02.12.2024, 10:49 Uhr
«Europa steht wirtschaftlich unter Druck und muss seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen globalen Wirtschaftsmächten – insbesondere den USA – verbessern», heisst es im neuesten Marktausblick des...
Lediglich 14% der globalen Aktienfonds sind Value-orientiert, was auf den ersten Blick gegen Value-Titel spricht. Sollte jedoch eine Trendwende einsetzen, werden Value-Investoren reich belohnt, meint Richard Halle von M&G.
"Seit geraumer Zeit sehen wir eine grosse Bewertungslücke zwischen dem Value- und dem Growth/Quality-Aktientitel. Bereits anfangs 2020 deuteten wir deshalb an, dass die Triebkräfte dieser Entwicklung zu einem Ende kommen und die 2020er-Jahre das Jahrzehnt der 'billigen Anlagen' werden könnten. Wir sind dabei davon ausgegangen, dass eine Stilrotation, wenn sie denn eintritt, wahrscheinlich extrem plötzlich und heftig ausfallen dürfte", sagt Richard Halle, Fondsmanager des M&G (Lux) European Strategic Value Fund.
Der Optimismus, der mit den guten Nachrichten aufgrund der verfügbaren Covid-Impfstoffe im November einsetzte, habe viele Beobachter zu der Frage veranlasst, ob diese Entwicklung der lang erwartete Auslöser für eine Stilrotation – weg von Growth- und hin zu Value-Titeln – sein könnte. Nach Halles Meinung ist mit wirksamen Impfstoffen das Risiko lang anhaltender Lockdowns so gut wie beseitigt, und das Ende der Pandemie scheint in Sicht. Die Aussicht auf eine Rückkehr zur Normalität bedeute, dass der Markt wieder nach vorne blicken könne. Damit könnte auch die Wirtschaftstätigkeit einen enormen Schub erfahren, was letztlich dem Beginn eines neuen Konjunkturzyklus gleichkommen würde. Dies wiederum würde sich positiv auf Value-Aktien auswirken, da viele günstigste Aktientitel im Markt derzeit unter den zyklischen Sektoren zu finden sind. "Sollten sich 2021 eine wirtschaftliche Erholung, ein inflationäres Umfeld und steigende Anleiherenditen bestätigen, könnte die Marktrotation sogar extrem stark ausfallen", ist Halle überzeugt. Das habe sich bereits im November 2020 gezeigt, als im Nachgang an die ermutigenden Nachrichten über Covid-Impfstoffe eine von zyklischen Aktien getriebene Rallye einsetzte.
"Wir sind der Meinung, dass die Bewertungen beliebter Wachstums-Titel extrem überzogen sind und sich von der zugrundeliegenden Unternehmensperformance, den sogenannten Fundamentaldaten, abgekoppelt haben", sagt der Fondsmanager. Die jüngste, von Impfstoffen getriebene Sektor-Rotation dürfte aber nicht der einzige Grund für eine Erholung des Value-Sektors sein. Die Bewertungslücke zwischen Value- und Growth-Aktien hat sich bereits seit einiger Zeit vergrössert. So sei in den letzten zwei Jahren eine zunehmende Divergenz zwischen den beiden Stilen zu beobachten – selbst auf Sektor-neutraler Basis.
Dennoch geht Halle nicht davon aus, dass es sich hierbei um einen strukturellen Wandel handelt. "Selbst wenn sich unsere Bedenken hinsichtlich der extremen Bewertungsstreuung am Markt als zu vorsichtig erweisen und Wachstumswerte weiterhin dominieren, glauben wir, dass Anleger die potenziellen Risiken, denen einige dieser Wachstums-Titel ausgesetzt sind, unterschätzen", gibt er zu bedenken. Vor dem Hintergrund der teilweise sehr hohen Bewertungen, die zu beobachten seien, bestehe nämlich die Gefahr einer Wiederholung einer Korrektur, wie wir sie beispielsweise in den 70er Jahren mit den sehr beliebten Nifty-Fifty-Aktien oder dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 erlebt haben. Wachstumstitel dominierten bereits länger den Markt und die Schere zwischen günstigen und teuren Aktien habe sich inzwischen so weit geöffnet, dass unter Risiko-/Ertragsgesichtspunkten eine Trendwende in Richtung Value wahrscheinlich sei.
Die nachstehende Grafik von Morgan Stanley zeigt, wie verschiedene prozyklische Anlagestile bei Marktrotationen in den letzten 35 Jahren eine Outperformance erzielt haben. Man sieht, dass einige Faktoren bereits Renditen generiert haben, die der durchschnittlichen relativen Performance in früheren Stilrotationen entsprechen oder sogar darüber liegen. Die jüngste Outperformance des Value- gegenüber dem Growth-Faktor ist jedoch geringer als im historischen Durchschnitt und liegt auch weit unter dem, was der Value-Faktor typischerweise in einem Rezessions-/Erholungs-Szenario verspricht.
"Wir glauben, dass dies die potenziellen Renditen im Falle eines Stilwechsels aufzeigt und sehen uns bestärkt in unserer Einschätzung, dass sich im Value-Bereich spannende Opportunitäten eröffnen", sagt Halle. Zwar geht er davon aus, dass die Umstellung auf Value-Titel wahrscheinlich mit einigen Hindernissen verbunden ist, glaubt aber, dass sich längerfristig zahlreiche, attraktive Chancen unter den günstigen, unbeliebten Aktien – dabei finden sich insbesondere Unternehmen mit starken Bilanzen – in verschiedenen Sektoren anbieten, was massgeblich zur Diversifizierung beiträgt. Nach mehr als einem Jahrzehnt mit Gegenwind hätten viele Value-Unternehmen die Hoffnung aufgegeben, zumal sich sich der Fokus auf Wachstumstitel durch den wachsenden Einfluss passiver Investments zusätzlich akzentuiert habe. So sind laut Morningstar lediglich 14% der globalen Aktienfonds Value-orientiert. "Das mag auf den ersten Blick gegen Value-Titel sprechen, sollte jedoch, wie wir erwarten, eine Trendwende einsetzen, werden Value-Investoren reich belohnt", betont Halle.