Renditen von Anleihen entwickeln?
Deutsche Bundesanleihen befinden sich derzeit in einem extremen Spannungsfeld. So treibt die Flucht vieler Investoren aus den Peripheriestaaten ständig frische Liquidität in deutsche Staatspapiere, was die Kurse auf immer neue historische Höchststände treibt. Die Kehrseite ist, dass die Anleger bei Renditen von 1,50 % für 5-jährige Laufzeiten über so gut wie gar keinen Risikopuffer verfügen: Schon ein moderater mehrtägiger Renditeanstieg macht den Kuponertrag eines ganzen Jahres zunichte. Wir erwarten vor diesem Hintergrund eine volatile Seitwärtsbewegung am EUR-Anleihenmarkt was in letzter Konsequenz bedeutet, dass die Renditen tief bleiben werden. (na)