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Werden die Notenbanken die gute Stimmung an den Märkten verderben?

Kommer van Trigt, Portfoliomanager bei Robeco.
Kommer van Trigt, Portfoliomanager bei Robeco.

Wegen des geringen Inflationsdrucks ist es nicht wahrscheinlich, dass die Notenbanken aggressive Massnahmen ergreifen und damit die Finanzmärkte beunruhigen werden. Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern erscheinen attraktiv, da die Inflation in den meisten Schwellenländern zurückgeht. Dies sollte zu niedrigeren Anleiherenditen führen, meint Kommer van Trigt, Portfoliomanager bei Robeco.

25.07.2017, 13:00 Uhr

Redaktion: jog

In den letzten Wochen haben gleichzeitige Äusserungen bedeutender Notenbanken in Richtung einer Verschärfung der Geldpolitik die Anleiherenditen steigen lassen. Wichtige Kommentare von EZB-Präsident Draghi und dem britischen Notenbankgouverneur Carney haben Spekulationen ausgelöst, dass die durch extrem niedrige und teilweise sogar negative Zinssätze sowie Quantitative Easing geprägte Phase allmählich zu Ende gehen könnte. Bei der US-Notenbank Fed gibt es Überlegungen, wann sie mit der Verkürzung ihrer Bilanz beginnen soll, und sie hat ihre Leitzinsen im Juni zum vierten Mal im laufenden Zinserhöhungszyklus angehoben. Chinas Notenbank sucht unterdessen nach dem richtigen Gleichgewicht und verschärft ihre Geldpolitik, um gegen die übermässige Verschuldung im Finanzsystem vorzugehen, ohne dadurch eine Kreditklemme auszulösen.

Bei Robeco hält man es für sinnvoll, dass die Notenbanken anfangen, ihre Geldpolitik zu normalisieren; denn an den Finanzmärkten steigen die Kurse, und das Weltwirtschaftswachstum dürfte in den nächsten Jahren anziehen. Allerdings weisen ein schwacher Preisauftrieb und strukturelle Probleme wie ein geringer Produktivitätsfortschritt und grosse Einkommensunterschiede darauf hin, dass diese Normalisierung sehr langsam vonstattengehen wird. Es ist deshalb nicht anzunehmen, dass die Notenbanken abrupt auf die Bremse treten und so Turbulenzen an den Finanzmärkten auslösen werden. Andere Risiken wie die in alarmierendem Masse steigende Verschuldung in China könnten eher für eine deutliche Volatilitätszunahme an den Finanzmärkten sorgen.

Die niedrigen Renditen an den Anleihenmärkten der EU-Kernländer erscheinen unter Risiko- und Ertragsgesichtspunkten im Vergleich zu US-Anleihen unattraktiv. Robeco rechnet mit einem Abbau des Renditeabstands zwischen US-amerikanischen und deutschen Anleihen. Denn während der Konjunkturaufschwung in der Eurozone Fahrt aufnimmt, scheinen in den USA Wachstumsimpulse durch Steuersenkungen in weiter Ferne zu liegen. Zudem wird der prognostizierte Zinserhöhungspfad der Fed durch die niedrige Inflation in Frage gestellt. Da der Renditeabstand zwischen zehnjährigen Bundesanleihen und US-Staatsanleihen immer noch nahe historischen Höchstständen liegt, bevorzugen die Robeco-Experten Letztere gegenüber Ersteren.

Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern besitzen weiteres Potenzial
Portfoliomanager Kommer van Trigt bleibt bei seiner positiven Haltung zu (Lokalwährungs-)Anleihen aus Schwellenländern, auch wenn erhebliche Renditeunterschiede zwischen einzelnen Schwellenländern ein Merkmal dieser Anlageklasse bleiben werden. In mehreren dieser Länder besteht angesichts rückläufiger Inflationsraten Spielraum für eine (weitere) Stimulierung durch die Geldpolitik. Dies sollte sich auf deren Staatsanleihen unterstützend auswirken. Angesichts fallender Inflationsraten erscheinen die realen Renditen im Vergleich zu anderen Anleihenmärkten – vor allem der Industrieländer – attraktiv. Die Mittelzuflüsse in diese Anlageklasse können sich fortsetzen, da die Positionierung globaler Anleihenanleger in diesem Segment bisher nicht extrem aussieht.

Robecos Favorit ist nach wie vor der mexikanische Markt für auf Peso lautende Staatsanleihen. Kommer van Trigt ist zuversichtlich, dass es der Regierung und Notenbank in naher Zukunft gelingen wird, die Inflation zu senken – so wie Mexikos Nachbarländer dies in letzter Zeit geschafft haben. Zwei länderspezifische Faktoren sorgen in Mexiko für Preisauftrieb, nämlich die Schwäche des Pesos vor und nach Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten und die endgültige Freigabe der Öl- und Gaspreise im Inland Anfang 2017. Mittlerweile liegen nicht nur die schlimmsten, durch diese Faktoren verursachten Kalendereffekte hinter uns, sondern Mexikos Notenbank hat auch die Zinssätze kräftig angehoben, um dem Risiko zusätzlichen Inflationsdrucks oder höherer Inflationserwartungen entgegenzuwirken. Im Vorgriff auf den Erfolg der Notenbank bei der Inflationsbekämpfung hat sich Robeco im mittleren Teil der mexikanischen Swap-Kurve positioniert.

Vor kurzem hat man ferner eine Position im Rubel neu aufgebaut, nachdem die russische Währung durch die Verlängerung der von der EU und den USA verhängten Sanktionen und den Ölpreisrückgang unter Druck geraten war.

Spreads auf Anleihen aus EU-Peripherieländern könnten grösser werden
Robeco hat erneut Short-Positionen am italienischen und spanischen Anleihenmarkt aufgebaut. Infolge der Wahlen in Frankreich sind die Spreads auf Anleihen aus den EU-Peripherieländern geschrumpft. So hat man die Positionierung hauptsächlich deshalb verändert, weil die derzeitigen Spreads keinen Ausgleich für die allmähliche Normalisierung der Geldpolitik (also die schrittweise Drosselung der Anleihekäufe der EZB) bieten.

Die bevorzugte Kategorie von Unternehmensanleihen sind nachrangige Titel aus dem Finanzsektor. Diese sind gegenüber anderen Kategorien von Unternehmensanleihen attraktiv bewertet. Ausserdem ist ein Umfeld mit steigenden Renditen und steiler werdenden Zinsstrukturkurven günstig für den Finanzsektor. Asiatische und High-Yield-Unternehmensanleihen erscheinen angesichts ihres derzeitigen Bewertungsniveaus weniger attraktiv.

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