22.11.2024, 13:09 Uhr
Die Kerninflation in Japan lag im Oktober bei 2,3 Prozent, das ist etwas weniger als noch im September. Aber minimal mehr als erwartet worden war.
Die Bank Pictet vergleicht regelmässig die langfristige Entwicklung von Schweizer Aktien und Obligationen. Der jüngste Report hält fest: 2021 war für Aktien das drittbeste seit der Jahrtausendwende und das neunzehntbeste der letzten 95 Jahre. Demgegenüber war die Obligationenrendite die drittschlechteste seit 1926. Auch langfristig ist die Überlegenheit von Aktien frappant.
Ob 2021 ein Rekord- oder ein Jahr der verpassten Chancen war, muss jede Anlegerinn und jeder Anleger für sich selbst entscheiden. Tatsache ist: Das zurückliegende Jahr war für Aktien und Obligationen, mit gegensätzlichen Vorzeichen, alles andere als Durchschnitt. Nach der mageren Rendite von 3,8% im Pandemiejahr 2020 erholten sich Schweizer Aktien im vergangenen Jahr kräftig und legten um 23,4% zu – die neunzehntbeste Performance seit 1926 (vgl. Grafik 1).
Historisch bemerkenswerter, so der Pictet-Langzeitvergleich, waren die Gesamtrenditen von Schweizer Obligationen 2021 – es waren die drittschlechtesten der letzten 95 Jahre (vgl. Grafik 2). Der Wiederanstieg der globalen Inflation aufgrund von Angebotsengpässen im Sog der Pandemie sorgte für Aufwärtsdruck auf die Zinsen, was Schweizer Obligationen einen Kapitalverlust eintrug. Berücksichtigt man die Inflation, mit 1,5% die höchste seit 2007, fällt die reale Rendite noch schlechter aus.
Interessant ist, dass es trotz der einschneidenden makroökonomischen und geldpolitischen Veränderungen im letzten Vierteljahrhundert (Dotcom-Blase, Finanzkrise, Corona) und kräftigen Marktbewegungen über die lange Sicht gesehen nicht zu einem Regimewechsel bei den Renditen von Schweizer Aktien und Obligationen gekommen ist. Die annualisierte Durchschnittsrendite (geometrisches Mittel) über 95 Jahre – so lange reicht die Zeitreihe von Pictet zurück – beträgt nominal 8,0% für Aktien und 4,1% für Obligationen.
Das ist etwas niedriger als 1998, der ersten Aktualisierung der Studie nach der Erstveröffentlichung langfristiger Renditen im Jahr 1988. Vor einem Vierteljahrhundert war die langfristige Durchschnittsrendite von Aktien 8,6% und von Obligationen 4,6%. Auf realer Basis, also unter Berücksichtigung des Geldwertverfalls, sind die Zahlen dennoch robust.
"Schweizer Aktien verzeichnen auf sehr lange Sicht weiterhin eine annualisierte reale Durchschnittsrendite von 5,9% – nur knapp unter den 6,0% von 1998", stellt Pictet fest. Bei Schweizer Obligationen liegt die annualisierte reale Durchschnittsrendite bei 2,2% verglichen mit 2,1% im Jahr 1998.
Ein Zahlenbeispiel belegt, wie spektakulär ein Aktienportfolio trotz temporärer Rückschläge über die lange Zeit wächst: Hätte jemand Ende 1925 für CHF 1000 den Schweizer Aktienindex gekauft, die Titel behalten und die Dividenden reinvestiert, wären daraus bis heute CHF 1,57 Mio. geworden – brutto. Doch selbst, wenn man Courtagen, Stempelgebühren und Kosten für Portfolioumschichtungen grosszügig rechnet und aufdatiert, wären aus CHF 1000 noch immer CHF 999 925 geworden, also fast eine Million.
"Diese einfache Rechnung zeigt: Geduld bringt Rosen, denn durch den Zinseszinseffekt kann der Zeithorizont eines Anlegers einen enormen Unterschied machen", betont Pictet.
Während Aktien stark schwanken, haben Schweizer Obligationen seit 1926 bei einer Anlagedauer ab fünf Jahren nie Verluste erlitten. Jedoch waren die warendurchschnittlichen jährlichen Gesamtrenditen erheblich geringer – langfristig wie eingangs erwähnt mit 4,1% etwa halb so hoch wie bei Aktien mit 8,0%.
"Deshalb sind Aktien auf lange Sicht weiterhin zu bevorzugen", folgert die Bank, oder anders ausgedrückt: "Ein ausreichend langfristiger Anlagehorizont in Verbindung mit entsprechender Risikobereitschaft rechtfertigt einen hohen Aktienanteil."
Pictet lässt es aber nicht bei der Historie bewenden. Im Kommentar zur langfristigen Aktien- und Obligationenperformance schaut sie auch voraus. Jetzt, da andere Zentralbanken ihre Geldpolitik straffen und damit Aufwärtsdruck auf die Zinsen ausüben, stelle sich die Frage, ob sich die Schweizerische Nationalbank diesem Kurs anschliessen werde.
Die Experten des Genfer Finanzhauses gehen davon aus, dass die Europäische Zentralbank im zweiten Halbjahr 2022 oder Anfang 2023 mit der Erhöhung ihres Einlagensatz beginnen wird. In der Schweiz ist die Inflation kein so grosses Thema ist wie in anderen Ländern und daher der Druck auf die SNB, ihre Geldpolitik zu straffen, geringer. Dennoch werde die SNB ihre mittelfristige Inflationsprognose in den kommenden Quartalen aufgrund der Energiepreise und eines engen Arbeitsmarktes anheben, erwartet Pictet.
Einfluss auf die Inflation hat nicht zuletzt der Franken. Der Währungsverlauf spielt deshalb weiterhin eine wichtige Rolle für das Vorgehen der SNB. Doch je länger die Zinsen im Negativbereich bleiben, desto grösser werden die potenziellen Herausforderungen für die Finanzstabilität, warnt die grösste Privatbank der Schweiz. Negative Leitzinsen verschärften die Ungleichgewichte am Immobilienmarkt und erhöhten so auch die Anfälligkeit des Bankensystems und der Gesamtwirtschaft. "Wir glauben, dass die SNB dem Beispiel der EZB folgen und die Zinssätze anheben wird – vielleicht im zeitlichen Abstand von einem Quartal, um das Zinsdifferenzpolster wiederherzustellen", meint Pictet.
Was sagen die Bank generell zur Anlagepolitik zu sagen? "Unsere langjährige Erfahrung in der Betreuung von Privatanlegern und Family Offices zeigt, dass die grösste Gefahr für Anleger darin besteht, das (vermeintliche) Portfoliorisiko drastisch zu reduzieren, weil die kurzfristige Entwicklung der Kapitalmärkte nicht ihrer Risikotoleranz entspricht, und sie dann den anschliessenden Marktaufschwung verpassen." Bestes Beispiel hierfür sei die Corona-Pandemie: Wer seine Aktien im März 2020 verkauft hätte, hätte die spektakuläre Erholung danach verpasst.
Die Strategen des Instituts wiederholen ihren Ratschlag der letzten Jahre: Anleger sollten viel Zeit und Überlegung in die Definition einer langfristigen, robusten und tragfähigen Anlagestrategie und deren Umsetzung stecken. Nur allzu oft werde diese extrem wichtige Fragestellung anderen vermeintlich wichtigeren Fragen (Kosten der Vermögensverwaltung, Kosten der Beratung, Kosten der Analyse) untergeordnet.
Was Pictet empfiehlt, ist nicht neu, wird sich aber in der Zukunft so gut bewähren wie es in der Vergangenheit der Fall war: "Aktien sind nach wie vor zu bevorzugen, und angesichts der Schwierigkeit, den Markt zu timen, geht nichts über einen langfristigen Anlagehorizont."