23.12.2024, 08:37 Uhr
Der Spezialkunststoff-Hersteller Gurit will sich künftig ganz auf profitablere Regionen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Im Zuge der angekündigten Restrukturierung sollen Werke in Dänemark, Indien und der...
Das WEF in Davos bietet die Gelegenheit, grundsätzliche Wirtschaftsprobleme zu adressieren und Lösungen zu finden. Keith Skeoch von Standard Life Aberdeen sieht grossen Handlungsbedarf bei der Rückgewinnung des Vertrauens in die Vermögensverwaltung. Der Vermögensverwalter der Zukunft müsse ein gutes Gespür für seine Stellung in der Gesellschaft haben.
"Wir sollten die Gelegenheit nicht verpassen uns vor Augen zu führen, wie Unternehmen, Regierungen und Menschen allgemein voneinander profitieren, denn dieses Miteinander ist von entscheidender Bedeutung für eine funktionierende kapitalistische Wirtschaft", kommentiert Keith Skeoch, CEO von Standard Life Aberdeen den Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos. Laut Skeoch hat die Finanzwelt die Chance, das Vertrauen in den Kapitalismus wiederherzustellen – den wirtschaftlichen Mechanismus, der über weite Strecken der vergangenen 400 Jahre für zunehmenden Wohlstand gesorgt hat.
Allerdings werde der Begriff "Rendite" zunehmend in Frage gestellt, ebenso wie der Glaube an den "Trickle-Down"-Effekt von Steuersenkungen. "Deshalb müssen wir den Übergang zu einem verantwortungsvolleren und integrativeren Kapitalismus beschleunigen, in dem die Vorteile für alle – und nicht nur für einige wenige – klar sind", so Skeoch. Dies umfasse zweifelsohne Ausgaben für die Infrastruktur, doch ebenso wichtig seien Investitionen in die sogenannte "menschliche" Infrastruktur, denn Bildung und Wohlbefinden seien genauso entscheidend für die Produktivität und die langfristige nachhaltige Verfassung der Wirtschaft wie ein funktionierendes Versorgungsnetz.
Vermögensverwalter spielen nach Meinung von Skeoch eine wesentliche Rolle, wenn es darum geht, die Ersparnisse und Renten der breiten Öffentlichkeit in Investitionen umzuwandeln und das Kapital über alle Wirtschaftsbereiche zu verteilen. Historisch betrachtet, seien sie allerdings in einer Branche tätig, die stark produktorientiert ist. Obwohl die Arbeit gut gemacht werde – denn dadurch werden die Investitionen und Gewinne der Kunden beflügelt –, trage dies nur wenig zur Stärkung des bislang geringen Vertrauens in die Branche bei. Skeoch ist der Meinung, dass der Vermögensverwalter der Zukunft ein gutes Gespür für seine Stellung in der Gesellschaft haben muss.
Es gebe also einiges zu ändern. Zum einen müsse die finanzielle Ungleichheit angegangen werden. Dabei müssten Vermögensverwalter Wege finden, allen Anlegern Zugang zu jenen Renditen zu verschaffen, die in der Vergangenheit vermögenden Personen vorbehalten waren, beispielsweise zu den privaten Märkten. Um die hierfür erforderlichen Anlageinstrumente zum richtigen Preis zu schaffen, brauche es Grösse und Einfallsreichtum. Zudem müsse offen darüber gesprochen werden, wie Anlagen verwaltet werden und welche Zeiträume erforderlich sind, um die gewünschten Erträge zu erzielen. Das sei alles andere als einfach in einer Branche, die sich stets an den nächsten Quartalszahlen der Unternehmen orientiert. Dennoch ist laut Skeoch dieser Punkt von zentraler Bedeutung.
Bei den Themen Stewardship und ESG (Umwelt, Soziales und Governance) sieht der CEO ebenfalls Handlungsbedarf. Man könne wohl zu Recht behaupten, dass 2019 ein ESG-Jahr war. Allenthalben bewarben die Investmentunternehmen ihre ESG-Kompetenzen oder die Konsequenz, mit der sie ESG-Erwägungen in ihren Anlageprozess integriert haben. Und dies sei auch völlig verständlich. Schon in den vergangenen 25 Jahren war Skeoch der Ansicht, dass ESG-Faktoren einen wesentlichen Treiber langfristiger Anlageerträge darstellen. Bei ESG gehe es aber auch in erster Linie darum, das Richtige für die nächste Generation zu tun.
"Meiner Meinung nach müssen wir alle verantwortungsbewusste Investoren sein, d.h. wir müssen gut mit dem Kapital umgehen, das uns anvertraut wurde. Nehmen wir beispielsweise den Klimawandel: Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die physischen Schäden auch mit finanziellen Risiken für zahlreiche Unternehmen und Branchen einhergehen, so z.B. Rückversicherungen, Immobilien, Forstwirtschaft und Energie", betont Skeoch. In den meisten Fällen bleibe die Reaktion der Weltgemeinschaft jedoch hinter dem zurück, was nötig wäre. Viele Marktbeobachter befürchten, dass selbst die im Rahmen des Pariser Klimaabkommens gesteckten moderaten Ziele nicht erreicht werden. Die jüngste UN-Klimakonferenz («Conference of Parties 25») in Madrid war eine herbe Enttäuschung und offenbarte tiefe Kluften zwischen den Nationen.
Das soll nicht bedeuten, das Handtuch zu werfen. Wenn diese Verpflichtungen ernsthaft verfolgt werden, dann lassen sich gemäss Skeoch Menschen hinter einem gemeinsamen Ziel vereinen, einschliesslich der entfremdeten jüngeren Generationen.
"Was bedeutet das alles für uns? Wir müssen ein nachhaltiges Wachstum anstreben, das dem grösstmöglichen Teil der Gesellschaft zugutekommt. Während wir uns also mit den jüngsten Wendungen im Handelsstreit oder einer möglichen Marktkorrektur auseinandersetzen, müssen wir den Fokus weiterhin darauflegen, das Richtige zu tun – für unsere Kunden, unsere Mitarbeitenden, unsere Aktionäre und die Gesellschaft, in der wir tätig sind. Das Fundament für entsprechende Massnahmen ist gelegt, nun ist es an uns, darauf aufzubauen", schlussfolgert Aberdeens CEO.