"America first" nun auch bei Corona

Das Universitätsspital Zürich hat vorsorglich die Parkplätze des geschlossenen Zürcher Zoos bis Ende Mai für ihre Mitarbeitenden reserviert (Bild ras).
Das Universitätsspital Zürich hat vorsorglich die Parkplätze des geschlossenen Zürcher Zoos bis Ende Mai für ihre Mitarbeitenden reserviert (Bild ras).

"America first", der optimistische Wahlspruch von Donald Trump, hat eine dramatische Wendung erhalten: Die USA nimmt nun bezüglich Corona-Pandemie eine globale Spitzenposition ein. Die stotternde Wirtschaftslokomotive USA dürfte auch den Rest der Welt belasten.

27.03.2020, 12:26 Uhr

Redaktion: ras

Der Ausbruch der Coronaepidemie in China hätte uns allen eine Warnung sein sollen. Leider wurde sie von vielen Regierungen verkannt. Nicht einmal der massive Ausbruch in Italien wurde vielerorts ernst genug genommen. Die Folgen der Ignoranz vieler Regierungen bekommen wir jetzt zu spüren: Die Schweiz weist im Verhältnis zur Bevölkerung eine der höchsten Infektionsraten der Welt auf. Italien ist mit gut 80'000 Infizierten mit dem bisherigen Landesrekordhalter China gleichgezogen. Europa insgesamt beklagt jetzt weit über 250'000 Infizierte. Tendenz steigend.

Von den meisten Regierungen verkannt

Verkannt wurde Corona auch von den USA. Trumps vollmundige Gleichstellung des neuen Virus mit einer gewöhnlichen Grippe erwiesen sich nicht nur als dämlich, sondern auch als höchst gefährlich. Die Epidemie greift nun umso rasanter um sich. Trumps Wahlspruch "America first" erfährt nun eine dramatische Wendung: Die USA haben bezüglich Infizierten China und Italien überholt und nehmen in der Länderstatistik die Spitzenposition ein. Es ist zu befürchten, dass Amerika als Region in wenigen Tagen oder Wochen sogar Europa überholt. Das dürfte das Gesundheitssystem der USA überfordern und weitere Panikwellen in Gesellschaft, Wirtschaft und Finanzmärkten auslösen.

"Investoren sollten jetzt darüber nachdenken, wie sich das Wirtschafts- und Marktverhalten verändern könnte, wenn wir das Schlimmste der Krise hinter uns gelassen haben", rät Robert Sharps, Head of Investments bei T. Rowe Price. "Wir werden zu einer gewissen Normalität zurückkehren, aber die Dinge werden nicht genau gleich sein. Die Pandemie wird sich zum Beispiel sicherlich auf die US-Wahlen auswirken. Bestimmte Unternehmen und Branchen werden sich grundlegend verändern," gibt er zu bedenken. Angst sei kein guter Ratgeber für langfristig handelnde Investoren. Herausfordernde Märkte seien nichts Neues und würden auch diesmal wieder überwunden.

Warten auf Impfstoffe

Leider dürften wir noch einige Zeit mit Herausforderungen konfrontiert sein. So ist es fraglich, ob das gigantische Kredit- und Liquditätsprogramm der US-Notenbank genügt, um zur Stabilität zurückzufinden, meint Invesco-Chefökonom John Greenwood. Nach seiner Ansicht gibt es wenig Hoffnung auf eine Erholung, solange das Virus nicht besiegt oder seine Ausbreitung zumindest weitgehend eingedämmt ist. "Wenn das der Fall ist, ist auch eine kräftige Erholung denkbar – sofern die staatlichen Behörden in der Zwischenzeit richtig agieren», meint Greenwood.

Ähnlich sieht es das Research von Amundi. Grossbritannien und die USA befänden sich ebenso wie viele EU-Länder weiter in der Phase einer beschleunigten Virusausbreitung, einige Schwellenländer noch in einem frühen Stadium. "Falls der Lockdown funktioniert, erwarten wir eine weitere Beschleunigung und schliesslich den Höhepunkt im April", hofft das Asset Management-Haus. Kurzfristig können wir aber laut Amundi nur auf eine vorübergehende Erleichterung hoffen, nicht jedoch eine vollständige und stabile Erholung der Märkte. Dies geschehe erst, wenn ein Impfstoff verfügbar sei.

Die Zahl der täglich erfassten Coronainfizierungen hat bereits 60
Die Zahl der täglich erfassten Coronainfizierungen hat bereits 60'000 erreicht. Total sind 537'000 Personen infisziert, 123'000 geheilt und 24'000 verstorben (Quelle: John Hopkins University).
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