Wenig Spielraum für Zentralbanken

Luke Hickmore, Senior Investment Manager bei Aberdeen Asset Management
Luke Hickmore, Senior Investment Manager bei Aberdeen Asset Management

Luke Hickmore von Aberdeen Asset Management sieht in den kommenden zwei Wochen politische Ereignisse anstehen, welche die Märkte bewegen werden.

07.06.2017, 10:34 Uhr

Redaktion: jho

In den kommenden beiden Wochen stehen gleich mehrere Ereignisse an, welche die Märkte bewegen dürften. Diese Woche tagt die EZB, die Bevölkerung Grossbritanniens begibt sich an die Wahlurnen und Frankreich wählt seine Nationalversammlung – die Fed und die Bank of England tagen in der Woche darauf. Viel deutet darauf hin, dass ein neues Kapitel im schleppenden Übergang von der Geld- zur Fiskalpolitik aufgeschlagen werden könnte.

Es ist alles andere als sicher, dass die Fed den Zinssatz in diesem Monat anheben wird. Aber sie habe einen deutlichen Versuch unternommen, die Markterwartungen an die Entscheidungen im nächsten Jahr zu dämpfen, meint Luke Hickmore von Aberdeen AM. Die Fed erwartet in der zweiten Jahreshälfte ein geringeres Wachstum in den USA. Als Reaktion darauf schlägt sie weniger Zinssteigerungen vor, als ursprünglich erwartet. Damit liege es wieder bei der US-Regierung, insbesondere an Präsident Trumps fiskalpolitischer Agenda, das Wachstum anzutreiben. Wann die Agenda vorliegt, war bisher schwer vorherzusagen – noch hat man nichts davon gesehen. Gerät die Steuerreform ins Wanken, könnten Investoren mit Besorgnis reagieren. Die Fed wird hoffen, dass sich an der fiskalpolitischen Front etwas tut, um den Druck von sich zu nehmen.

Gleichzeitig scheint die EZB am Donnerstag an ihrem Anleihekaufprogramm festzuhalten. Die Wirtschaftsdaten aus dem Euroraum seien ziemlich gut, meint Hickmore, aber Mario Draghi konnte bislang noch keinen Sieg über die Bundesbank davontragen. Diese agiere mit ihrer natürlichen Mässigung. Die EZB kann die positiven Kennzahlen in diesem Monat noch einmal ignorieren, aber nicht mehr wesentlich länger. Kurz nach dieser Sitzung wird die EZB das gefürchtete Wort des „Tapering“ ernst nehmen und den Kennzahlen Folge leisten müssen, indem sie mutigere Entscheidungen trifft. Dies wird einen ersten, äussert zögerlichen Schritt in eine Zukunft markieren, in der die Fiskalpolitik eine wichtigere Rolle bei der Förderung des Wachstums spielt, als die Geldpolitik.

Entscheidend dabei ist, dass der Weg, der vor Fed und EZB liegt, weg von der Geldpolitik führt. Dieses Glück wird der Bank of England nicht zuteil. Die Konservativen sind immer noch die Partei mit den besten Gewinnaussichten für die Unterhauswahlen in Grossbritannien diese Woche. Allerdings stehe nun das Ausmass ihres Wahlvorsprungs und ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Die Bank of England wird bei ihrem Treffen am 15. Juni in eine Sackgasse geraten, unabhängig vom Wahlergebnis. Die meisten Anleger spürten, dass die Zentralbank gerne die Zinsen anheben würde. Aber es gibt so wenige Informationen darüber, was der Brexit bedeutet, dass die Bank of England nicht mehr als andere darüber weiss, was die nächsten beiden Jahre (oder mehr) für die Wirtschaft bedeuten. Deshalb sind ihr die Hände gebunden und sie habe wenig Spielraum, die Zinsen zu senken, wenn die sagenumwobene durch den Brexit verursachte Konjunkturabschwächung in den kommenden Monaten auftritt.

Die Parlamentswahl in Frankreich am kommenden Wochenende gibt Anlegern einen Eindruck, ob Präsident Macrons Reformagenda die nötige Wählerunterstützung erhält. Zum aktuellen Zeitpunkt sieht es gut aus für den Präsidenten. Ermüdete Zentralbanker, die auf Hinweise warten, dass Politiker das Zepter für den Erlass einer Fiskalreform in die Hand nehmen, dürften über Macrons Aussichten sehr erfreut sein.

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