11.10.2024, 09:36 Uhr
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Wer den täglichen Marktlärm negiert und den grossen Linien folgt, macht nichts falsch. Geld anlegen heisst langfristig denken, investieren und nicht spekulieren. Das ist schwierig genug, gerade jetzt, wo Politik und Wirtschaft vor grossen Herausforderungen stehen. Pictet Wealth Management listet als Leitplanken zehn Thesen für die nächsten zehn Jahre auf.
Ein Trend werde die anderen in der kommenden Dekade überschatten, meint das Wealth Management der Genfer Privatbank: "Die Rückkehr des starken Staates". Er werde die strategische Asset-Allokation bestimmen. Die Autoren der jährlichen Langfriststudie "Horizon" von Pictet, Christophe Donay, Leiter Asset Allocation und Macro Research, erklären dazu: "Die Pandemie hat die Regierungen gezwungen, einzugreifen und die wirtschaftlichen und sozialen Freiheiten im Interesse der öffentlichen Gesundheit einzuschränken. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie weiterhin intervenieren werden, ist einer der wichtigsten Faktoren, die wir in den langfristigen Prognosen des diesjährigen Horizon berücksichtigen."
Folgende zehn Trends und Themen werden der Bank zufolge die Investitionslandschaft prägen:
– Die Rückkehr des "Big Government" wird die langfristigen Renditen belasten. Die wirtschaftlichen Umwälzungen der letzten vier Jahrzehnte haben eine Reihe negativer externer Effekte hervorgebracht, die entweder durch positive Marktanreize oder durch staatliche Eingriffe bewältigt werden können, wobei die USA für Ersteres, China für Letzteres und Europa für die Mitte stehen.
– Die grosse Divergenz, das Missverhältnis zwischen Schulden und Wirtschaftswachstum, ist eine Quelle finanzieller Instabilität. Immer mehr Schulden werden verwendet, um immer weniger reales Wachstum zu erzeugen. Daher ist die Tragfähigkeit der Schulden ein zentrales Thema für langfristige Ergebnisse.
– Die derzeitige Innovationswelle reift heran, was sich auf die Renditen auswirkt. Die technologische Revolution hat das Reifestadium erreicht, und eine neue Innovationswelle könnte noch ein paar Jahre auf sich warten lassen. Die Outperformance des Nasdaq gegenüber dem S&P 500 wird in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich zum Stillstand kommen. Wir erwarten, dass die Tech-Aktien im Nasdaq 100 eine reale Rendite von 4,9% erzielen werden.
– Nach vier Jahrzehnten stetig sinkender Inflation ist unser zentrales Szenario der Übergang zu einem Regime höherer Inflation in den meisten Ländern. Hinter der plötzlichen Preisbeschleunigung, die Mitte 2020 aufgrund vorübergehender Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage einsetzte, verbirgt sich eine tiefere strukturelle Dynamik. Dies macht eine Änderung des Inflationsregimes in den nächsten zehn Jahren durchaus möglich, wobei für die USA eine jährliche Inflation von 3% erwartet wird.
– Sowohl der Klimawandel als auch die Inflation sollten das reale Wirtschaftswachstum unterstützen. Die zur Bewältigung des Klimawandels erforderlichen Investitionen dürften das langfristige Wachstum ankurbeln. Die Lohnerhöhungen, die notwendig sind, um das Risiko zunehmender sozialer und politischer Instabilität unter Kontrolle zu bringen, werden eine wichtige Rolle spielen, um die steigenden Lebenshaltungskosten zu bewältigen und das Wachstum zu erhalten. Daher erwarten wir trotz der Rückkehr einer höheren Inflation weiterhin ein reales Wirtschaftswachstum im nächsten Jahrzehnt.
– Reale versus nominale Renditen: eine notwendige Neuentscheidung. Nach Jahren mit sehr niedriger Inflation ist die Unterscheidung zwischen realen und nominalen Renditen praktisch verschwunden. Der Übergang zu einer höheren strukturellen Inflation dürfte zu einem stärkeren Kontrast zwischen den Erwartungen für reale und nominale Renditen führen.
– Wir erwarten stark negative reale Renditen für Bargeld und Staatsanleihen. Die Rückkehr der Inflation stärkt unser langjähriges Argument, dass Bargeld eine Kapitalerosionsmaschine ist. Die gleiche Aussage gilt für Staatsanleihen.
– Höhere Inflation dürfte die Attraktivität der kapitalgedeckten Vermögensallokation erhöhen. Der Schwerpunkt wird zunehmend auf Vermögensallokationen liegen, die sich auf Anlageklassen stützen, die das Kapital in realen Werten schützen. Realwerte erfüllen diese Voraussetzungen.
– Private Debt und inflation-linked Bonds können die Diversifizierung optimieren: Private Schuldverschreibungen und inflationsgebundene Anleihen werden ein integraler Bestandteil eines jeden Stiftungsansatzes (Endowment Style) sein, da sie die realen Erträge einer strategischen Vermögensallokation verbessern sollten.
– Die Gestaltung einer angemessenen strategischen Vermögensallokation hängt von der richtigen Definition der Ziele der Anleger ab. Wir sind weiterhin der Ansicht, dass ein stiftungsähnlicher Ansatz dem wirtschaftlichen und finanziellen Umfeld angemessen ist. Die zunehmende finanzielle Instabilität, die sich verändernde Inflation und die Notwendigkeit, die Allokation in reale Vermögenswerte zu erhöhen, erfordern eine sehr genaue Definition der Anlegerziele. Unter den verschiedenen Parametern, die zur Definition des Anlegerprofils herangezogen werden, bleibt das Ziel der realen Rentabilität neben dem Anlagehorizont und der Risikobereitschaft von zentraler Bedeutung.
Auf Basis dieser Themen schält Pictet Wealth Management für 53 Anlageklassen die zu erwartende Nettorendite heraus. Höchste Renditen versprechen demnach die Privatmärkten (Private Equity und Wagniskapital) mit durchschnittlich 9,2% jährlich sowie Aktien China (+7,5%) wie Asien generell. Für US-Aktien werden 6% prognostiziert, Aktien Europa und Aktien Schweiz dürften eine leicht niedrigere Nettorendite von bei 5,6% resp. 5,2% abwerfen.
Auf der Anleiheseite lassen zehnjährige US-Treasuries eine Nettorendite von jährlich 1,7% erwarten, Investment-Grade USA und -Europa von 3,5% bzw. 1,8%. Bei Schweizer zehnjährigen Staatsanleihen bewegt sich die prognostizierte Nettorendite um den Nullpunkt. Hochzinsanleihen aus Asien stehen in der Prognoseliste bei 6,8%.
Unter den Sachwerten belegt "Value-Add"-Immobilien Europa mit 6,3% die Spitze. Für Gold erwartet Pictet Wealth Management immerhin eine Nettorendite von 2,2% p.a. über die nächsten zehn Jahre.